Der individuelle Internethandel mit Lebensmitteln boomt in Tschechien

Immer mehr Tschechen stellen eigene Lebensmittel her und verkaufen diese im Internet. Mittlerweile ist sogar ein Boom entstanden.

Illustrationsfoto: Alexander Stein,  Pixabay,  Pixabay License

Sie rösten selbst Kaffee, machen Schokolade oder haben Rebstöcke und keltern eigenen Wein. Gerade solche Händler werden immer mehr in Tschechien – und sie haben ihren Weg ins Internet gefunden. Laut den Daten von Upgates, einem Anbieter von E-Shop-Systemen, stieg allein im Januar die Zahl solcher Internet-Läden um 20 Prozent an.

Der Trend hat hierzulande aber schon früher eingesetzt. In den vergangenen drei Jahren haben sich die Erlöse der Online-Händler mit Lebensmitteln in Tschechien mehr als verdoppelt. Dies geht aus den Daten des Investmentfonds eRocket hervor. Der Schub geht besonders auf die Corona-Zeit zurück, als viele Menschen lieber im Internet bestellten, als in die Läden zu gehen. Ondřej Kolega ist Chef von eRocket:

„Mittlerweile sind im tschechischen Internet mehr als 5000 Lebensmittelhändler tätig, und ihre Zahl wächst ständig weiter. Aktuell beträgt der Anteil des Online-Handels am tschechischen Lebensmittelmarkt rund fünf Prozent. Das entspricht in etwa dem EU-Durchschnitt.“

Online gehen vor allem jene Anbieter von Lebensmitteln, die kaum Chancen sehen, ihre Produkte an den stationären Handel zu liefern – weil dies einfach zu teuer ist. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht auch dies gibt. Denn die Kombination von Online-Welt und Verkauf an einem festen Platz klappe eigentlich relativ gut, sagt Martin Pech, Handelsdirektor bei Upgates.

„Vor allem profitieren jene Unternehmer, die es geschafft haben, die Vorteile des Online-Handels mit einem eigenen stationären Laden oder dem eines Partners zu kombinieren. Denn so können die Kunden das Sortiment online anschauen und im nahen Geschäft einkaufen. Oder sie entdecken über den Laden auch den E-Shop, über den sie später bequem zu Hause weitere Einkäufe tätigen können“, so Pech.

Foto: BILLA

Im März ist aber auch der größte Player am tschechischen Lebensmittelmarkt online gegangen: die Supermarkt-Kette Billa, die hierzulande eigenen Angaben nach 240 Läden betreibt.

Ansonsten sind im Netz aber vor allem die reinen Onlinehändler Rohlík und Košík die stärksten Unternehmen. Und darin unterscheide sich Tschechien von anderen Ländern, sagt David Antoš. Er ist Analytiker der Boston Consulting Group:

„Anderswo in der Welt sind es vor allem die Einzelhandelsketten, die ihr Ladennetz nutzen, um online schnell an die Kunden liefern zu können. Oder sie bieten andersherum in ihren Läden die Möglichkeit, im Netz bestellte Waren abzuholen. Allgemein gilt aber, dass die Lieferung von Lebensmitteln kaum Gewinn abwirft. Deswegen sind die Einzelhandelsketten in Tschechien bisher sehr zurückhaltend in diesem Segment.“

Illustrationsfoto: Barbora Navrátilová,  Radio Prague International