Nach dem Lockdown: Tschechen im Kaufrausch

Seit gut einem Monat sind wieder alle Geschäfte in Tschechien geöffnet. Schon am ersten Verkaufswochenende Anfang Mai berichteten die Medien von vollen Läden und langen Schlangen. Wie die Kauflust der Tschechen zurückgekehrt ist, dazu im Folgenden nun mehr.

Illustrationsfoto: Tomáš Šácha,  Tschechischer Rundfunk

Mehrere Monate lang konnte man in tschechischen Geschäften nur ein sehr begrenztes Warenangebot erstehen. Denn viele Läden mussten wegen der Corona-Pandemie geschlossen bleiben. Das aber hat die Kauflust der Menschen nur angestachelt. Der stationäre Handel freut sich seit der Wiedereröffnung über Zuwächse von bis zu 40 Prozent gegenüber der Zeit vor der Pandemie. Der Registrierkassen-Systemanbieter Dotykačka hat die Daten gesammelt. Demnach haben viele Kunden ihre Einkäufe im Lockdown einfach nur aufgeschoben. Věra Kubátová ist Sprecherin von Dotykačka:

„Die größten Umsatzsteigerungen verzeichnen die Bekleidungsläden. In der ersten Woche nach der Wiedereröffnung waren die Einnahmen am höchsten, danach ist der Kaufrausch etwas zurückgegangen. Aber auch nach drei Wochen lagen die Umsätze um bis zu 20 Prozent höher als in der Zeit vor der Corona-Krise, obwohl ein Drittel der Modeläden zunächst geschlossen blieb. Ein weiterer Bereich des Einzelhandels, den die Tschechen besonders häufig aufgesucht haben, waren Läden für Möbel und Zubehör.“

Foto: Jiří Čondl,  Tschechischer Rundfunk

Viele Kunden haben aber auch auf die Möglichkeit gewartet, Spezialgeschäfte aufzusuchen – wie Fahrradläden, Sportgeschäfte oder etwa Händler für Anglerbedarf. Dort legen die Menschen seitdem für einen Einkauf bis zu 50 Prozent mehr Geld auf den Verkaufstisch als sonst.

Doch die Zahlungsgewohnheiten haben sich während der Corona-Pandemie geändert: Im Mai stiegen die Käufe per Karte im Vergleich zum selben Monat 2020 um 16 Prozent an. Gegenüber 2019 ist der Zuwachs noch deutlicher, er liegt bei etwa 20 Prozent. Allerdings wurde auch weniger Geld am Bankautomaten gezogen. David Navrátil ist Ökonom der tschechischen Sparkasse Česká spořitelna und nennt die Zahlen für sein Kreditinstitut:

David Navrátil | Foto: Česká spořitelna

„Der Rückgang bei den Geldbezügen am Bankautomaten liegt bei vier Prozent. Die Zuwächse bei den Kartenzahlungen übersteigen dies aber um ein Vielfaches. An den Kassen sind sie um 40 Prozent gestiegen – im Vergleich zu 2019. Und im Internet sogar um 100 Prozent.“

Die Gründe dafür sind vielfältig. Bei Ausbrauch der Pandemie waren die Verbraucher in Tschechien sehr vorsichtig und haben erst einmal lieber gespart. Man wusste ja nicht, wie sich die eigene berufliche Lage weiterentwickeln würde. Dann waren Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe geschlossen, und wer nicht im Internet kaufen wollte, gab einfach weniger aus. Reisen konnte man ebenfalls nicht. So wuchsen die Ersparnisse der Menschen in Tschechien an.

„Die Bereitschaft, Geld auszugeben, wird derzeit auch von der Lage auf dem Arbeitsmarkt getragen. Die Arbeitslosenrate liegt niedrig, und immer weniger Menschen sind auf Corona-Hilfen des Staates angewiesen. Dies lässt die Löhne steigen. Dazu wurden noch die Steuererleichterungen eingeführt. Deswegen haben die Haushalte im Land insgesamt 200 Milliarden Kronen mehr auf ihren Konten als in den Zeiten vor der Pandemie“, so David Navrátil.

Illustrationsfoto: Anastasia Gepp,  Pixabay,  CC0 1.0 DEED

200 Milliarden Kronen sind umgerechnet 7,7 Milliarden Euro. Im Übrigen konnten sich einige Segmente des Einzelhandels auch während des Lockdowns über gestiegene Umsätze freuen. So etwa der Haustierbedarf oder der Bereich Blumen und Gärten. Denn die Menschen hatten ja mehr Zeit für das Häusliche und entsprechende Hobbys.