Der Regierungschef, der schnell stürzte– Ex-Premier Gross mit 45 Jahren gestorben
Er galt als junges und dynamisches Vorzeigetalent der tschechischen Politik, doch eine Affäre beendete seine Karriere schlagartig. Nun ist der tschechische Ex-Premier Gross mit 45 Jahren gestorben.
„Mir tut es sehr weh, dass er mit nur 45 Jahren gestorben ist und ebenso, dass dies nach solch einer schweren Krankheit war. Ich möchte seiner Frau, seinen Kindern und seinen Angehörigen mein aufrichtiges Beileid ausdrücken, weil sie nun eine schwere Zeit durchmachen.“
Stanislav Gross war der jüngste Premier, den Tschechien bisher hatte. Mit nur 34 Jahren übernahm er 2004 die Regierungsgeschäfte in einer sozialliberalen Koalition. Bereits Anfang der 1990er Jahre war er jüngster Parlamentsabgeordneter gewesen, jüngster Fraktionschef und jüngster Vorsitzender des Abgeordnetenhauses. Im Jahr 2000 bot ihm der damalige Premier und heutige Staatspräsident Miloš Zeman den Posten des Innenministers an. Es war ein vergiftetes Geschenk, doch der ehrgeizige Nachwuchspolitiker konnte nicht ablehnen, das hätte ihn sonst seine Karriere gekostet.„Es stand die Sitzung des Internationalen Währungsfonds an, und Autonome aus Südeuropa trafen sich zu Protesten in Prag. Viele dachten, dass Gross dies nicht meistern werde. Aber er tat es. Ab dem Moment hatte er eine feste Position in der Regierung“, so Petr Nováček, politischer Kommentator des Tschechischen Rundfunks.
Es schien also wie eine Traumkarriere, die Gross hinlegte. So wurde er zum beliebtesten Politiker in Tschechien, vier Jahre später kam dann der nun bereits erwartete Schritt zum Regierungschef. Doch der Fall war fast vorprogrammiert, sagt der Politologe Lukáš Jelínek von der Demokratischen Masaryk-Akademie:„Er war sehr jung, aber zugleich sehr interessant für die Öffentlichkeit mit seinen Kommunikationsfähigkeiten und seinem politischen Orientierungssinn. Als er aber sein höchstes politisches Amt erreicht hatte, die Funktion als Premier des Landes, zeigte sich, dass man von ihm mehr erwartete als nur die Kenntnis von Menschen und Mechanismen. Da war dann zu sehen, dass er in bestimmten Situationen einfach ratlos war.“
Stanislav Gross wurde auch zum Verhängnis, dass er über wenig Lebenserfahrung verfügte. Nur acht Monate nach der Kabinettsbildung stürzte er über eine Immobilienaffäre. Der Premier konnte damals nicht erklären, woher das Geld für eine umgerechnet 150.000 Euro teure Luxuswohnung stammte.Nach seinem Rücktritt verließ Gross die Politik ganz. Für Diskussionen sorgte, dass er mit umstrittenen Aktiengeschäften ein Vermögen verdiente. In einem seiner letzten Interviews sagte Gross dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen:
„Ich möchte mich bei allen aufrichtig entschuldigen, die mir vor Jahren vertraut haben und sich getäuscht fühlen. Ich habe das Gefühl gehabt, dies endlich sagen zu müssen.“Zu dem Zeitpunkt litt der ehemalige Politiker bereits schwer an seiner Krankheit. Stanislav Gross hinterlässt eine Frau sowie zwei Töchter im Jugendalter.