Der Schuh-König: Wie Vasky-Gründer Václav Staněk eine Branche umkrempelt

Mit nur 18 Jahren hat Václav Staněk seine Schuhfirma Vasky gegründet. Heute, sieben Jahre später, stellt sein Unternehmen 200.000 Paare pro Jahr her – und schließt damit an die tschechische Schuhmacher-Tradition an, der einst Tomáš Baťa aus Zlín zu einem Namen verholfen hat. Doch auch die jüngere tschechische Geschichte nimmt sich Staněk zum Vorbild. So hat er jüngst die insolvente Sportschuhfirma Botas akquiriert.

Václav Staněk | Foto: Ferdinand Hauser,  Radio Prague International

Václav Staněk scheint ein bisschen aufgeregt zu sein, als er auf dem Stuhl im Studio von Radio Prag International Platz nimmt. Dabei ist er doch eigentlich längst Interview-erprobt. Heute trägt er weiße Sneaker. Es sind „seine“ Schuhe. Nicht, weil er sie aus seinem Regal genommen hat, sondern weil seine Firma sie produziert hat. Eine seiner Firmen, um genau zu sehen. Botas heißt sie, und Václav Staněk hat sie in diesem Jahr vor der Insolvenz gerettet. Aber eins nach dem anderen.

Der „Schuh-König“ Václav Staněk hat seine erste Firma mit 18 Jahren gegründet. Vasky heißt sie.

„Ich habe bereits mit 17 Jahren am Konzept des Unternehmens gearbeitet. Mit 18 wurde das Ganze dann Realität, und ich habe eine GmbH gegründet. Zuvor habe ich nur noch darauf gewartet, endlich volljährig zu werden.“

Als wäre das nicht schon bemerkenswert genug, kommt Václav Staněk auch noch aus Zlín. Der geneigte Hörer wird nun aufhorchen, denn Zlín, das ist die Stadt, die aufgrund des Schuhimperiums von Tomáš Baťa groß und weltberühmt wurde. 1894 hatte Baťa seinen Konzern gegründet, in der Zwischenkriegszeit stieg er zur Weltmacht auf.

Die großen Fußstapfen von Tomáš Baťa

Über 14 Milliarden Paare soll der Hersteller und Verkäufer laut dem Guinness-Buch der Rekorde im Laufe der Jahrzehnte produziert haben – einsamer Weltrekord. Kein geringerer als dieser Tomáš Baťa, der bis heute wie kein anderer für Schuhe und Tschechien steht, war dann auch das Vorbild für Václav Staněk bei der Gründung seines Unternehmens. Große Fußstapfen, in die Staněk da tritt…

Foto: Anna Fodor,  Radio Prague International

„Tomáš Baťa war meine wichtigste Inspirationsquelle. Nicht nur, dass er so wie ich aus Zlín kam. Auch hat er seine Schuh-Marke mit 17, 18 Jahren gegründet. Ein weiterer Impuls war aber auch meine Familientradition. Denn ich wusste von meinen Verwandten, wie schwierig es ist, Schuhe herzustellen.“

Staněks Eltern sind nämlich ebenfalls in der Branche unterwegs – als Produzenten von Arbeitsschuhen. Der Sprössling der Familie wollte aber in eine andere Richtung gehen.

„Als ich mit 18 Jahren angefangen habe, war meine Vision, an die klassische Schuhmachertradition anzuknüpfen, die für Tschechien von so großer Bedeutung ist. Denn Baťas Produkte gingen damals um die ganze Welt. Es wurden unglaublich viele Schuhe hergestellt, nur in Zlín allein gab es 30.000 Schuhmacher. Das sind unglaubliche Zahlen, und mein Plan war, damit fortzufahren.“

200.000 Paar Schuhe pro Jahr

Václav Staněk | Foto: Facebook Vasky

Heute ist Václav Staněk 25 Jahre alt, seit der Gründung seiner Firma sind also sieben Jahre vergangen. Vasky hat 90 Mitarbeiter, die 200.000 Paar Schuhe pro Jahr herstellen. Der Name der Marke hat sich herumgesprochen, wozu auch die Filialen des Unternehmens beigetragen haben: Nicht mehr nur in Zlín werden die Schuhe an den Mann gebracht, sondern auch in Olomouc / Olmütz, Ostrava / Ostrau, Brünn / Brünn, Plzeň / Pilsen, Hradec Králové / Königgrätz und natürlich auch in Prag. In der tschechischen Hauptstadt hat Staněk ein Ladengeschäft an einer der prestigeträchtigsten Einkaufsmeilen überhaupt eröffnet, in der Straße Na příkopě unterhalb des Wenzelsplatzes. Selbstverständlich betreibt seine Marke auch einen Online-Shop. Seine Anfänge als Unternehmer lassen den jungen Mann heute schmunzeln.

„Ich bin nun einmal ein blauäugiger Blondschopf und sehe fünf Jahre jünger aus, als ich bin. Wenn ich mal in die Verlegenheit komme, eine Flasche Wein zu kaufen, werde ich oft nach meinem Ausweis gefragt. Als ich 18 war, war das also nicht ganz leicht. Ich sah vielleicht aus wie 15 und bin in die Bank gegangen, um mich zu dem Konto beraten zu lassen, auf dem sozusagen mehrere Millionen Kronen rotierten. Da gab es viele Fragezeichen und oft auch Misstrauen und Zweifel, was denn dieser junge Kerl dort will. Aber das ist nun schon sieben Jahre her, und mittlerweile werde ich kaum noch auf mein Alter angesprochen.“

Foto: Vasky

Die Schuhe von Vasky werden heute zum größten Teil in Zlín hergestellt. Manche Modelle werden aber auch im slowakischen Partizánske produziert – dort, wo ebenfalls schon die Unternehmerdynastie Baťa ihre Schuhe herstellen ließ. Die Schuhe entstehen wie früher größtenteils in Handarbeit und mit traditionellen Methoden.

„Unsere älteste Maschine ist 80 Jahre alt, also 55 Jahre älter als ich. Wir haben also einige Retro-Gerätschaften, was eben auch damit zusammenhängt, dass wir Schuhe von hoher Qualität machen wollen – so wie früher. Manche Maschinen ähneln von ihrer Funktionsweise schlichten Plätzchenformen. Aber natürlich verwenden wir auch modernere Technologien – zum Beispiel eine Stanzmaschine, bei der durch einen Projektor angezeigt wird, was aus dem Leder herausgeschnitten wird.“

Barfußschuhe und vegane Modelle

Das erste Produkt, mit dem Vasky an den Start ging, waren klassische, halbhohe Boots.

„Sie sind bis heute unser beliebtestes Produkt. Erfolgreich sind auch unsere Stiefeletten für Damen, etwa das Produkt ‚Lydie‘. Sehr gut verkauft sich zudem der ‚Tenny‘ – ein absolut minimalistischer Sneaker, der sowohl zu einem sportlichen Outfit, als auch zum Anzug getragen werden kann.“

Foto: Vasky

Allen Schuhen gemein ist meist das Material: echtes Leder. Dieses biete schlichtweg die besten Eigenschaften, meint Staněk. Mittlerweile gebe es aber auch einige Modelle im Angebot, die etwa für Veganer in einer Kunstlederausführung angeboten werden. Und genauso in weiteren Aspekten scheint der Firmenchef mit dem Trend gehen zu wollen: So werden neuerdings auch Barfußschuhe angeboten…

„Das Beste, was man meiner Meinung nach im Barefoot-Trend tun kann, ist, einfach barfuß über eine Wiese zu gehen. Da ich viel zuhause oder im Büro arbeite, trage ich auch oft simple Schlappen und habe nicht immer geschlossene Schuhe an. Wer aber nonstop Schuhe tragen muss, für den kann es schon Sinn haben, sie ab und an durch Barfußschuhe zu ersetzen. Und natürlich ist das Segment auch ein großer Trend. Die Schuhe gehen bei uns weg wie warme Semmeln, und der Bereich wird immer stärker. Das registrieren wir natürlich und versuchen, immer wieder neue Produkte herauszubringen. Für kommendes Jahr haben wir bereits ein weiteres Modell in Planung.“

Die Rettung der Marke Botas

In diesem Jahr hat Václav Staněk mit seiner Schuhfirma in der tschechischen Öffentlichkeit und in den Medien für besonders viel Aufsehen gesorgt. Der Grund: Er hat sich an die Rettung der insolventen Firma Botas gemacht – einem Schuhhersteller mit langer Tradition…

„Die Unternehmensgeschichte reicht bis 1949 zurück. Im Rekordjahr wurden über zwei Millionen Paare verkauft. Botas ist wirklich eine Legende, eine der traditionsreichsten tschechischen Marken. Als ich davon gehört habe, dass sie Konkurs angemeldet haben und aufhören werden, wusste ich, dass es wir sind, die mit der Produktion weitermachen und den Ruhm von Botas retten sollten.“

Foto: Vasky

Um diesen Plan in die Realität umzusetzen, haben sich Staněk und sein Team einen besonderen Kniff ausgedacht…

„Wir hatten nicht das nötige Geld, um die Marke Botas zu kaufen, denn es handelte sich um eine enorme Summe. Aber wir hatten unsere Schuhe auf Lager und die Finanzen sozusagen in dieser Form. Ich habe nachgedacht, was wir machen können. Schließlich haben wir einen Ausverkauf gestartet. Wir haben unsere Schuhe zu einem reduzierten Preis angeboten, und wir wussten: Wenn 8000 Stück über die Ladentheke gehen, haben wir das nötige Geld zusammen. Das haben wir offen unseren Kunden kommuniziert, die wie wild eingekauft haben. Und so konnten wir das Vorhaben realisieren.“

Mittlerweile werden die historischen Botas wieder hergestellt – am Stammsitz in Skuteč / Skutsch im Kreis Pardubice / Pardubitz und in den Werken von Vasky. Im Angebot sind sowohl die historischen Modelle von einst als auch neue Entwürfe, die unter dem Label „Botas X Vasky“ vertrieben werden. Als Leiter der Botas-Sparte hat Václav Staněk im Übrigen seinen jüngeren Bruder Vít berufen…

Geplante Expansion nach Deutschland

Das Kerngeschäft ist für Václav Staněk aber immer noch seine Marke Vasky, die nach ihm benannt ist. Dass Staněk für die Zukunft hohe Ambitionen hat, darf wohl kaum überraschen.

Foto: YouTube/Vasky

„Ich hoffe, wir werden uns noch lange weiter nach vorn entwickeln können. Bisher habe ich auf jeden Fall noch genug Energie, und ich denke, dass wir erst ganz am Anfang stehen. Wir werden sehen, wo der Markt oder wir selbst uns unsere Grenzen setzen. Unser Hauptmarkt sind derzeit Tschechien und die Slowakei. Für das kommende Jahr planen wir aber eine größere Expansion, im Zuge derer wir auch ins Ausland gehen wollen.“

Als einen Zielmarkt hat sich Staněk dabei für Deutschland entschieden. „Wir wissen, dass der Anfang dort kräftezehrend und teuer sein wird. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir im kommenden Jahr schon in voller Schönheit auch in Deutschland an den Start gehen“, so der junge Schuh-Unternehmer aus Mähren.