Deutsch-Tschechische und -Slowakische Gesellschaft (Teil 2)

Die Deutsch-Tschechische und Deutsch-Slowakische Gesellschaft für die Bundesrepublik Deutschland. Nie gehört? Doch, vor zwei Wochen haben wir in unserer Sendereihe Begegnungen über diese verdienstvolle Organisation berichtet. Über ihre Geschichte. Diesmal geht es um ihre Gegenwart. Am Mikrophon sind wieder Jitka Mladkova und Peter Scheiple.

"Was war das doch für eine politisch aufregende Zeit, als wir vor jetzt etwas mehr als zwei Jahrzehnten in Düsseldorf parteiübergreifend die Deutsch-Tschechoslowakische Gesellschaft für die Bundesrepublik Deutschland gründeten! Bei der Lektüre der DTSG-Chronik, die ich im Vorhinein lesen durfte, bin ich immer wieder daran erinnert worden, wie schwierig manche Vorgespräche und - in der Folgezeit - erst recht einige Begegnungen in der damaligen CSSR waren, wo wir immer wieder Klartext redeten. Umso dankbarer bin ich noch heute allen, die uns unterstützt haben!"

Mit diesen Worten erinnert sich der ehemalige Landtagspräsident von Nordrhein-Westfalen und Mitbegründer der heutigen Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Gesellschaft, John van Nes Ziegler, in der DTSG-Jubiläumsbroschüre. Über die Umstände der Gründung dieser bedeutenden Organisation in der frostigen Atmosphäre des Kalten Krieges war bereits vor zwei Wochen in "Begegnungen" die Rede. Im Laufe des Gesprächs mit dem heutigen Geschäftsführer der Gesellschaft, Peter Scheiple, sind wir von ihrer Geschichte auch zu der Gegenwart gelangt, in der diese unter wesentlich veränderten Umständen Informationen über die Tschechische und die Slowakische Republik vermittelt. Hierzu also die einleitende simple Frage:

In welchen Programmen vermitteln Sie die Informationen über die Tschechische bzw. Slowakische Republik?

"Als ich hier vor fünf Jahren angefangen habe, habe ich begonnen, ein kulturelles Programm mit regelmäßigen Veranstaltungen aufzubauen. Der Höhepunkt war wahrscheinlich 2001, als wir einen Monat lang ´Tschechische Kulturtage im Rheinland´ hier in Köln hatten, veranstaltet gemeinsam mit dem Landschaftsverein Rheinland und der Bonner Außenstelle der tschechischen Botschaft. In dieser Zeit konnte ich in Köln viele Kontakte herstellen und seitdem können wir immer wieder darauf zurückgreifen. Seitdem gibt es monatlich einen tschechischen oder einen slowakischen Film, im Kölner Filmhaus am Hansaring. Etwa einmal im Jahr können wir einen Regisseur oder ein Regisseurin einladen. Jetzt war gerade Jiri Menzel hier."

Welchen Zulauf finden diese Programme?

"Also die Filmreihe läuft wirklich einmal pro Monat regelmäßig. Wir machen auch viele Lesungen und Podiumsdiskussionen zu politischen Themen, zu diesen kommen ganz unterschiedliche Leute. Wir haben natürlich Mitglieder und Stammgäste. Das sind oft auch Exiltschechoslowaken, aber auch Aupair-Mädchen. Wir haben auch deutsches Publikum, das aus irgendeinem Grund einen konkreten Bezug zu Tschechien oder zur Slowakei hat, seien es z.B. gemischte Partnerschaften, oder was bei mir der Fall ist: Ich bin eben ein Kind einer tschechisch-deutschen Partnerschaft - ich habe einen deutschen Vater und eine tschechische Mutter und bin zweisprachig aufgewachsen. Aber auch viele Leute, die hier Slawistik oder osteuropäische Geschichte studieren kommen. Es kommen auch Leute, die einfach Freunde in Tschechien haben oder in Tschechien oder in der Slowakei waren, dies ganz toll fanden und sich mehr mit dem einen oder anderen Land beschäftigen wollen. Zu der Filmreihe kommen immer wieder einfach Filminteressierte, weil natürlich der tschechische Film einen sehr guten Ruf in Deutschland hat. Dies nicht zuletzt wegen der Kinderfilme, mit denen auch meine Generation sozialisiert wurde. Ja, für die Literatur gilt dasselbe oder auch für die bildende Kunst. Da hat´s Tschechien relativ einfach, verglichen mit der Slowakei, aber auch mit Polen. Wenn man Leute auf der Straße fragt, was verbinden Sie mit Tschechien und was verbinden Sie mit Polen, wird das für Tschechien wesentlich positiver ausfallen. Das erlebe ich auch in meinem Freundeskreis oder wenn ich Leute kennen lerne und sie erfahren, dass ich Halbtscheche bin oder wenn das Gespräch auf die DTSG kommt, auf die Verbindung mit Tschechien oder der Tschechoslowakei, mit Vaclav Havel, dem Kleinen Maulwurf und all den Filmen wie Lucy oder Pan Tau, dann sind die erstmal ganz begeistert. Und dann kommt die Frage 'Wie ist das mit den Benes-Dekreten?' Sie sagen dann aber auch, mit den Sudetendeutschen habt ihr hoffentlich gar nichts zu tun. Das ist nichts, was der Normaldeutsche irgendwie negativ empfindet."

Stehen auch Tschechisch-Kurse auf dem Programm der DTSG?

"Nicht wirklich. Also wir hatte einmal versucht, einen Tschechisch-Kurs anzubieten, weil immer wieder auch Anfragen kamen. Da riefen Leute an und sagten, ich möchte Tschechisch lernen, ich habe gewisse Vorkenntnisse ... Daraufhin hatten wir versucht etwas anzubieten, weil wir verschiede Mitglieder haben, die so was anbieten können. Aber als wir das konkrete Angebot hatten und ich auch die Leute gefragt habe, die sich ursprünglich bei uns gemeldet hatten, hat das dann nie hingehauen. Entweder konnte man letztlich keine Zeit finden, in der es für alle möglich war, oder es ist einfach schwierig mit dem Niveau. Wir versuchen aber die Anfragen zu vermitteln. In Köln oder in Bonn kann man jetzt Tschechisch an der Uni studieren, oder auch an der Kölner Volkshochschule. Wir haben aber auch Leute, die wir auf privater Basis vermitteln können, d.h. wenn jemand privat Einzelunterricht haben will."

Bleibt die DTSG auch nach dem EU-Beitritt Tschechiens weiter bestehen und wie wird sie finanziert?

"Die DTSG bleibt natürlich weiter bestehen. Man muss sich halt die Arbeitsfelder suchen. Insbesondere jetzt im Zuge des Beitritts kamen sehr viele Anfragen, vor allem von Journalisten, die tschechische und slowakische Bürger gesucht haben, und zwar für Interviews, oder sie sollten z.B. Online-Fragebögen ausfüllen. Oder der TV-Kinderkanal hat Kinder für eine Kinder-Gameshow gesucht. Es gab auch sehr viele Veranstaltungen zum EU-Beitritt und in diesem Zusammenhang wurden Musikbands oder Literaten gesucht. Vielleicht wird in dem Bereich noch mehr kommen. Ich denke, besonders interessant wird jetzt die interkulturelle Verständigung. Der Informationsbedarf ist meiner Meinung nach nicht gedeckt. Auch das Interesse am tschechischen Film wird nicht abgedeckt, es wird steigen. Genauso auch an der tschechischen Literatur. Ich habe den Eindruck und hoffe auch, dass die Veranstalter ein großes Interesse eben an den Beitrittskandidaten haben, dass es mehr Lesungen geben wird und weiter diskutiert wird, und dass man dann auch darauf schaut, wie ist es nach fünf Jahren, nach zehn Jahren aussehen wird, und fragt: Wie nahe sind wir uns gekommen? Was bringt Tschechien oder auch die Slowakei mit ein? Und zur Finanzierung: Wir haben Mitglieder, die Mitgliedsbeiträge zahlen, wichtig für uns sind die Spenden und wir bemühen uns auch um Fördermittel bzw. Projektförderungen. Das geht mal besser, mal schlechter, und auch dabei besteht die Hoffnung, dass durch den EU-Beitritt weiterhin das Interesse besteht, solche Initiativen weiter zu fördern und nicht zu sagen: O.K., jetzt wenden wir uns ausschließlich Rumänien und Bulgarien zu."

Vielen Dank für das Gespräch.