Deutsche Entwickler in Tschechien: "Wir brauchen gut ausgebildete Ingenieure"

Jochen Hagel (Foto: Archiv DTIHK)

Die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (DTIHK) hat in diesem Jahr die Bereiche Forschung und Entwicklung zum inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. Folglich hat die Kammer zahlreiche Seminare, Konferenzen und auch ihr jährliches Wirtschaftsgespräch zu diesem Thema veranstaltet. Zu den Firmen, die sich bei Forschung und Entwicklung schon einen guten Namen gemacht haben, gehört die MBtech Bohemia s.r.o. Leiter der Sektion Electronics Solutions bei dem Prager Unternehmen ist Jochen Hagel. Nach einer Pressekonferenz der DTIHK hat sich der Manager auch den Fragen von Radio Prag gestellt.

Jochen Hagel  (Foto: Archiv DTIHK)
Können Sie ihre Firma kurz vorstellen?

„Sehr gerne. Die Firma MBtech Bohemia ist eine Tochtergesellschaft der AK Group. Zu 65 Prozent ist unser Mehrheitseigner die AK Group, zu 35 Prozent noch die Daimler AG. Das zeigt auch unsere Historie: Die Firma wurde vor fast schon 20 Jahren als 100-prozentige Tochter der Mercedes Benz AG in der Daimler Entwicklung gegründet, um Entwicklungsleistungen in Tschechien zu platzieren. Es sind Entwicklungsdienstleistungen im Automobilbereich wie auch in anderen Branchen.“

Die Hauptverwaltung der Firma MBtech Bohemia ist in Prag  (Foto: Google Street View)
Wo hat die Firma ihren Sitz?

„Die Hauptverwaltung ist in Prag. Unsere Standorte in Tschechien sind in Prag, Pilsen und in Mladá Boleslav.“

Bei der DTIHK-Pressekonferenz ging es auch um die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung. Dabei wurde festgestellt, dass in diesem Bereich noch viel zu tun ist. Als Gast und Redner der Konferenz haben auch Sie einige Themen angesprochen. Sie haben zum Beispiel das Thema Absolventen angeschnitten, was liegt hier noch im Argen?

„Aus unserer Sicht sind die technischen Kenntnisse der Absolventen schon sehr gut. Das Gleiche trifft für ihre Vorbereitung auf die Entwicklungsprojekte zu. Allerdings fehlen uns manchmal noch die sogenannten weichen Fähigkeiten (soft skills) wie Selbständigkeit und eigenverantwortliches Umsetzen von Projekten. Zudem sind Sprachkenntnisse für uns als internationales Unternehmen sehr bedeutsam. Wichtig ist uns darüber hinaus, dass wir als Unternehmen nicht alles leisten müssen, sondern dass gewisse Dinge schon im Vorfeld getan werden.“

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Eine weitere Sache, über die Sie gesprochen haben, ist die Attraktivität des Ingenieurstudiums. Warum muss es weiter gefördert werden?

„Wir sehen ein sehr hohes Potenzial für Entwicklungsleistungen hier in Tschechien. Viele Firmen haben Interesse, Entwicklungen und Innovationen in Tschechien anzuschieben. Einen begrenzenden Faktor sehen wir tatsächlich in der Verfügbarkeit genügender und ausreichend qualifizierter Ingenieure. Das heißt, das ist wirklich eine Zukunftschance für das Land, die wir nutzen wollen. Und dazu brauchen wir eben gut ausgebildete Ingenieure.“

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In Ihrem Vortrag haben Sie auch den schönen Satz geprägt: „Erfolg heißt Ideen haben, Misserfolg heißt Kunden zu gewinnen“. Was heißt das konkret?

„Man muss aktiv werden. Man darf nicht nur auf Angebote warten, das gilt für die Universitäten und die Firmen gleichermaßen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man in erster Linie persönliche Kontakte aufnehmen muss. Dies kann über verschiedenste Projekte, durch Ausbildung, Vorträge oder gemeinsame Praktika geschehen. Hat man dann solche Kontakte geschaffen, können diese einem dann in einem zweiten Schritt helfen, sowohl gute Studenten zu finden als auch gemeinsame Entwicklungsprojekte durchzuführen.“

Sie haben zudem das Thema finanzielle Unterstützung für die Forschung und Entwicklung erwähnt. Warum machen Steuererleichterungen und ähnliche Dinge vielleicht nur einen kleinen Teil dieser Unterstützung aus? Was muss Ihrer Meinung nach auf diesem Gebiet verbessert werden?

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„Aus unserer Sicht wäre es sehr hilfreich, wenn die Prozesse vereinfacht würden, wenn die Angebote klarer und für die Firmen leichter verständlich präsentiert würden. Gerade die weniger großen Konzerne tun sich schwer, eigene Innovationsabteilungen zu halten. Das heißt, die Angebote müssen klar verständlich und auch einfach umzusetzen sein. Es gibt ohne Frage viele Angebote, die man nutzen kann, und wir tun das auch intensiv. Aber es ist auch ein sehr hoher Aufwand damit verbunden, der manche vielleicht abschreckt.“

Wie fällt Ihr Fazit zu der heutigen Diskussion aus? Haben Sie den Eindruck, dass noch vieles brach liegt, was die Zusammenarbeit von Forschung und Entwicklung auf der einen sowie der Wirtschaft auf der anderen Seite betrifft? Oder meinen Sie, dass man auf einem guten Weg ist? Was müsste auf diesem Weg unbedingt noch angegangen werden?

„Aus meiner Sicht ist schon viel Gutes passiert und auch eine gute Zusammenarbeit im Gang. Was aber zu tun bleibt: Wir müssen diese Kooperation aktiv pflegen. Dabei hilft es uns natürlich sehr, wenn die Rahmenbedingungen von anderer Stelle geschaffen werden, so dass sich die Universitäten wie auch die Firmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Das heißt, sie kümmern sich um die Innovation und Entwicklung und müssen sich nicht zu sehr mit der Klärung von Rahmenbedingungen beschäftigen.“

Also müsste der Staat in diesem Bereich auch noch etwas zulegen?

„An der Stelle nehmen wir jede Hilfe sehr dankbar an.“