Deutscher Oscar-Beitrag „Barbara“ in Tschechien uraufgeführt

Film „Barbara“ (Foto: Offizielle Webseite des Films)

Ein voller Saal und danach wohlwollender Applaus – so fand am Samstag die Tschechienpremiere des deutschen Films „Barbara“ statt. Der Streifen von Regisseur Christian Petzold ist im kommenden Jahr Deutschlands Beitrag zum Oscar. Er wird ins Rennen um den besten nicht-englischsprachigen Film geschickt.

Film „Barbara“  (Foto: Offizielle Webseite des Films)
Barbara hat einen Ausreiseantrag aus der DDR gestellt. Die junge Ärztin aus Ostberlin, gespielt von Nina Hoss, wird deswegen strafversetzt - aufs Land. Während Barbaras Geliebter aus dem Westen ihre Flucht vorbereitet, verliert sie langsam die Kontrolle über ihre Pläne.

Mit seinem Film ist Christian Petzold derzeit weltweit auf Kinotour, der Regisseur stellt „Barbara“ als offiziellen deutschen Oscar-Beitrag vor. So auch in Prag: Bei der tschechischen Uraufführung blieb Petzold noch eine halbe Stunde lang im Kinosaal, für Fragen aus dem Publikum, und war danach angetan:

Film „Barbara“  (Foto: Offizielle Webseite des Films)
„Was ich interessant finde: Der Film ist zu Ende, ich gehe nach vorne, dann sehe ich, dass nur wenige rausgehen – meistens haben sie noch einen Babysitter oder so etwas, den sie ablösen müssen - und dann redet man noch eine halbe Stunde. Wenn die Leute noch eine halbe Stunde nach dem Film einem Gespräch zuhören, ist das mehr, als ich damals als Zuschauer investiert habe.“

Tatsächlich gab es vom Publikum viel Lob für den Film. Eine Frau mittleren Alters sagte nach der Vorstellung in der Lucerna:

Film „Barbara“  (Foto: Offizielle Webseite des Films)
„Ich halte den Film für recht gut. Aber so direkt danach ist mir noch nicht alles klar. Er ist sicher eine Metapher auf das Leben während des Sozialismus in der früheren DDR.“

Ein älterer Zuschauer spielt darauf an, dass es eher ein Film der leisen Töne über den „real existierenden Sozialismus“ ist:

„Ich habe mehr Action erwartet, aber der Film hat mir gefallen. Den Sozialismus hat es dort wie hier gegeben, ich sehe da Parallelen.“

Der Film hat im Februar auch schon der Jury bei der Berlinale gefallen und erhielt dort den Silbernen Bären für die Regie. Doch nicht alle können mit dem Thema „DDR“ etwas anfangen, wie diese jüngere Frau aus Prag:

Christian Petzold  (Foto: Archiv der Internationalen Filmfestspiele Berlin)
„Ich kenne bessere deutsche Filme aus der letzten Zeit. Er ist schwer verdaulich für jemanden, der nicht erlebt hat, was der Kommunismus war. Mit den Ambitionen für den Oscar bin ich mir nicht so sicher.“

Regisseur Petzold glaubt hingegen, dass selbst in den USA die Zuschauer seinen Film verstehen. In Los Angeles und New York hat er sich jeweils mehreren Tausend Kinobesuchern als Regisseur vorgestellt:

„Diese Sammelsurien von Zeichen, die man sonst in solchen Filmen hat, wie Hammer und Sichel, dauernd Uniformen, schreiende Menschen, die über die Grenze wollen, Gespräche über Lebensmittelknappheit – das habe ich alles aus dem Film herausgelassen. Deswegen ist es zum Beispiel für einen Amerikaner im Publikum erst einmal eine Welt, die in sich organisch ist, mit der er sich auseinandersetzt, die man nicht dekodiert, sondern in der man sich aufhalten kann. Und das war auch mein Ziel. In den USA scheint das funktioniert zu haben.“

In den USA wurde zu Anfang des Films nur knapp eingeblendet: Ostdeutschland, 1980. Das ist in Tschechien nicht einmal nötig.

Autor: Till Janzer
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