Deutscher Oscar-Preisträger baut Kamerakräne in Pilsen

Horst Burbulla (Foto: CTK)
0:00
/
0:00

Dem deutschen Unternehmer Horst Burbulla mag es manchmal in letzter Zeit so vorgekommen sein, als habe er eine Filmstory erlebt: Als siebenjähriger Junge kam er mit den Eltern aus dem damals kommunistischen Polen nach Bonn. Als junger Mann träumte er vom Filmemachen. Der erste eigene Film wurde ein Flop. Und jetzt, zwanzig Jahre später, bekam der 46-jährige Bonner am 12. Februar in Los Angeles doch einen Oscar, Hollywoods höchste Auszeichnung. Allerdings keinen Oscar für Regie oder schauspielerische Leistungen, sondern einen Technik-Oscar: Für seine Erfindung eines besonders flexiblen Kamerakrans. Burbulla liefert heute solche Kräne weltweit an Film- und Fernsehstudios. Hergestellt werden sie von seiner Firma "Technocrane" im westböhmischen Plzen/Pilsen. Dort hat Sybille Korte mit dem Unternehmer gesprochen.

Horst Burbulla  (Foto: CTK)
Im Pilsener Gewerbegebiet sieht der Sitz von Burbullas Firma "Technocrane" wie ein gerade gelandetes Ufo aus: An einen zentralen Glasturm mit rundem Glasdach schließen sich die Werkhallen wie große Flügel an. Vor zwei Jahren hat die Firma dieses nagelneue Gebäude bezogen. Doch schon seit 1990 baut Burbulla in Pilsen die Kamerakräne, für die er jetzt einen Technik-Oscar bekommen hat. In der Montagehalle vor einem Kran erzählt der 46-jährige Firmenchef, wie er Anfang 80er Jahre seinen ersten Kran baute.

"Ich wollte Filmemacher werden, aber das hat nicht so ganz geklappt. Für den Film hatte ich leider kein Geld, um mir einen Kran zu leihen. So habe ich mir selber einen gebaut. Aus dem Film ist nicht so viel geworden, aber aus dem Kran ist dann immer mehr und mehr geworden. Und so ist dann daraus eine richtige Firma entstanden."

Was war das für ein Film?

"Das war so ein experimenteller Film, aber schon richtig mit 35 Millimeter und mit Cinemascope. Es war etwas schön Aufwendiges. Aber wie gesagt, nicht so erfolgreich wie dieser Kran, den man dazu gebaut hat."

Das sieht ja unheimlich kompliziert aus, dieses Ding. Da müssen Sie ja gut gebastelt haben.

"Ja, der erste Kran war sehr amateurhaft und auch sehr gebastelt. Aber er hat sehr gut funktioniert. Wir haben alte Scheibenwischermotoren vom VW ausgebaut, das waren dann die Kameramotoren. Und man hat einfach Aluminiumprofile gekauft, sie zusammengeschraubt und mit ein paar Seilen verbunden. Von Märklin hat man diese kleinen Trafos gehabt, mit denen man dann die Kamera links und rechts geschwenkt hat. Und so hat das eigentlich ganz gut funktioniert."

Der Kran, auch in seiner modernen Variante, ähnelt im Aufbau einer Feuerwehrleiter. Auf Trägern kann die Kamera während des Filmens ein- und ausgefahren werden, hin- und hergeschwenkt. Trotz so viel technischer Raffinesse blieb Burbullas erster Film allerdings auch sein letzter. Die 100 Minuten mit dem Titel "Liebe und Tod" schafften es 1985 auf einige Festivals, aber nicht in die Kinosäle. Dem Autor bescherte der in Bonn und auf Island gedrehte Spielfilm vor allem einen Berg Schulden. Burbullas Rettung wurde der selbst gebaute Kamerakran. Denn der fand immer mehr Interessenten. Seinen ersten Kran verkaufte er an eine italienische Firma, die auch eine Niederlassung in London hatte. Zwei Jahre lang ließ er bei London Teile für seine Kräne fertigen, feilte weiter an der Technik. Dann, nach der politischen Wende in Osteuropa, hielt Burbulla Ausschau nach einem anderen Standort. So kam er 1990 nach Pilsen.

Was war der ausschlaggebende Punkt?

"Das war einfach ein Zufall. Ich saß zu Hause und las in einer Anzeige, dass ein tschechischer Ingenieur Arbeit suchte. Da habe ich ihn angerufen und gesagt: Ich habe zwar keine Arbeit für ihn in Bonn, aber ob er mir übersetzen könnte, eine Reise mit mir durch die Tschechische Republik machen könnte. Dann habe ich versucht, hier an tschechische Firmen Aufträge zu vergeben. Aber nach zwei, drei Firmen hat sich herausgestellt, dass das organisatorisch einfach unmöglich ist. Dann ist aus dem Übersetzer der Geschäftsführer geworden. Wir haben zwei Maschinen gekauft und dann mit der Produktion selber angefangen. Was der viel erfolgreichere Weg war als das, was ich in London früher gemacht habe, wo ich immer Teile an externe Firmen abgegeben habe."

Und Sie pendeln jetzt oder sind ab und zu hier nach Pilsen?

"Meine Hauptarbeit ist die Zeichnung, die Konstruktion und der Verkauf. Der findet halt immer mit dem Kunden statt, das heißt man muss sehr viele Kunden besuchen, und so führt das dazu, dass ich drei, vier Tage im Monat hier bin. Aber die meiste Zeit treibe ich mich irgendwo auf Flughäfen herum oder sitze am Computer und konstruiere."

Mit drei Leuten hat "TechnoCrane" in Pilsen angefangen. Heute beschäftigt die Firma 60 Mitarbeiter und macht vier Millionen Euro Umsatz im Jahr. Der Wechsel nach Pilsen war der wichtigste Schritt beim Aufbau seines Unternehmens, denkt Burbulla heute. Hier hat er die Fachkräfte gefunden, die er braucht.

"Skoda hat ja immer mehr Leute entlassen hier in Pilsen und da hat man natürlich ein Wahnsinnsreservoir an wirklich sehr gut ausgebildeten motivierten Mitarbeitern. Das ist halt eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit gewesen oder ist es immer noch. Die ganzen Mechaniker zum Beispiel können zwar kein Wort Englisch, aber fliegen dauernd irgendwo durch die Welt und reparieren und warten die Kräne, rein mit Tschechisch. Es ist schon sehr erstaunlich, welch hohes Niveau hier existiert."

Von Pilsen aus werden die Kamerakräne in die ganze Welt verschickt. Die meisten werden vermietet. Allein in London stehen 20, auch in Los Angeles.

"Wir haben in LA ungefähr 1000 Drehtage pro Jahr mit diesen 20 Kränen. Also werden Sie Schwierigkeiten haben, einen großen Film zu finden, der nicht damit arbeitet. Fast alle Spielberg-Filme, fast alle James-Bond-Filme, alle Harry-Potter-Filme, also alle, die ein großes Budget haben und in relativ teuren Dekorationen schnell arbeiten müssen, die setzen so etwas ein. Weil dieser Kran sehr flexibel ist und hilft, außergewöhnliche Bildwinkel einzufangen, wo man sonst halt aufwendige Stativkonstruktionen machen müsste."

Zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles ist der Vater zweier Kinder mit der Familie geflogen.