Die Armee greift dem bedrohten Gesundheitswesen unter die Arme
Nun wird auch dem letzten Beobachter bewusst: Dem tschechischen Gesundheitswesen droht am 1. März mit der Kündigung tausender Ärzte der Kollaps. Die Regierung will die Armee mobilisieren. Sie soll unter anderem Patienten, die akute medizinische Versorgung brauchen, in jene vorherbestimmten Krankenhäuser bringen, wo die verbliebenen Ärztekapazitäten konzentriert werden.
Militärhubschrauber und Krankenwagen, helfende Soldaten und freie Plätze in Militärkrankenhäusern für die ganz akuten Fälle – die Regierung „Wir appellieren eindringlich an die Ärzte: Ändern Sie bitte die Form ihres Protestes – nehmen Sie ihre Kündigungen zurück!“ hat nun eingestanden, dass die Protest-Kündigungen von fast 4000 Ärzten zum ersten März eine Krise in der Gesundheitsversorgung auslöst. Die Armee soll einspringen, so die Entscheidung der Mitte-Rechtskoalition. Wird man in Tschechien also Feldlazarette wie in Afghanistan oder im Kosovo sehen können? Premier Nečas:
„Feldlazarette werden wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aufstellen. Nichtsdestotrotz, wir wollen die bedeutenden medizinischen Kapazitäten der Armee nutzen. Dabei geht es vor allem um drei Militärkrankenhäuser.“
Verteidigungsminister Vondra dämpft jedoch die Hoffnungen sogleich:„Das bedeutet nicht, dass die Armee imstande ist, die Ausfälle komplett zu kompensieren. Wir können helfen, aber wir sind kein vollständiger Ersatz.“
Kritisch wird es vor allem bei den akuten Fällen. Um hier die notwendigen Behandlungen und Operationen zu sichern, muss woanders Ärztepersonal eingespart werden, wie Gesundheitsminister Heger am Dienstag erklärte:
„Jene Behandlungen, die man um ein bis drei Monate aufschieben kann – und davon gibt es eine Menge –, die werden wir aufschieben. Damit werden viele Kapazitäten frei, die dann den akuten Fällen zu Verfügung stehen.“
Doch so einfach ist es nicht. Vor allem die Spezialisten, die gekündigt haben, stellen das Gesundheitswesen von heut´ auf morgen vor kaum zu lösende Probleme. So hat zum Beispiel jeder vierte Gynäkologe seine Kündigung eingereicht. Und auch wenn sich ausreichend Chirurgen für akute Operationen finden lassen, ist noch lange nicht gesagt, ob auch ein Anästhesist zur Verfügung steht. Zu Engpässen und Notsituationen wird es also wohl kommen, wenn die protestierenden Ärzte ihre Drohung wahr machen und tatsächlich am 1. März nicht zur Arbeit erscheinen.
Die Lösung, die das Pilsener Universitätskrankenhaus versucht, nämlich den Ärzten mehr Gehalt anzubieten als das Gesundheitsministerium zugesagt hat, geht nicht auf. Jiří Náhlovský von der Ärztegewerkschaft in Pilsen begründet:„Das ist keine ganzstaatliche Lösung, und es betrifft auch nur die finanzielle Seite. Von unserer Protestaktion haben wir uns aber versprochen, dass eine Lösung für die Zustände im Gesundheitswesen gefunden wird.“
Auch den Kreishauptmännern, denen der größte Teil der Krankenhäuser unterstellt ist, bleibt nur eines übrig – nämlich zu bitten. Michal Hašek, sozialdemokratischer Kreishauptmann in Südmähren:„Wir appellieren eindringlich an die Ärzte: Ändern Sie bitte die Form ihres Protestes – nehmen Sie ihre Kündigungen zurück!“