Die Krise im tschechischen öffentlich rechtlichen Fernsehen dauert an

Proteste

Die Krise in dem tschechischen öffentlich rechtlichen Fernsehen dauert an, und eine baldige Lösung ist kaum zu erwarten. Auf der einen Seite steht die neue Führung des Senders mit Generaldirektor Jiri Hodac und der Leiterin der Nachrichtenredaktion Jana Bobosikova an der Spitze und auf der anderen stehen viele Angestellte des Fernsehens, vor allem die Nachrichtenredaktion. Beide Seiten versuchen sich auf dem Bildschirm durchzusetzen. Die revoltierenden Fernsehmitarbeiter werden jedoch von tschechischen Intellektuellen bedeutend unterstützt. Die Ursachen der jetzigen Lage sowie den Verlauf der Ereignisse fasst Martina Schneibergova zusammen:

Die Revolte der Angestellten des Fernsehens brach am 20. Dezember aus. Der Fernsehrat entschied damals in außerordentlich kurzer Zeit darüber, dass der von ihm abberufene bisherige Generaldirektor des Senders Dusan Chmelicek durch Jiri Hodac ersetzt wird. Chmelicek wurde wegen angeblicher Mängel in der Programmplanung abberufen. Hodac kehrte in den Sender zurück, wo er in diesem Jahr bereits vier Monate lang als Leiter der Nachrichtenredaktion erfolglos gewirkt hatte. Neben mangelnden Fähigkeiten wird Hodac von der Mehrheit der Fernsehmitarbeiter auch dessen Verbundenheit mit der Demokratischen Bürgerpartei-ODS vorgeworfen.

Die revoltierenden Angestellten sind durch die Tatsache beunruhigt, dass die Wahl des Fernsehdirektors politisiert wurde und dass über die Besetzung des Postens die Parteispitzen der regierenden Sozialdemokraten und der mit ihnen durch das Tolerierungsabkommen verbundenen Bürgerdemokraten mitentschieden. Der neue Direktor wurde von dem Fernsehrat in einer sehr kurzen Zeit - von 18 Stunden - ernannt. Um den Posten haben sich aber 33 Interessenten beworben. Der Fernsehrat hat neun Mitglieder - vier davon wurden von den Sozialdemokraten, und drei von der ODS delegiert. Kurz nach Hodacs Ernennung zum Fernsehdirektor errichteten seine Gegner einen Krisenstab und verlangen seitdem die Aufhebung der Resultate des Auswahlverfahrens und den Rücktritt des Fernsehrates. Bis zum 24. Dezember gelang es ihnen die Nachrichtensendungen unter Kontrolle zu haben, danach begann jedoch Hodacs Team aus provisorischen Räumlichkeiten zu senden.

Die neu ernannte Leiterin der Nachrichtenredaktion Jana Bobosikova begann am Dienstag den Redakteuren Kündigungen zu verteilen, die sie jedoch nicht akzeptiert haben. Bobosikova erklärte: "Der Arbeitgeber unternahm diesen Schritt, weil die Redakteure es ablehnen, seinen Hinweisen zu folgen und damit die Nachrichtensendungen ernsthaft stören und gefährden."

Der neue Direktor wurde zum Rücktritt jedoch nicht nur von den protestierenden Fernsehmitarbeitern, sondern inzwischen auch von einigen Politikern aufgefordert. Kulturminister Pavel Dostal meinte:

"Die gegenwärtige Lage im Tschechischen Fernsehen ist bei weitem nicht mehr nur eine Angelegenheit des Arbeitsrechtes. Deswegen kann jedwede gewaltsame Lösung dazu führen, dass diese Lage in eine gesamtgesellschaftliche Krise münden wird."

Davon, dass sich die Krise im Fernsehen inzwischen in eine politische Krise verwandelte, ist auch eine Gruppe von Senatoren überzeugt, die versucht, möglichst bald eine Sondersitzung des Senats zu diesem Thema einzuberufen. Nach Worten des Vizepräsidenten des Senats Jan Ruml sollte sie am 3. Januar stattfinden. Senator Josef Zieleniec von der oppositionellen Viererkoalition erklärte: "Die Arroganz, mit der das Tolerierungsabkommen entstanden ist, wird auf konkrete Schritte übertragen, die dazu führen sollen, die Macht der beiden Parteien aufrechtzuerhalten. Wenn sich der Direktor dessen bewusst wäre, in was für eine schwierige Lage er das Fernsehen gebracht hatte, sollte er daraus Konsequenzen ziehen und zurücktreten."

Die neue Führung wird u.a. von dem Vizechef des Rates der Tschechischen Republik für Rundfunk- und Fernsehsendungen, Petr Stepanek, unterstützt. Seinen Worten zufolge sind die von den revoltierenden Mitarbeitern ausgestrahlten Sendungen reine Piratensendungen und sie müssten - so Stepanek - damit rechnen, dass sich der Rat damit beschäftigen wird.

Der Chef der Medienkommission des Abgeordnetenhauses Ivan Langer von der ODS meint, dass zum Rücktritt nicht nur der Direktor, sondern auch alle revoltierenden Fernsehmitarbeiter aufgefordert werden sollten. Sein Parteikollege Jiri Payne ist jedoch anderer Meinung: "Mich stört die Tatsache, dass der Fernsehrat, der diese Lage verursacht hat, in dieser Krise nicht zusammentrifft. Wenn er nicht tagt, dann muss er unverzüglich zurücktreten." Dies lehnte der Fernsehrat jedoch am Mittwochvormittag ab.