„Die längste Nacht“: unbekannte Dokumente zu 1968 im Prager Polizeimuseum

Foto: ČTK

Die Sommernacht vom 20. zum 21. August 1968 haben viele Tschechen in Erinnerung als ein schockierendes und schicksalhaftes Erlebnis. Damals sind die Warschauer Pakttruppen in die Tschechoslowakei einmarschiert. Die Okkupation bedeutete ein abruptes Ende aller Hoffnungen auf eine weitere politische Entspannung im Land. Am Mittwoch sind 45 Jahre seit dem Einmarsch vergangen. Aus diesem Anlass fanden an mehreren Orten Tschechiens Gedenkveranstaltungen statt. Unter dem Titel „Die längste Nacht“ wurde auch im Prager Polizeimuseum eine Ausstellung eröffnet, die an die Ereignisse von 1968 erinnert.

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Die Ausstellung im Prager Polizeimuseum bezieht sich trotz ihres Titels nicht nur auf jene Nacht vom 20. zum 21. August 1968. Sie beschreibt chronologisch die politische Situation in der Tschechoslowakei vom Herbst 1967 bis zum Sommer 1968. Zum ersten Mal werden hier Fotos gezeigt, die die niederländische Fotografin Okky Offerhaus vor 45 Jahren in der Tschechoslowakei gemacht hat. Daniel Povolný vom Prager Militärhistorischen Institut ist Kurator der Ausstellung:

„Dem tschechischen Nationalarchiv gelang es 2011, die Fotografien einschließlich der Negative von Frau Offerhaus zu erhalten. Die Aufnahmen mussten nur noch ausgewertet und bearbeitet werden. Es freut uns sehr, dass wir sie hier präsentieren können.“

Viele Zeugnisse, die den Einmarsch vom August 1968 dokumentierten, wurden später unter dem Druck der kommunistischen Machthaber vernichtet. Trotzdem könne man immer noch auf Unbekanntes über 1968 stoßen - beispielsweise im zentralen Militärarchiv, meint Daniel Povolný.

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„Eine weitere Möglichkeit bei der Suche nach neuen Informationen über das Jahr 1968 bietet Literatur, die in den anderen Ländern erscheint, die früher Mitglieder des Warschauer Paktes waren. Man kann zudem versuchen, im russischen Internet zu recherchieren, denn dort findet man manchmal Erinnerungen von Teilnehmern der Invasion.“

Die Historiker sind jedoch davon überzeugt, dass weitere wertvolle Materialien über den Einmarsch in die Tschechoslowakei in den russischen Archiven aufbewahrt werden. Diese Dokumente sind jedoch kaum zugänglich.

„Im Militärbereich ist es sehr problematisch, denn diese Dokumente werden bis heute geheim gehalten.“

Auch wenn im russischen Archivgesetz verankert ist, dass die Archive nach 50 Jahren geöffnet werden sollen, ist laut dem Kurator nicht zu erwarten, dass insbesondere Materialien des damaligen KGB zugänglich gemacht werden.

In der Ausstellung werden neben Fotografien auch Exponate aus der Zeit vor 45 Jahren gezeigt. Kurator Povolný:

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„Aus den Sammlungen des Polizeimuseums stammen die Thompson-Maschinenpistolen und Walther-Pistolen, die der KGB Anfang Juli 1968 in einem Lager in der Nähe der Stadt Sokolov in Nordwestböhmen versteckt hatte. Der russische Geheimdienst gab es als Waffenlager der Konterrevolutionäre aus. Das Prager Institut für Kriminalistik hatte damals die Waffen untersucht und festgestellt, dass die Waffen in den USA hergestellt wurden, dass aber für ihre Konservierung sowjetische Vaseline benutzt wurde. Sie stammten wahrscheinlich noch aus Waffenlieferungen, die während des Zweiten Weltkriegs in die Sowjetunion gingen.“

Für diese Waffenanalyse wurden die tschechischen Kriminologen damals jedoch nicht geschätzt. Stattdessen wurden sie vom kommunistischen Regime gemaßregelt.

Die Ausstellung „Die längste Nacht“ ist im Prager Polizeimuseum bis zum 26. September zu sehen. Danach wird sie im Prager Nationalarchiv und anschließend im Museum Brünn gezeigt.