Die Tschechen lieben ihre Krone, der Euro muss warten

Dass die Tschechen die EU-Mitgliedschaft ihres Landes in erster Linie als pragmatische Kosten-Nutzen-Frage verstehen, ist hinlänglich bekannt. Doch wenn es um ihr Geld geht, sprich die Ersetzung der Tschechischen Krone durch den Euro, kommen auf einmal auch noch andere Faktoren ins Spiel. Mehr dazu hören Sie von Robert Schuster im folgenden Schauplatz.

Foto: Europäische Kommission
Einer jüngsten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts CVVM zufolge will in naher Zukunft lediglich ein Fünftel der Tschechen die Tschechische Krone aufgeben und durch den Euro ersetzen. Dieses Ergebnis mag angesichts der gegenwärtigen Probleme im Euroraum nicht überraschen. Dennoch steckt laut Experten noch mehr dahinter, als nur der Unwille der tschechischen Steuerzahler, sich zum Beispiel an der Rettung der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Euro-Länder wie Irland, Portugal oder Griechenland, zu beteiligen.

Petr Zahradník
Ein weiterer Grund spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk erklärte dies der Volkswirt Petr Zahradník. Zahradník ist unter anderem Mitglied im so genannten Nationalen Wirtschaftsrat, einem Beratergremium der tschechischen Regierung.

„Die Tschechen haben traditionell großes Vertrauen und eine starke emotionale Bindung an ihre Krone. Im gesamten mitteleuropäischen Raum wird sich wohl kaum ein anderes Volk finden, das seiner eigenen nationalen Währung mehr vertraut als die Tschechen. Im Gegensatz zu Ungarn, oder zum Beispiel den baltischen Ländern wurde auch der überwiegende Teil der heimischen Kredite in Kronen vergeben. Die geringe Zustimmung für die Euro-Einführung hängt also mit der Lage in der Eurozone und mit dem starken Vertrauen unserer Bürger in die heimische Währung zusammen.“

Eurozone
Auch das war vielleicht ein Grund, warum die tschechischen Regierungen in der Vergangenheit sehr vorsichtig waren, wenn es um die Erstellung eines Fahrplans zur Euro-Einführung ging. Einer der objektiven Gründe war laut Zahradník sicherlich der latent schlechte Stand der tschechischen Staatsfinanzen, insbesondere des Haushaltsdefizits, wodurch Tschechien ohnehin nicht die Maastricht-Kriterien erfüllt hätte. Petr Zahradník:

„Der letzte offizielle Termin, der von der Regierung im Jahr 2006 als Zeitpunkt für die Einführung des Euro in Tschechien in Erwägung gezogen wurde, war das Jahr 2010. Seither hat sich keine weitere Regierung zum Zeitpunkt des Eurobeitritts geäußert. Unter Experten war dann von den Jahren 2013 oder 2015 die Rede. Aufgrund der gegenwärtigen Situation und auch der starken Bindung der Bevölkerung an ihre Währung wären wohl frühestens die Jahre 2019 oder 2020 realistisch für die Euro-Einführung. Das setzt allerdings voraus, dass sich bis dahin die Lage in der Eurozone beruhigt und die Tschechen ausreichend Gründe sehen, warum sie sich an diesem Projekt beteiligen sollten. Die tschechische Wirtschaft ist gegenüber den ausländischen Märkten sehr offen, was schon heute den Euro zur Notwendigkeit macht. Allerdings muss von Seiten der Bevölkerung dem Euro gegenüber Vertrauen entgegen gebracht werden und das ist gegenwärtig leider nicht der Fall.“

Petr Zahradník bezeichnet sich selber im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk als einen Anhänger des europäischen Einigungsprozesses, wie auch der Gemeinschaftswährung. Unter den tschechischen Wirtschaftsforschern sind solche klaren Bekenntnisse in den letzten Jahren eher die Ausnahme. Die meisten Ökonomen sind in ihren Standpunkten zurückhaltend und wagen keine Prognosen. Umso klarer positionieren sich allerdings die Gegner des Euro.

Eine wichtige Schaltstelle in Bezug auf jegliche Europakritik ist schon seit langem der Think-Tank „Zentrum für Wirtschaft und Politik“ (CEP), der von engen Mitarbeitern des tschechischen Präsidenten und bekanntermaßen starken Euro-Kritikers Václav Klaus gegründet wurde.

Jan Skopeček
Dessen Leiter Jan Skopeček meint den Hauptgrund zu kennen, warum die Gemeinschaftswährung von Beginn an schlechte Aussichten auf Erfolg hatte, wie er gegenüber dem Tschechischen Rundfunk erklärte:

„Ich denke, dass bei der eigentlichen Gründung der europäischen Währungsunion nicht wirtschaftliche Motive, sondern politische im Vordergrund standen. Dies führte dazu, dass wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten einfach übergangen wurden. In der Wirtschaftstheorie weiß man, dass Währungsunionen zwischen Staaten nur dann Sinn machen, wenn die zu erwartenden Vorteile und Erträge höher sind, als die Kosten. Bei der europäischen Währungsunion war allerdings schon von Beginn an klar, dass die Kosten die Vorteile überdecken werden. Die heutige Situation bestätigt das eindringlich. Für uns wäre es weder vor der Euro-Krise, noch jetzt von Vorteil auf die eigene Währung zu verzichten, weil wir die Möglichkeit verlieren würden eine autonome Geldpolitik zu betreiben.“

Foto: Miroslav Sárička,  Stock.xchng
Können die Tschechen also froh sein, dass sie zu Zeit nicht Mitglied in der Eurozone sind? Dazu meint Petr Zahradník vom Nationalen Wirtschaftsrat:

„Dank unserer jetzigen Währung ist es, denke ich, nicht ganz verkehrt, dass wir momentan nicht dabei sind. Auf der anderen Seite sind wir Mitglieder der Europäischen Union. Wir sollten daher unseren Verpflichtungen nachkommen, und zwar sowohl in guten, wie auch in schlechten Zeiten. Wir gehören zu jenen Ländern, die sich bei den Beitrittsverhandlungen dazu verpflichtet haben, den Euro früher oder später einzuführen. Somit ist unsere Haltung zum Euro auch eine Frage der Solidarität gegenüber den übrigen Mitgliedsländern, auch wenn man vielleicht rein rechnerisch meinen könnte, dass es vorteilhaft wäre, jetzt nicht dabei zu sein und sich nicht am Euro-Rettungsschirm beteiligen zu müssen. Ich denke daher, dass wir ungeachtet der jetzigen Wirren innerhalb der Eurozone uns überlegen sollten, dass wir irgendwann einmal den Euro einführen.“

Illustrationsfoto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
Dem hält der Eurokritiker Skopeček entgegen:

„Es muss gesagt werden, dass sich die Eurozone seit dem Zeitpunkt unseres Beitritts verändert hat. Ursprünglich sollten sich die Mitgliedsstaaten nicht gegenseitig fiskalisch unterstützen dürfen. Das ist aber jetzt gerade eingetreten. Ich denke, dass statt zu überlegen, zu welchem Zeitpunkt man den Euro einführen könnte, darüber nachgedacht werden sollte, wie sich eine Mehrheit organisieren ließe, um eine Ausnahmeregelung vom Euro zu erhalten, so wie sie andere Ländern, zum Beispiel die Briten erreichen konnten.“



Foto: Marcin Jochimczyk,  Stock.xchng
Gerade die aktuellen Schwierigkeiten einiger Euro-Mitgliedsländer hätten gezeigt, so Skopeček, dass die nationalen Regierungen in Krisenzeiten praktisch machtlos sind, weil sie zum Beispiel nicht mit einer Abwertung ihrer nationalen Währung gegensteuern können. Hören Sie dazu abschließend noch einmal den Leiter des europakritischen Think-Tanks „Zentrum für Wirtschaft und Politik“ Jan Skopeček:

„Beim Verlust der Währungspolitik gibt es dann nur noch ein Steuerungsinstrument und zwar die Haushaltspolitik. Diese muss allerdings sehr präzise durchgeführt werden. Und wir alle wissen, wie es gerade um diese Frage nicht nur in Tschechien, sondern generell in der Eurozone bestellt ist.“