Die tschechischen Staatssymbole

Der heutige 28. Oktober ist tschechischer Staatsfeiertag. Mit diesem Tag verbindet sich die Geschichte des Landes, mit der auch sehr eng die Staatsymbole verbunden werden. Unser heutiger Gast behauptet sogar, dass die Staatssymbole im Kleinen die Geschichte des Landes widerspiegeln. Aber ich gebe jetzt Dagmar Keberlova das Wort, die Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, ihren heutigen Gast selbst vorstellen wird.

An diesem besonderen Tag hat unsere Einladung Pavel Sedlacek, Historiker des Staatsarchiv in Prag entgegengenommen. Historiker Sedlacek hatte anlässlich des Staatsfeiertages eine gute Idee gehabt, und zwar eine Ausstellung über die tschechische Staatsymbole zu organisieren. Wenn Sie das Wort Staatsymbole hören, was fällt Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, ein? Was sind eigentlich genau diese Staatssymbole? Das war meine erste Frage an Pavel Sedlacek:

"Die Ausstellung sollte den Besuchern die Entwicklung der tschechischen Staatsymbolik näher bringen, die durch die Verfassung in Form von fünf Kategorien definiert ist. Es sind dies Wappen, Farben, Flaggen, Siegel und die Staatshymne. Bis ins 20. Jahrhundert handelte es sich immer um die Symbolik des jeweiligen Herrschers. Aber in der Praxis hat diese Symbolik die gleiche Rolle erfüllt wie es die heutige, durch die Verfassung festgelegte, tut. Während heute gilt, dass das bekannteste und am meisten verbreitete Staatsymbol die Staatflagge ist, erfüllten diese Rolle in der Vergangenheit, seit dem 12. Jahrhundert, die heraldischen Zeichen. Deshalb spezialisieren wir uns auf diese Zeit."

CSFR
Die Ausstellung ist chronologisch gegliedert, und nicht nur daran zeigt sich, was Pavel Sedlacek gleich zu Beginn des Gesprächs erwähnte, nämlich dass die Staatsymbole im Kleinen die Geschichte des Landes widerspiegeln. Der erste Teil geht bis zum Jahr 1490, wo für lange Zeit die Personalunion mit Ungarn entstanden ist, was sich auch an der Gestaltung der Symbolik widerspiegelte. Der zweite Teil ist aus historischer Perspektive wichtig, weil im Jahre 1752 eine gemeinsame Symbolik mit der habsburgischen Monarchie eingeführt wurde. In die Ausstellung wurde auch die Zeit zwischen den Jahren 1752 bis 1918 aufgenommen, in der es fast ausschließlich Symbole der Herrscher der habsburgischen Monarchie gab. Dies wird damit begründet, dass die österreichischen Herrscher nie den Titel tschechischer König aufgegeben haben. Weiter widmet sich ein Teil der demokratischen Tschechoslowakei von 1918 bis 1938, es werden auch schwierigere Etappen der tschechischen Geschichte erwähnt, also die Zeit des Protektorats (1939 - 1945) und die Zeit der kommunistischen Herrschaft 1948 bis 1989. Auch die Streitigkeiten während der Zeit der Tschechoslowakischen Föderativen Republik werden erwähnt, die Pavel Sedlacek zufolge die Spaltung der Republik in zwei selbständige Staaten vorweggenommen haben. Zum Schluss kann man sich mit den aktuellen Staatsymbolen bekannt machen. Bei jeder Ausstellung gibt es immer Spitzenexponate, und auch hier fehlen sie nicht. Was ist nach Ansicht des Autors das Interessanteste an der Ausstellung? Pavel Sedlacek holt weit in die Geschichte aus:

"Es ist das Siegel aus dem Jahre 1192 des damaligen Herrschers Premysl Otokar I., der zu der Zeit nur den Titel des Fürsten trug. Auf dem Siegel ist der Herrscher als Reiter abgebildet, der einen Schild mit einem Adler hält. Der Schild ist noch normannisch, und es gab ihn nur im 12. Jahrhundert. Es handelt sich zweifellos um das älteste heraldische Zeichen auf tschechischem Gebiet."

Aber einen direkten Zusammenhang mit der aktuellen Staatssymbolik hat dieses Exponat nicht, erklärte mir Pavel Sedlacek weiter. Erst im 13. Jahrhundert kam es zu einer grundlegenden Änderung der Heraldik, als der silberne Löwe auf rotem Untergrund zum Symbol wurde, der auch heute noch die Basis des tschechischen Staatswappens bildet. Anhand der Staatssymbolik könne man sehr gut verfolgen, wie jeweils die eine oder andere Macht versuchte, ihre Herrschaft auch in der Anpassung der Symbole zu unterstreichen. Eine der Zeitepochen, an denen man dies am besten hat verfolgen könne, sei gerade die Zeit der kommunistischen Herrschaft. Pavel Sedlacek hat das Wort:

"Die Symbolik hat sich im Jahre 1948, also nach der kommunistischen Machtübernahme, noch nicht sofort geändert. Die Regierung hatte damals erstens andere Sorgen, zweitens wollte sie den Eindruck einer gewissen Kontinuität mit den vergangenen Jahren erwecken. Erst im Jahre 1952 wurden dann im Großen Staatssymbole verbreitet, die durch die kommunistische Ideologie beeinflusst waren. Mit einer Ausnahme - schon kurz nach der kommunistischen Machtübernahme gab es eine Anordnung, dass an bestimmten Tagen neben der tschechoslowakischen Flagge auch die sowjetische gehisst werden solle. Das hat die Menschen bestimmt an die Zeit des Protektorats erinnert, weil damals gemeinsam mit der tschechischen Protektoratsflagge auch die Reichsflagge gehisst werden musste. Nur mit dem Unterschied, dass die sowjetische erst nach der tschechoslowakischen gehisst wurde, wobei es im Protektorat umgekehrt war, die Reichsflagge hing an erster Stelle."

Seit 1952 wurde statt dem bisher gültigen Staatswappen ein anderes durchgesetzt, in dem der Löwe in dem fünfeckigen roten Stern eingesperrt wurde, erzählt Pavel Sedlacek weiter. Eine spezifische Symbolik hat dann die Tschechoslowakei im Jahre 1960 eingeführt, als der Staat zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik erklärt wurde. Es entstand ein einheitliches Staatszeichen, das im Vergleich mit den anderen sozialistischen Ländern nicht zu den schlimmsten gehörte, sagt der Historiker Sedlacek weiter, aber es wurde darin eindeutig die führende Rolle der Kommunistischen Partei unterstrichen, und zwar dadurch, dass der traditionelle Löwe seine Krone verloren hatte. Dieses Symbol war auch den Slowaken gegenüber sehr gefühllos, weil ihr patriarchalisches Kreuz durch ein anderes Zeichen ersetzt wurde. Sedlacek ist der Ansicht, dass das Kreuz unter anderem deshalb ausradiert wurde, weil es die für die Kommunisten nicht akzeptable Kirche symbolisierte. Viele Veränderungen haben die tschechischen Staatssymbole durchgemacht. Abschließend habe ich Pavel Sedlacek nach den für Sie, liebe Hörerinnen und Hörer im Ausland bekanntesten Symbolen gefragt, also der tschechischen Staatsflagge und nach der Flagge des Präsidenten:

"Die aktuelle tschechische Staatsflagge entstand im Jahre 1920 als die tschechoslowakische Flagge. Es verbindet sich mit ihr der Kampf im Zweiten Weltkrieg um die Befreiung der Tschechoslowakei und die Wiederherstellung der Demokratie. Und die Menschen haben sie immer als ihre eigene verstanden, was am besten beim antikommunistischen Widerstand im Jahre 1989 deutlich wurde. Die Flagge des Präsidenten vereint die meisten Symbole der tschechischen Staatlichkeit in sich. Sie hat einen Rand in den offiziellen staatlichen Farben, ein großes Staatswappen, Lindenblätter, die in der tschechischen Staatssymbolik schon seit dem Mittelalter vertreten waren. Es steht auf ihr die inoffizielle Losung des Staates "Die Wahrheit siegt". Diese Losung weckt immer großes Interesse bei den Ausländern."

Und damit sind wir auch schon am Ende des Gesprächs mit Historiker Sedlacek über die Staatsymbole, dass wir anlässlich des Staatsfeiertages der Tschechischen Republik geführt haben. Vom Mikrofon verabschiedet sich Dagmar Keberlova.