Die Zukunft der Sazka-Arena und die anstehenden Europawahlen
Auch diesen Freitag werfen wir für Sie in unserer Senderreihe "Im Spiegel der Medien" einen Blick auf einige Ereignisse der Woche, die die Kommentarseiten der tschechischen Zeitungen beschäftigten. Dieses Mal von und mit Robert Schuster.
Die Führung des Lotterieunternehmens wusste diese oder ähnliche Einwände stets vom Tisch zu wischen und verkündete selbstbewusst, man müsse sich auch nach der Eishockey-WM keine Sorgen um leere Kapazitäten machen. In den vergangenen Tagen wurde allerdings offenbar, dass bisher kein vergleichbares Großereignis, das der Arena wieder volles Haus bescheren könnte, in Sicht ist.
Auch einige Kommentatoren stellten sich in diesen Tagen die Frage, ob eigentlich nicht die Gefahr besteht, dass es Prag künftig ein neues, neun Milliarden Kronen teures Denkmal geben wird, dass an die diesjährige Eishockey-WM erinnert.
In der Tageszeitung Lidove noviny war zu diesem Thema bei Tomas Skrivanek zu lesen:
"Es passiert nicht alle Tage, dass man einen Katzenjammer fast in direkter Übertragung in den Medien verfolgen kann. Nur ein paar Tage sind vergangen, seitdem die Eishockeyspieler den neuen Sporttempel im Prager Stadtteil Vysocany verlassen, haben und alles scheint ganz anders zu sein. Bis Ende vergangener Woche wurden wir täglich mit Meldungen über das Können der Erbauer der Sportarena überhäuft. Nun, nach dem Ende des Eishockey-Rausches, erscheint aber Vieles klarer. Nicht nur, dass auf einmal bekannt wurde, dass der Bau nicht sechs, sondern ganze neun Milliarden Kronen kostete. Weitaus schwerer wiegt nämlich, dass die Betreiber der Sporthalle außer der Weltmeisterschaft und einem Rockkonzert keine anderen Veranstaltungen anlocken konnten und es diesbezüglich nur bei leeren Versprechungen geblieben ist."
Skrivaneks Kollege Ivan Hanousek erinnerte in einer Glosse in der Tageszeitung Mlada fronta Dnes an das Schicksal eines anderen Glas- und Beton-Monuments aus der jüngsten Vergangenheit, nämlich an den einstigen Prager Kulturpalast. Dort fanden zwar vor 1989 die Parteitage der Komministischen Partei statt, nach dem politischen Umbruch verfiel aber das Gebäude allmählich. Erst im Vorfeld der Sitzung des Internationalen Währungsfonds in Prag vom Herbst 2000 wurde der ehemalige Kulturpalast kostspielig renoviert.
"Das majestätische Gebäude der Sazka-Arena verwandelte sich während der Eishockey-Premiere in einen nationalen Tempel, wohin ganze Delegationen mit ihren Kränzen pilgern konnten. Wenn sich einmal herausstellen wird, um wie viel den Sportverbänden wegen dieser Halle die Mittel gekürzt werden mussten, und wenn dann öffentliche Sammelaktionen zur Rettung der verfallenden gigantischen Halle ausgerufen werden, dann wird sich vielleicht jemand an den kommunistischen Kulturpalast erinnert fühlen, und wird dann auch für die Erhaltung der Sazka-Arena öffentliche Mittel einfordern. Die traurige Geschichte von übertriebenen Ambitionen, die jetzt gerade beginnt, werden dann im Namen der tschechischen Bürger andere finanzieren."
Themenwechsel im heutigen Medienspiegel. In fast genau einem Monat werden in Tschechien die ersten Europawahlen stattfinden. Im Mittelpunkt der Überlegungen vieler Journalisten und Politikwissenschaftler steht in diesen Tagen insbesondere das weitere Schicksal der tschechischen Mitte-Links-Regierung von Premier Vladimir Spidla. Soll man den regelmäßig veröffentlichten Meinungsumfragen Glauben schenken, droht dabei nicht nur Spidlas Sozialdemokraten, sondern vor allem der kleinsten Regierungspartei, der liberalen Freiheitsunion eine sichere Niederlage.
Einige einflussreiche Politiker der Freiheitsunion haben bereits für den Fall, ihre Partei würde den Einzug ins Europaparlament verpassen, einen Rückzug der Liberalen aus der Regierung angekündigt.
Nicht nur über die konkreten Aussichten der liberalen Freiheitsunion, sondern generell über den oft bemängelten Stillstand in der gegenwärtigen tschechischen Politik machte sich Karel Steigerwald in der Mlada fronta Dnes Gedanken:
"Die tschechische Politik gleicht einer schwarzen Kiste. Egal, was man hineingibt, man weiß nie, was dabei letztlich herauskommt. Es gibt nur eine Sicherheit, nämlich, dass sich in der Kiste zwei unsichtbare Kater gegenseitig beißen. Ob in diesem Wirrwarr die Freiheitsunion drinnen sein wird, oder nicht, ist nur für die Freiheitsunion wichtig. Die Regierung wird es auch ohne diese Partei geben, die Partei ohne die Regierung jedoch nicht mehr. Das schlimmste ist, wenn sich die politische Klasse eines Landes vor Veränderungen fürchtet. Nichts ändern zu wollen und vor einer möglichen Rückkehr der Kommunisten an die Macht zu warnen bedeutet ihnen gleich Tür und Tor zu öffnen. Dort, wo sich nichts bewegt, beginnt es zu faulen, und dort wo es fault, gedeihen die Kommunisten."
Die Ansicht, dass der Ausgang der tschechischen Europawahlen keine tiefen Veränderungen nach sich ziehen wird, vertritt Steigerwalds Kollege Pavel Tomasek von der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny. Er glaubt dabei, dass sich durch das Wahlresultat höchstens bereits bestehende Tendenzen bestätigen werden, wie er im Folgenden erläutert:
"Ich meine, dass die Wahlen eher einige innerparteiliche Prozesse beschleunigen werden, die bereist im Gange sind. Wenn also heute schon eine Partei starke Zerfallserscheinungen aufweist, kann ihr ein schlechtes Wahlergebnis den entschiedenen Stoß versetzen. Ich glaube aber nicht, dass auf Grund des Ausgangs der Europawahlen die Regierung zurücktreten wird, was aber nicht heißt, dass es zu keinen Veränderungen innerhalb der Regierung kommen kann, denn vor allem für die Freiheitsunion als kleinste Koalitionspartei kann nach den Wahlen die Stunde schlagen, und deren Führung könnte sich für einen Austritt aus der Regierung entscheiden. Also größere oder kleinere Veränderungen in der Regierung sind möglich, aber deren geschlossener Rücktritt eher unwahrscheinlich."
Eine weitere Frage, die gegenwärtig stark diskutiert wird, ist die Wahlbeteiligung, bzw. deren mögliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis. Könnte gegebenenfalls eine geringere Bereitschaft der Wähler zu den Urnen zu gehen kleinere Parteien mit markanten Spitzenkandidaten, wie etwa dem ehemaligen Chef des größten tschechischen Privatfernsehens TV Nova - Vladimir Zelezny - entgegenkommen? Hören Sie dazu abschließend noch einmal Pavel Tomasek von der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny:
"Ich denke, dass hier jede Prognose äußerst schwer ist vor allem was die Beteiligung angeht. Ich persönlich erwarte, dass zwischen 30 bis 40 Prozent der Wahlberechtigten wählen werden. Ein weiteres Problem ist, dass man nur sehr schwer sagen kann, welche Wähler tatsächlich kommen werden. Die loyalsten Wähler haben traditionell die Kommunisten, es kann aber gut möglich sein, dass gerade diese, eher Europa kritischen Wähler, diesmal zu Hause bleiben. Parteien, die gegenwärtig nicht im Parlament vertreten sind könnten vom Zustrom der Protestwähler profitieren. Ein möglicher Erfolg Zeleznys wird davon abhängen, wie viele treue Zuschauer seines ehemaligen Senders er überzeugen wird, wählen zu gehen. Allgemein würde ich aber meinen, dass gerade ihm eine geringe Wahlbeteiligung entgegenkommen könnte."