Drei Luftballons aus Pardubice landen in Pulkau – der Weg einer Annäherung

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Kinder lieben Luftballons. Manchmal passen sie aber nicht auf – und der Ballon fliegt weg. Wenn er mit Helium gefüllt ist und die Flugbedingungen gut sind, dann kann der Ballon sogar recht weit fliegen – beispielsweise in ein anderes Land. So passierte es auch mit drei Luftballons aus der ostböhmischen Stadt Pardubice. Sie flogen bis in die österreichische Stadt Pulkau. Was sich daraus ergeben hat, das hat unser Mitarbeiter Martin Karlík festgestellt. Mit dem Mikrophon ist er dem Weg der drei roten Ballons gefolgt. Sie hören eine weitere Ausgabe unserer Sendereihe Panorama.cz.

Pulkau liegt im nördlichen Weinviertel in Niederösterreich und hat rund 1500 Einwohner. In einem solchen Städtchen ist auch die Einweihung eines renovierten Kindergartens ein großes Ereignis. Und die Einweihung des Kindergartens, die hier am 16. Mai stattfand, war wirklich außerordentlich. Am Ende der Feier ließen die Kinder Luftballons steigen. Und sie hofften dabei, dass es diesen so ergeht wie drei Ballons aus Tschechien. Den Zusammenhang erklärte Kindergartenleiterin Johanna Gruber den Anwesenden mit folgenden Worten:

„Luftballons steigen zu lassen vor allem mit ihnen beigefügten Wünschen und Grüßen verbindet sich automatisch mit dem Wunsch, ein Anderer möge gerade diesen Luftballon finden. Weit, weit weg von dem Ort, wo er aufgestiegen ist. Nun gerade das ist einem unserer Kindergartenkinder passiert. Julian hat im Weinberg einen roten Luftballon aufgefunden mit einer kleinen Botschaft. Und so ging nicht nur ein Traum in Erfüllung, einen Ballon mit einer Botschaft zu finden, aber auch Wunsch desjenigen, der ihn steigen lassen hat. Julian hat also diesen Luftballon gefunden. Und jetzt fragen Sie sich wohl, von wem dieser Luftballon kam. Der Luftballon ist weit weg durch die Lüfte gereist und hat dabei auch wirkliche Grenze überwunden. Der Luftballon kam aus der Stadt Pardubice in Tschechien.“

Der Luftballon aus Tschechien musste ungefähr 150 Kilometer durch den Himmel reisen, um nach Pulkau im Bezirk Hollabrunn zu kommen. Eigentlich meisterten sogar drei Luftballons diese lange Reise, aber einer wurde von einem kleinen Besucher des örtlichen Kindergartens gefunden. Gestartet waren die Ballons am 1. Januar vom Platz Pernštýnské náměstí in Pardubice. Dort ist es bereits Tradition, Luftballons steigen zu lassen, sagt die Direktorin des Kulturzentrums in Pardubice, Romana Vojířová.

„Wir lassen jedes Jahr Luftballons steigen. Normalerweise geschieht das zu Beginn des Festivals ´Spiegel der Kunst´ im Juni. Dieses Jahr haben wir aber auch am 1. Januar Luftballons auf den Weg geschickt, vor etwa acht, neun oder zehn Jahren haben wir dies schon einmal gemacht. Es hat sich aber bis zu diesem Jahr nicht wiederholt.“

Luftballons sind auch auf den Werbematerialien des Kulturzentrums von Pardubice zu sehen. Romana Vojířová gesteht, dass sie Ballons liebt und dass sie ab und zu mit ihren Kollegen deswegen streitet, denn die meinen, dass sie - Vojířová - es mit den Luftballons übertreibt. Doch die nächsten Ballons werden schon in einer Woche, am Montag den 15. Juni, in die Luft steigen. Da beginnt das Festival „Spiegel der Kunst“.

„Es sind Ballons, an die ein kleiner Spiegel aus Alufolie angebunden ist. Und weil es Juni ist und die Sonne scheint, sind die Ballons bunt“, so Vojířová.

Am 1. Januar wurden hingegen lauter gleichfarbige, nämlich rote Luftballons losgelassen. Jedem Ballon war ein Kärtchen angehängt, auf dem geschrieben stand, dass er aus Pardubice kommt. Niemand in der ostböhmischen Stadt dachte jedoch, dass ein Ballon bis nach Österreich fliegen könnte, und so war die Mitteilung auf den angehängten Kärtchen rein tschechisch. Julian fand Anfang des Jahres genau solch einen Ballon in einem Weinberg in Pulkau. Aber nicht nur das: Wegen des ungewöhnlichen Fundes kam der fünfjährige Junge auch zu seinem ersten Radio-Interview – und zwar für uns, für die deutschen Sendungen des Tschechischen Rundfunks, auch wenn er ein wenig mit seiner Schüchternheit kämpfen musste:

Wo hast du den Ballon eigentlich gefunden?

„Im Weingarten.“

Und wie kam es dazu? Hast du ihn auf dem Boden liegen sehen?

„Am Boden.“

Und was stand auf der Karte, die dort auch lag? Wusstest du, dass es Tschechisch war?

„Ja.“

Markéta Kotvová mit den Kindern
Kein Wunder, dass Julian wusste, in welcher Sprache die Karte geschrieben war. Er lernt schließlich bereits Tschechisch – und zwar aufgrund eines europäischen Projektes. Bei diesem sollen Kinder bereits im Kindergarten mit Sprachen vertraut gemacht werden. Julians Lehrerin heißt Markéta Kotvová, kommt aus Tschechien und lebt in Österreich. Sie war ursprünglich Schauspielerin am Nationaltheater in Prag:

„Ziel ist, nicht im Kindergarten Tschechisch sprechen zu lernen, aber dass sich die Kinder mit der Melodie der Sprache bekannt machen. Wenn sie dann mit den Eltern über die Grenze fahren, kommt es ihnen dort nicht so fremd vor. Sie denken vielleicht: Aha, Markéta spricht auch so“, sagt Julians Tschechischlehrerin.

Und wer nimmt an den Kursen teil? Kindergartenleiterin Johanna Gruber:

Die Lehrerin Markéta Kotvová
„Es nimmt teil, wer will. Es geht ja um lustvolles Lernen. Die Kinder wollen aber immer alle mitmachen. Wenn Markéta kommt und sich hinsetzt, dann setzen sich auch die Kleinsten hin. Und keiner sagt: ´Ich will nicht.´ Denn Markéta macht das gut, spielerisch und lustig. Und sie geht auch in die Gruppe der Unter-Dreijährigen und sagt ´Hallo´ und ´Ahoj´ und sagt ´Kočka´ und nicht ´Katze´.“

Johanna Gruber selbst jedoch hat sich mit dem Tschechischen noch nicht so sehr angefreundet:

„Ich bin nicht so begabt“, sagt sie, „leider. Ich erinnere mich an viele Wörter, wenn wir Memory spielen. Aber zu reden traue ich mich nicht, denn ich denke immer, dass ich es dann falsch sage.“


Was geschieht aber nun mit dem neuen Kontakten zwischen Tschechien und Österreich, der durch den weiten Ballonflug entstanden ist? Leider derzeit nicht so viel. Das Kulturzentrum in Pardubice hat zwar Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Österreichern. Da aber die Direktorin sich vielen anderen Projekten widmet, gibt es zurzeit keine gemeinsamen Pläne. Erst wenn es die Zeit erlaubt, will Romana Vojířová Pulkau besuchen. Und auch dann wird man erst sehen, was daraus entstehen könnte. In Pulkau wiederum hat man sich wenigstens von Pardubice inspirieren lassen – und hat auch erstmals Luftballons auf ihren Weg geschickt.