Durch Städtepartnerschaft inspiriert: Hörspaziergang durch die Brünner Straße in Leipzig

Die Brünner Straße in Leipzig ist eine eher unauffällige Verbindungsader. Bei einem Hörspaziergang durch die Straße können die Teilnehmer nun mehr über die Gegend erfahren. Martina Schneibergová hat über das deutsch-tschechische Projekt mit Ferdinand Hauser gesprochen.

Ferdinand, du bist einer der Initiatoren eines besonderen Spaziergangs durch die Brünner Straße in Leipzig. Wie ist die Idee entstanden? Und wo befindet sich diese Straße?

Brünner Straße in Leipzig | Foto: Ferdinand Hauser,  Radio Prague International

„Die Idee ist im letzten Jahr entstanden, als ich einen Beitrag für Radio Prag International über die Städtepartnerschaft zwischen Leipzig und Brünn gemacht habe, die da gerade 50 Jahre feierte. Für den Beitrag war ich eben auch mit meiner Kollegin Susa Wolfrum in der Brünner Straße in Leipzig unterwegs, weil ich das interessant fand, dort einmal hinzuschauen, und weil dort auch Bäume für die Städtepartnerschaft gepflanzt wurden. Die Brünner Straße befindet sich im Stadtteil Grünau, einem Plattenbauviertel aus den 1970er Jahren. Auf den ersten Blick erscheint sie gar nicht spannend: Es fahren dort viele Autos lang, es gibt vier Fahrsteifen. Zunächst kann man meinen, dass es dort gar nicht so viel zu sehen gibt.“

Wer lebt dort überhaupt?

„Tatsächlich im Grunde genommen niemand, denn vermutlich hat keine Person die Wohnanschrift Brünner Straße. Es gibt dort nur einige Firmen, eine Tankstelle und den Gewerbepark. Im Viertel Grünau wohnen aber natürlich sehr viele Menschen. Der Stadtteil hat auch eine bewegte Geschichte, es wurden viele Häuser abgerissen und nun teils wieder neue gebaut. Darauf gehen wir auch ein.“

Und wie ist dieser Hörspaziergang entstanden? Habt ihr mit den Bewohnern vor Ort gesprochen?

Brünner Straße in Leipzig | Foto: Ferdinand Hauser,  Radio Prague International

„Susa und ich haben viele Menschen einfach auf der Straße angesprochen und Interviews geführt. Wir haben aber auch gezielte Gespräche geführt, etwa mit Akteuren vom Städtepartnerschaftsverein Leipzig-Brno. Zudem haben wir etwa jemanden gefunden, der in der Brünner Straße in Leipzig einen Kleingarten hat und früher in Brünn gelebt hat. Es gibt also viele spannende Geschichten, und zahlreiche Menschen haben uns auch berichtet, wie das Umfeld der Straße früher war und wie es sich verändert hat.“

Wissen die Leute, die ihr interviewt habt, wo Brno liegt – oder vielleicht sogar etwas mehr über die Stadt?

„Einige wussten schon, wo Brünn liegt. Manche waren auch schon da, aber das war eher die Ausnahme. Wir haben auch eine Person gefunden, die ein riesiger Tschechien-Fan ist. Er wohnt in einer Seitenstraße der Brünner Straße, trinkt gern Kofola und fährt jedes freie Wochenende nach Tschechien. Mit ihm haben wir auch gesprochen, weil wir es so schön fanden, dass er sich dafür interessiert und diese Straße direkt vor der Tür hat.“

In Brünn gibt es auch eine Leipziger Straße, auf Tschechisch heißt sie Lipská. Warum habt ihr nichts über diese Straße gemacht?

„Eigentlich haben wir uns dem auch gewidmet. Denn wir sind nach Brünn gefahren und haben in der Lipská recherchiert und die Menschen zum Beispiel gefragt, ob sie Leipzig kennen. Es gibt viele historische Bindungen, denn vor der Wende sind viele mit ihrem Arbeitgeber von Leipzig nach Brünn in den Urlaub gefahren und andersherum, es gab also entsprechende Austausche. Davon haben uns viele der Anwohner berichtet. Und all diese Eindrücke aus der Lipská haben wir in den Hörspaziergang in der Brünner Straße eingebunden. Wir berichten etwa auch über das Einkaufszentrum Lipsko in Brünn. Einen Hörspaziergang durch die Lipská wollten wir aber eher nicht machen, weil diese Straße sehr klein ist und direkt vor den Häusern verläuft. Es wäre womöglich komisch, in einer Gruppe von 20 Leuten mit Kopfhörern unmittelbar vor den Haustüren der Anwohner herumzulaufen. Das ist in der Brünner Straße besser machbar.“

Brünner Straße in Leipzig | Foto: Ferdinand Hauser,  Radio Prague International

Die Lipská befindet sich im Viertel Žabovřesky, oder?

„Genau. Es gibt dort wirklich nur eine Handvoll Häuser, die sich an einem Hang befinden. Im Rahmen unserer Recherche haben wir vielleicht mit einem Viertel der Anwohner gesprochen.“

Wann finden eigentlich diese Hörspaziergänge in Leipzig statt? Wie ist das Interesse bisher?

„Die Premiere findet am morgigen Samstag statt und ist schon ausverkauft. Weitere Termine sind dann noch am 8., 14. und 15. September. Wenn man an den Wochenenden keine Zeit hat, kann man sich den Hörspaziergang aber auch selber anhören – mit dem eigenen Telefon und eigenen Kopfhörern. Denn er wird anschließend auf eine spezielle Plattform hochgeladen.“

Denkt ihr darüber nach, weitere Termine anzubieten, wenn das Interesse groß ist?

„In der jetzigen Form sind wir uns da noch nicht sicher, das Projekt ist aber in jedem Fall so angelegt, dass man den Hörspaziergang jederzeit wiederholen kann – etwa wenn Reisegruppen aus Brünn nach Leipzig kommen und sich für die Städtepartnerschaft interessieren, oder wenn es Schüleraustausche gibt.“

Die Premiere des Hörspaziergangs in Leipzig findet am Samstag statt. Reprisen werden am 8., 14. und 15. September 2024 jeweils um 16:00 durchgeführt. Treffpunkt ist die Straßenbahnhaltestelle Herrmann-Meyer-Straße. Tickets sind über tixforgigs.com erhältlich. Es gibt ein solidarisches Preissystem, der Eintritt beträgt zwischen 2 und 16 Euro.

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