Drei völlig verschiedene Sprachen - eine Person: Kristina Vaclavu erklärt Prag auf Dänisch und gibt Unterricht in Deutsch

Dänisch, Deutsch, Tschechisch. Diese Sprachen würde Kristina Vaclavu in einer Bewerbung als fließend angeben können. Eine sehr ungewöhnliche Auswahl. Doch die 28 jährige Pragerin ist froh Dänisch und Deutsch studiert zu haben. Zum einen weil es sie nach Köln und Kopenhagen führte, zum anderen weil sie dadurch seit dem Ende des Studiums gutes Geld verdient: Als Fremdenführerin und Dolmetscherin für Dänen, und als Sprachlehrerin für deutsche Studenten in Prag. Christoph Ullrich ist ihr im Rahmen unserer Reihe Tschechien in Europa, Europa in Tschechien, begegnet.

Erste Kontakte mit der deutschen Sprache hatte Kristina nicht erst in der Schule. Denn bereits bevor sie laufen konnte, hatte sie schon beste Vorrausetzungen einmal die Deutsche Sprache so gut zu können wie ihre Muttersprache Tschechisch. Denn begonnen hatte alles mit der Heirat ihrer Tante und einem Deutschen.

"Das hat damit angefangen, dass meine Tante, also die Schwester meiner Mutter, einen Deutschen geheiratet hat, und mein Cousin wurde zwei Jahre vor mir geboren, und da meine Mutter Lehrerin ist, wodurch Sie im Sommer immer 2 Monate Urlaub hatte, sind wir halt oft nach Deutschland gefahren und mein Cousin und ich sozusagen gemeinsam aufgewachsen. Und da das in der Zeit war wo ich überhaupt erst mal Tschechisch gelernt habe, hab ich so manches eher auf Deutsch gelernt, zum Beispiel die Zahlen eher als auf Tschechisch. Womit ich dann aber zu kämpfen habe, weil mein tschechisch nicht so urtschechisch schön klingt, wie von allen anderen."

Ein Weg den sie auch in den späteren Jahren bestritt. Nach der Matura, wo sich ihr Deutsch immer mehr verfeinert hatte, konnte sie fließend Deutsch sprechen. Da Kristina sich, wie viele in ihrer Situation, für ein Studium entschloss, war es nach kurzem Überlegen klar auf welches Fach die Wahl fallen würde: Germanistik.

Sprachstudenten
"Also das Deutsche hab ich dann weiter gemacht, weil ich ja leider nicht sehr begabt bin in Ökonomie oder BWL, was ja sehr angesagt war, als ich damals angefangen habe zu studieren, und ich kann nicht mal Blut sehen, deswegen konnte ich auch nicht Medizin lernen, und ich kann mir auch keine Zahlen merken und ich musste halt irgend etwas finden, und das einzige was ich konnte war Deutsch, deswegen hab ich mich entschlossen Deutsch zu studieren."

Doch die Wahl eines obligatorischen Nebenfaches entpuppte sich als nicht so einfach. Denn eine der Studienanforderungen war es, ein zweites Fach gleichwertig zur Germanistik zu studieren. Und da das vorhandene Angebot nicht ihren Interessen entsprach, trieb es sie aus Mangel an Alternativen direkt in die Arme einer anderen Sprache, die als Studiengebiet eher selten gewählt wird, Nämlich dem Dänischen.

"Um in das Deutsche Studium herein zu kommen, musste man damals eine Kombination wählen, und diese Kombination war fest, die wurde jedes Jahr neu ausgeschrieben, und als ich angefangen habe, war da nur zur Auswahl Deutsch mit Englisch, was sehr problematisch war, denn nach nur vier Jahren Englisch am Gymnasium konnte man nicht aufgenommen werden, und dann waren da Archivstudien und Musikwissenschaft, und ich kann leider überhaupt nicht singen, also ich musste etwas nehmen, was keiner haben wollte. Und das war Dänisch. Und da hatte ich damals so für den Anfang den größten Fehler gemacht, worunter ich auch die ersten drei Jahre drunter gelitten habe, weil es für Tschechen absolut schwieriger ist Deutsch zu lernen."

Der Leidensweg sollte sich aber lohnen. Nach einem Auslandssemester in Kopenhagen fand sie gefallen am Dänischen und beendete das Studium, das anfangs so hart erschien, mit Bravour. Aufgrund dieser Abschlüsse, kann Kristina mittlerweile ihren Lebensunterhalt als Fremdenführerin und Dolmetscherin für Dänen bestreiten. So zeigt sie nun den dänischen Touristen Prag, und nicht selten auch große Teile der tschechischen Republik. Dadurch ist sie in der Reisesaison im Sommer so viel auf Tour, dass sie ihr eigenes Land inzwischen besser kennt als die meisten ihrer Landsleute. Und auch beim Aufeinandertreffen von Tschechen und Dänen in Kultur, Politik und Wirtschaft ist sie eine gern gesehene Dolmetscherin. Dass sie zusätzlich aber auch als Tschechischlehrerin für deutsche Studenten fungiert, das war eher ein Zufall.

"Das kam durch eine persönliche Verbindung zu Stande, weil ich ein paar von den Studenten kennen gelernt habe, zu dem Zeitpunkt wo sie nach Prag gekommen sind, um sich hier ein Jahr mit ihren Diplomarbeiten zu beschäftigen und sie brauchten jemanden mit dem sie ein bisschen Konversation machen konnten, und weil wir uns kannten, haben sie es mir angeboten, ob ich es nicht machen will, und ich wollte am Anfang nicht, weil ich ja kein Bohemist bin."

Und dennoch probierte sie es. Und es funktionierte, Kristina hatte Erfolg. Die Studenten aus Deutschland, die bei ihr dann Einzelunterricht hatten, sprachen nach ihren durchschnittlich einjährigen Aufenthalten, recht gut tschechisch. Viele von Ihnen lernten zu Hause sogar weiter, um nachher das Tschechische genauso beherrschen zu können, wie das Englische, was man in Deutschland bis zu neun Jahre an der Schule lernt. Also war mit den ersten Versuchen nicht gleich Schluss mit der Sprachlehrerin Kristina Vaclavu. Und so unterrichtet Sie inzwischen bereits die dritte Generation von Austauschstudenten. Das liegt aber nicht nur daran, dass sie es so gut vermitteln kann. Sie hat den Spaß am unterrichten entdeckt, und an den Vergleichen zwischen den beiden doch so unterschiedlich klingenden Sprachen. Auch öffnen sich für sie neue Möglichkeiten, mit ihrer Muttersprache umgehen zu können.

"Es ist ein sehr interessantes Thema, also Tschechisch als Fremdsprache, und es ist ein sehr junges Thema und es ist unglaublich spannend sich da selbst durchzuforsten, also die eigene Sprache von einer ganz anderen Sicht, und das was es mir am meisten bringt, ist für mich überraschender Weise, wie viel gemeinsames diese germanische Deutsche Sprache mit der slawischen Tschechischen hat, das ist wirklich verblüffend."

Bis zu vier Studenten unterrichtet sie neben ihren Dänischen Jobs in der Woche, meistens in zwei Doppelstunden. Die Intensität des Einzelunterrichtes, wofür normale Schulen in der Regel sehr viel Geld für verlangen, ist es, was den Lernerfolg auf beiden Seiten, zwischen Schüler und Lehrerin, ausmacht. Und da ihre Aufgaben im Dänischen und Deutschen ihr sehr viel Spaß bereiten, kann sie sich vorstellen erst mal weiterhin diese Berufe auszuüben Auch wenn sie freiberuflich sind und die Sicherheit einer Festanstellung nicht garantieren können. Für sie steht fest - Es ist noch nicht so schnell Schluss mit dem was sie im Moment macht. Denn Langeweile hat sie noch längst nicht, so dass sie nicht sagen kann, wann das Thema für sie ausgereizt ist. Ein zeitlich festgesetztes Ende hat sie sich demnach noch nicht gesetzt.

"Für mich noch nicht, also in beiden Sachen sehe ich mich noch am Anfang des Weges um richtig gut zu werden, und ich möchte es noch nicht verlassen, weil ich immer noch ein großes Angebot darin sehe, was ich alles lernen kann."

Und das bedeutet, dass diese Modellbürgerin Europas so schnell nicht in einem Büro verschwinden wird, und einem normalen acht Stunden Beruf ausübt. Auch weil Kristina für sich erkannt hat, dass es ihr so deutlich besser geht, und Geld sowie Sicherheit nicht alles sind. Aber wie bei jedem Menschen: man soll niemals nie sagen. Was wäre wenn sie ein interessantes Angebot bekäme. Auf die Frage ob sie dann nicht doch schwach werden würde, hat sie eine klare Antwort.

"Nee, wird ich nicht. Festanstellung, leider, bedeutet irgendwo drin eingesperrt zu sein, mindestens acht Stunden pro Tag zu sitzen und das ist nicht gut für mich, ich fühle mich durch das wechselhafte draußen und drinnen sein viel gesünder."





Folgende Hinweise bringen Ihnen noch mehr Informationen über den Integrationsprozess Tschechiens in die Europäische Union:



www.integrace.cz - Integrace - Zeitschrift für europäische Studien und den Osterweiterungsprozess der Europäischen Union

www.euroskop.cz

www.evropska-unie.cz/eng/

www.euractiv.com - EU News, Policy Positions and EU Actors online

www.auswaertiges-amt.de - Auswärtiges Amt