Duo aus Lindenholz

Spejbl und Hurvinek (Foto: www.spejbl-hurvinek.cz)
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Spejbl und Hurvinek sind seit 80 Jahren fester Bestandteil der Prager Marionettenszene. Jedes Jahr gastieren sie auch in Deutschland, wo sie eine feste Fan-Gemeinde gefunden haben. Bára Procházková wird die beiden Holzfiguren im Kultursalon vorstellen:

"Hurvinek, Du hast immer so blöde Frage gestellt. Kannst Du einmal eine Kluge stellen? - Natürlich, Vattilein. - Na also? - Wann ist das Tote Meer gestorben? Hahaha!"

Eine Frage nach der anderen... und Spejbl, der Marionettenpapa, kann sich dann seinen Holzkopf zerbrechen. Antworten zu finden, die den Sohn ohne Sitzfleisch zufrieden stellen, ist eben nicht leicht.

Spejbl und Hurvinek  (Foto: www.spejbl-hurvinek.cz)
Kurze Latzhose, abstehende Ohren und immer einen frechen Kommentar parat - es handelt sich nicht etwa um den lebhaften Jungen aus der Nachbarschaft, sondern um den hölzernen Hurvinek. Und jung ist er eigentlich auch nicht: Mit seinem Baujahr 1926 gehört er zur Generation der Großeltern. Wer meint, Puppentheater sei nur etwas für Kinder oder eine Unterhaltung aus dem letzten Jahrhundert, der irrt sich gewaltig. Die Holzfiguren aus Prag, Spejbl und Hurvinek, locken seit rund 80 Jahren das Publikum auf der ganzen Welt ins Theater. Prag ist die Heimat des Ensembles, Deutschland die Wahlheimat - denn seit 1956 gastierten sie - mit wenigen Ausnahmen - jedes Jahr in der DDR, in Westberlin und später in der Bundesrepublik. Die Theaterdirektorin Helena Stachova sagt dazu:

"Deutschland ist für uns so etwas wie zweite Heimat, weil wir so oft da sind. Wenn wir ein paar Monate nicht dort gastieren, dann bin ich schon ein bisschen unruhig. Wir haben hier unseren Fan-Kreis, also Leute, die uns sehr gut kennen, uns lieben und sich auf uns freuen. In Prag haben wir auch ein ausverkauftes Theater, aber da sind wir zu Hause. Die Leute können kommen, wann sie wollen. Wenn wir aber nach Deutschland kommen und hier gastieren, dann freuen sich die Menschen schon: Hurvinek ist da!"

Marionetten von Josef Skupa  (links: Hurvinek)
Der Konflikt der Generationen, das ewig junge Thema Liebe, aber auch politische Themen werden in den Stücken angesprochen - und alles mit Humor. Der Student Hendrik aus Süddeutschland hat das Prager Marionettentheater zum ersten Mal gesehen:

"Man findet in den Charakteren viel von sich selber wieder. Das ist eine sehr interessante Sache. Man findet viel aus dem Leben wieder. Das ist sehr gelungen dargestellt. Zum Beispiel diese Vaterfigur kennt man - wenn nicht aus der eigenen Familie, dann von den Nachbarn oder von der Straße. Es ist sehr lustig, dies im Stück zu sehen, als Satire dargestellt und wirklich sehr gut getroffen."

Die beiden Hauptrollen werden traditionell - und mittlerweile in der dritten Generation - nur von einem Sprecher gesprochen. Beide männliche Stimmen, Spejbl und Hurvinek, übernimmt Martin Klasek. Die weiblichen Stimmen, die altkluge Manicka und ihre Großmutter, Frau Katerina, spricht die Theaterdirektorin Helena Stachova. Die Marionetten werden von jeweils einem schwarz gekleideten Spieler geführt, die gesamte Vorstellung läuft in deutscher Sprache. Der tschechische Akzent gehört untrennbar zu der Vorstellung, für viele Zuschauer ist er ein Markenzeichen. Die Zuschauer bei einer Vorstellung in Hamburg waren begeistert:

"Die Vorstellung gefällt mir ganz ausgezeichnet. Das ist wirklich prima. Was sie erzählen und wie sie es erzählen, die Pointen und die Witze, die Gags kommen gut an. Die Darbietung ist wunderbar!" "Sie sind einfach witzig. Ein schlauer Sohn und der Vater, der immer auf den schlauen Sohn reinfällt. Ich mag auch den tschechischen Akzent so."

"Es ist alles recht süß gemacht und sehr schön anzuschauen."

Vater und Sohn haben bis heute in 31 Ländern und vier Kontinenten die Zuschauer zum Lachen gebracht. Theaterdirektorin Stachova, seit 1966 im Puppentheater selbst aktiv, spielt jedes Jahr besonders gerne für das deutsche Publikum.

Sowohl in Deutschland als auch in Tschechien wird stets dasselbe Programm gespielt. Der Hauptdarsteller, Martin Klasek, der seit seinem 16. Lebensjahr für das Theater arbeitet, sieht keine Unterschiede zwischen dem deutschen und tschechischen Publikum:

"Ich meine, dass das deutsche Publikum ein bisschen dem in Prag ähnlich ist. Viele Leute sind mit Spejbl und Hurvinek aufgewachsen. Der tschechische Humor ist 'sympatiko' für die Deutschen."

Spejbl wurde bereits 1920 von Josef Skupa geschnitzt, sein Sohn Hurvinek ist vom Baujahr her nur sechs Jahre jünger. Seit 1930 spielen seine Freundin Manicka und der Hund Zeryk mit. Die Großmutter Frau Katerina ist die jüngste in der Holzfamilie, sie trat 1971 das erste Mal auf die Bühne. Die erste Begegnung mit den Holzfiguren haben die Zuschauer bereits als Kinder, später gehen sie mit ihren Kindern oder Enkeln in die Vorstellung. Das Spiel "Die Reise von Hurvinek und Manicka ins Märchenland Tramtaria" gehört zum Kinderprogramm und erfreut vor allem das junge Publikum:

"Also mir gefällt die Sprache, dieser komische Akzent, den sie haben. Das ist lustig."

"Weil sie so Witze machen."

"Also ich mag den Jungen am liebsten."

"Hurvinek, weil er so witzig ist!"

"Ich fand den Jungen so witzig, weil er so komische Sachen gemacht hat. Und dann so: Hö-hööö!"

Sie sind Wanderer zwischen den Welten. Für manchen ist das Spiel der Puppen so lebensecht, dass er sie aus dem Reich der Phantasie am liebsten in die Realität holen möchte. So können die Figuren zu Begleitern im Alltag werden, die kleine und große Sorgen vergessen lassen, meint auch Stachova:

"Es ist eine Phantasiewelt, die das Puppentheater zeigt. Aus einem Erwachsenen wird auf einmal ein kleines Kind, das spielt auch eine große Rolle. Für die Kinder sind Hurvinek und Manicka lebendige Wesen, keine Puppen. In den Gedanken existiert Hurvinek wirklich, und Manicka auch. Und das finde ich herrlich. Wir bekommen viele Briefe an Hurvinek oder Manicka ins Theater, die Kinder schreiben über ihre Probleme, oder über schöne Sachen. Sie denken nicht, dass dahinter jemand steht, und das finde ich herrlich."

Auch deutsche Journalisten benutzen bei der Berichterstattung über das Holzduo aus Prag fast ausschließlich Superlative: "Kultstars aus Holz" (dpa), "traumhaftes Theater" (Hamburger Morgenpost), "ausgefeilte Bühnentechnik, Perfektion in der Führung" oder "ein wunderbares Stück" (beide in Hamburger Abendblatt). Die tschechische Filmproduktion besonders für Kinder ist in Deutschland sehr bekannt, auch Spejbl und Hurvinek stehen für ein originelles Theater, sagt eine Mutter, die mit ihren Kindern zur Vorstellung in Hamburg gekommen ist:

"Ich kenne die tschechischen Kinderproduktionen und ich finde sie qualitativ sehr hochwertig. In der heutigen Zeit ist es etwas angenehmes, etwas Kindergerechtes zu haben."

Spejbl und Hurvinek sind zu einem Kult in der deutschen Theaterwelt geworden, sie erwecken eine Nostalgiewelle. Für viele ist das Holzduo eine schöne Erinnerung an die Kindheit, heute nehmen sie ihre Kinder und Enkel in die Vorstellung mit. Den Kleinen gefallen am meisten der Witz und die verrückten Ideen von Hurvinek, Erwachsene finden sich selbst in den Stücken wieder. Die Mischung von Musik, Schauspiel, schwarzem Theater und Puppenführung spricht die Theatergäste an, die Marionetten aus Lindenholz haben in Deutschland eine eingeschworene Fangemeinde gewonnen. Das nächste Mal treten sie im Sommer bei den musikalischen Europäischen Festspielen in Passau und Umgebung auf.