Durch das Nationalmuseum für Landwirtschaft fährt der Traktor

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Ein Traktor ist eine Zugmaschine, die in erster Linie in der Landwirtschaft benutzt wird, heißt es im Lexikon. Mit der Geschichte dieser Zugmaschinen kann man sich seit der vergangenen Woche im Prager Nationalmuseum für Landwirtschaft bekannt machen. In die Pionierzeit der Traktoren führen Sie Martina Schneibergova und Benjamin Slavik im folgenden "Spaziergang durch Prag".

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Unter dem Titel "Es fährt der Traktor" wurde im Nationalmuseum für Landwirtschaft in Prag eine neue ständige Ausstellung eröffnet, die wertvolle Exponate aus der Museumssammlung der Landwirtschaftstechnik zeigt. In einem neuen Saal im Souterrain des Museumshauptgebäudes wird eine Auswahl von zwanzig Maschinen vorgestellt, die aus der Sammlung der Motortechnik stammen, die im mittelböhmischen Caslav aufbewahrt wird. Beim Betreten des Ausstellungssaals wird man durch das bunte Bild beeindruckt, das auf den ersten Blick eher an eine Kunstausstellung als eine technische Museumspräsentation erinnert. Die glänzenden historischen Maschinen, die oft in bunten Farben und meist mit recht bizarren Formen ausgeführt sind, ziehen nicht nur die Aufmerksamkeit passionierter Bewunderer alter Technik-Wunder auf sich. Sie sind auch für einen Laien einfach sehenswert, schon wegen ihres einzigartigen Designs.

Mehr über die oft seltsam aussehenden Maschinen erfuhr ich von einem Experten - dem Leiter der Museumszweigstelle in Caslav, Vladimir Michalek, der die neue ständige Ausstellung vorbereitete.

"Die ersten Traktoren tauchen am Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Zuerst handelte es sich um stabile Motore auf Fahrgestellen, die sich bewegten. Einen Durchbruch brachte der Traktor Fordson aus den USA, der eine selbst tragende Konstruktion hatte und sich schnell verbreitete. Diese Traktoren begann man 1917 herzustellen. Ein Fordson ist auch das erste Exponat unserer Ausstellung."

Eine weitere Entwicklungsreihe landwirtschaftlicher Maschinen, die zu derselben Zeit konstruiert wurden, waren die Motorpflüge. Ein Riesenexemplar, das in den Jahren 1911 bis 1925 hergestellt wurde, war der Motorpflug Excelsior. Nicht zu übersehen ist in der Ausstellung ein deutscher Traktor aus dem Jahr 1921, der Lanz-Bulldog heißt, und von der Firma Heinrich Lanz hergestellt wurde. Dieser Traktor wurde auf eine äußerst komplizierte Weise gestartet, bei der die Lötlampe benutzt und das Lenkrad abmontiert werden musste, erzählte Vladimir Michalek, während des Rundgangs durch den Ausstellungssaal. Dabei machte er mich auf einen historischen Traktor aus der tschechischen Produktion aufmerksam:

"Es gibt hier des Weiteren den Traktor Skoda HT 30. Das war der erste serienweise hergestellte Traktor bei uns. Er wurde seit 1926 in den Pilsener Skoda-Werken hergestellt. Ende der zwanziger Jahre begann auch die Firma Wichterle-Kovarik Traktore zu konstruieren. Sie wurden Wikov genannt. In der zweiten Reihe der Exponate sieht man weitere Traktoren - beispielsweise den Normag NG 25, der mit Holzgas getrieben wurde, sodass darin mit hartem Holz geheizt wurde. Dieser Traktor wurde während des Kriegs benutzt, als es an Treibstoffen mangelte."

Am Ende der Ausstellung steht ein klassischer amerikanischer Traktor der Marke Farmall. Diese Maschinen wurden im Rahmen der UNRA-Hilfe (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) nach dem Zweiten Weltkrieg auch in die Tschechoslowakei eingeführt. Wie wurden die einzelnen historischen Maschinen für die Prager Dauerausstellung ausgesucht? Vladimir Michalek dazu:

"Für die Ausstellung suchten wir Exponate aus, die auf den ersten Blick interessant aussehen. Es gibt hier auch einige einzigartige Stücke, die man nirgendwo anders sehen kann. Außerdem wollten wir mit den entsprechenden Beispielen die Entwicklung der Traktorenproduktion illustrieren, die hier auf den Begleittexten beschrieben wird. Die Ausstellung beginnt mit dem Ersten Weltkrieg und endet mit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts."

Die Mehrheit der Exponate kann man in Tschechien kaum mehr sehen. Die Sammlung der historischen landwirtschaftlichen Maschinen, die in Caslav aufbewahrt wird und aus der die in Prag ausgestellten Traktoren stammen, ist eine der drei größten Sammlungen dieser Art in Europa. Der Wert der einzelnen Stücke ist Vladimir Michalek zufolge heute nur schwierig zu beziffern. Aber auch in den Pionierzeiten der Traktorenproduktion waren die damals viel bewunderten Traktoren gar nicht billig, sagt der Experte:

Vladimir Michalek
"Am Anfang konnte sich das niemand erlauben, einen Traktor zu kaufen. Nach dem Ersten Weltkrieg hat sich die Lage ein wenig geändert. Es mangelte damals an Pferden. Und die Traktoren waren in der Lage, die Pferde zu ersetzen. Und sie mussten nicht ständig gefüttert werden wie die Tiere. Die Motorpflüge, die hier in Prag zu sehen sind waren aber immer sehr teuer. Diese konnten sich nur reiche Gutsbesitzer leisten."

Vladimir Michalek sieht kein Problem darin, die historischen Exponate in Betrieb zu setzen. In der Museumszweigstelle in Caslav werden jedes Jahr im Juni die historischen Maschinen im Betrieb vorgestellt.

Die Ausstellung ist durch ein reichhaltiges Begleitprogramm ergänzt. Für die kleinen Besucher stehen mehrere Mini-Traktoren zur Verfügung, mit denen sie durch die Ausstellung rasen können. Vorher sollen sie jedoch einen Führerschein für den Traktor erwerben, der sie dann für die Fahrt durch den Ausstellungssaal berechtigt. Die erwachsenen Besucherinnen und Besucher werden bald die Möglichkeit haben, ihre Fähigkeiten als Traktorfahrer auf einem Traktor-Simulator unter Beweis zu stellen. Schon jetzt können sie jedoch ihr Können im Bereich Traktorwesen zumindest am Computer testen. Die ganze Ausstellung ist wie eine Geschichte aufgebaut, die den Besucher durch die Entwicklung der Mechanisierung der landwirtschaftlichen Arbeit führt. Die Traktorveteranen können Sie im Hauptgebäude des Nationalmuseums für Landwirtschaft in der Kostelni-Straße Nr. 44 in Prag-Letna besichtigen.

Foto: Martina Schneibergova