Wie schmeckt Europa im Prager Landwirtschaftsmuseum?

Foto: Martina Schneibergová

Wie schmeckt Europa? Nach einer Antwort auf diese Frage können von nun an die Besucher des Prager Landwirtschaftsmuseums suchen. Die Ausstellung, die den Titel „Der Geschmack Europas“ trägt, ist das Resultat der Zusammenarbeit des Prager Museums mit Partnerinstitutionen in acht weiteren europäischen Ländern.

Foto: Martina Schneibergová
Seit 2009 trafen die Mitarbeiter von neun europäischen Museen immer wieder zusammen, um an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten. „Taste of Europe“ heißt das Projekt, und sein Resultat ist nun eine gleichnamige Ausstellung. Eröffnet wurde sie in neun europäischen Städten zum selben Zeitpunkt – am vergangenen Dienstagabend. Die Idee einer Debatte über europäische Lebensmittel in der Form einer Ausstellung stammt vom „Arbetets Museum“ – zu Deutsch Arbeitsmuseum - im schwedischen Norrköping. Die Norrköpinger haben vor einigen Jahren alle EU-Länder angesprochen und sie zum Mitmachen aufgefordert. An dem von Schweden inspirierten und von der EU geförderten Projekt beteiligt sich nun auch das Prager Nationalmuseum für Landwirtschaft. Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen, erläutert Kurator Roman Bortel:

Roman Bortel  (Foto: Martina Schneibergová)
„Der erste Teil, der in allen partizipierenden Museen gleich aussieht, ist interaktiv. Ziel ist, vor allem junge Europäer in die Diskussion über die Produktion von Lebensmitteln und verschiedene mit ihr verbundenen Aspekte einzubeziehen. Zwischen den Museen entsteht ein virtueller Kommunikationsraum, der für jeden Besucher der Ausstellung in jedem der Museen geöffnet ist. Die Texte, Fotos und Filmaufnahmen regen zum Nachdenken beispielsweise darüber an, warum eben dieses Lebensmittel gekauft werden soll, wie die Lebensmittel transportiert werden oder ob es notwendig ist, beispielsweise Fische aus weit entfernten Ländern zu importieren. Die Aufmerksamkeit der Besucher wird zudem auf das Servieren des Essens in verschiedenen Regionen gelenkt. Dabei wird an das Verschwinden oder das Überleben von Traditionen in der Ernährung erinnert.“

Foto: Martina Schneibergová
Für die Besucher sind bei der Besichtigung verschiedene Bild- und Texträtsel zu den unterschiedlichen Themen vorbereitet. Eigene Vorschläge oder Meinungen kann jeder Interessent auf der Webseite dieses EU-Projektes mit anderen austauschen oder sie in das Notizbuch eintragen, das in der Ausstellung liegt.

Im zweiten Teil der Ausstellung stellt jedes beteiligte Land ausführlicher ein Lebensmittel vor, das für das Land typisch ist. Der Kurator:

„Jedes Land suchte sich dieses typische Lebensmittel selbst aus. Das Kriterium war die Bedeutung, die dem Lebensmittel in dem Land beigemessen wird. Die Dänen entschieden sich beispielsweise für Schweinefleisch. Denn in Dänemark gibt es die höchste Zahl an Schweinen je Einwohner weltweit. Unser Museum präsentiert Bier. Denn besonders das Pilsner Urquell ist weltbekannt, und zudem handelt es sich um ein regionales Lebensmittel.“

Bienenstock  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Esten stellen in der Ausstellung die Kartoffel als ihr typisches Lebensmittel vor, die Finnen Brot, die Portugiesen Olivenöl, die Schotten Fische, die Slowenen Honig, die Schweden Milch und die Ungarn Getreide. In der Ausstellung finden sich zudem Exponate aus den Sammlungen des Landwirtschaftsmuseums. Darunter seien einige Kuriositäten, erzählt Roman Bortel:

„Interessant sind die Bienenstöcke, die hier zu sehen sind. Einer hat die Form einer Figur. Ursprünglich war es eine Barockstatue aus Holz aus dem 18. Jahrhundert. Sie stellte die heilige Agnes dar. In den 1920er Jahren wurde die Kirche, in der die Statue stand, abgerissen und das Kunstwerk wurde in einen Bienenstock verwandelt. Hinten, so zu sagen auf dem Rücken der Figur, wurde ein Bienenstock aufmontiert. Daneben steht ein anderer Bienenstock, der aus einem Stück Baum geschnitzt wurde. Auf dem Holz ist der heilige Antonius abgebildet.“

Foto: Martina Schneibergová
Die Mehrheit der Exponate stammt aus dem Landwirtschaftsmuseum. Nur die Fischerutensilien wurden vom Fischereiverband geliehen. Aus dem Ausland stammt ein einziges Exponat – eine historische Milchschleuder, die das Museum in Norrköping den Prager Kollegen zur Verfügung stellte.

Nach der Beantwortung verschiedener Quizfragen und Besichtigung des ersten Teils der Ausstellung können sich die Besucher auf einer Bank im stilisierten Biergarten ausruhen. Um den Biergarten herum rankt sich echter Hopfen, der die Präsentation des typisch tschechischen Produktes Bier ergänzt. Roman Bortel:

Foto: Martina Schneibergová
„Bier begann man in Mitteleuropa bereits in der Frühzeit zu brauen. In unsere Gegend wurde das Bierbrauen im 6. Jahrhundert von den Slawen gebracht. Damals handelte es sich aber um eine andere Sorte Bier als das heutige Pils. Dieses wurde erst viel später gebraut.“

Die Präsentation knüpft dem Kurator zufolge an eine erfolgreiche Ausstellung an, die unter dem Titel „Wo das Bier gebraut wird“ vor einigen Jahren im Prager Landwirtschaftsmuseum zu sehen war. Ausführlich werden die Bierproduktion und ihre Geschichte sowie der Weg des Hopfens vom Hopfenfeld bis in die Brauerei beschrieben. Hobbysammler können sich auf eine Auswahl an historischen Bierdeckeln als Exponate freuen.

Foto: ČTK
Die Ausstellung über den Geschmack Europas ist vorläufig bis zum 31. Juli dieses Jahres im Prager Landwirtschaftsmuseum zu sehen. Bis Juli läuft auch das gleichnamige internationale Projekt. Roman Bortel möchte dann mit seinen Kollegen aus den weiteren beteiligten Ländern die Vorschläge und Bemerkungen der Besucher aller neun Museen auswerten.

„Wenn die Erkenntnisse interessant sind, würden wir gerne nicht nur einen Bericht für die EU, sondern eventuell auch ein Buch herausgeben. Jetzt geht es uns erstmal darum, dass die Besucher der Ausstellung über die Lebensmittel sowie den zur Herstellung benötigten Energieverbrauch nachdenken: vom Getreidesamen bis zum fertigen Gericht.“

Die Ausstellung ist zweisprachig – tschechisch und englisch und ist im Nationalen Landwirtschaftsmuseum auf der Letná-Höhe in Prag zu sehen, und das täglich außer montags von 9 bis 17 Uhr. Der Eintritt in die Ausstellung ist frei. Mehr über das Projekt erfahren Sie unter www.atasteofeurope.eu.


Letná  (im Hintergrund)
Damit sind wir fast am Ende des heutigen Spaziergangs angelangt. Auf der Prager Letná-Höhe befindet sich neben dem Landwirtschaftsmuseum noch ein weiteres Museum. Dieses soll nach einem Umbau in ein paar Wochen wieder geöffnet werden. Falls Sie wissen, um welches Museum es geht, können Sie es uns schreiben. Denn so lautet die heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie eine CD gewinnen können. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechische Republik.

Die richtige Antwort auf unsere Frage aus der Dezembersendung lautet: Im Klementinum hat die Nationalbibliothek ihren Sitz. Ein Büchlein geht diesmal an Gerbrandt Liefhebber aus Langenfeld.