„…ein absolut unvernünftiger, populistischer Schritt…“ – der Atomausstieg

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Diese Woche führte den tschechischen Präsidenten Václav Klaus zu einem Arbeitsbesuch in die Hansestadt Hamburg. Dort empfing ihn die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt – Bürgermeister Olaf Scholz ist mit der Bundeskanzlerin auf USA-Reise. Der studierte Wirtschaftsfachmann Klaus eröffnete das deutsch-tschechische Wirtschaftsforum in der Handelskammer, und nutzte den Besuch, um erneut seine Thesen über ein Europa der Einzelstaaten zu vertreten. Aber es gibt auch ein neues, brandaktuelles Thema: Atomenergie.

Dorothee Stapelfeldt und Václav Klaus  (Foto: ČTK)
„Der Hamburger Hafen ist unser Hafen“, sagte der tschechische Präsident Václav Klaus auf seinem Arbeitsbesuch in der Hansestadt. Die Elbe und der Hamburger Hafen sind der tschechische Weg zum Meer. Rund 30.000 Quadratmeter hat das Land seit vielen Jahrzehnten im Hafen gepachtet. Klaus lobte die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Tschechien und Hamburg und eröffnete ebenso das deutsch-tschechische Wirtschaftsforum in der Handelskammer. Sein Leib- und Magenthema „Europäische Integration“ präsentierte der Präsident in einem Vortrag im Übersee-Club. Mit der jüngsten Entscheidung der Bundesrepublik in Sachen Atomenergie kam aber ein ganz aktuelles Thema hinzu, und es betrifft die Tschechische Republik nicht nur ideell. Bei der Bewertung des deutschen Ausstiegs aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022 nimmt Václav Klaus kein Blatt vor den Mund:



Kernkraftwerk in Neckarwestheim  (Foto: Felix Koenig,  Creative Commons 3.0)
„Ich halte das für einen absolut unvernünftigen, populistischen Schritt auf deutscher Seite. Das ist eine bestimmte politische Ratlosigkeit, die mich furchtbar ärgert.“

Erklärte der Präsident am Rande des Wirtschaftsforums gegenüber dem Tschechischen Rundfunk. Für einen Menschen wie Klaus, der Ratio als das höchste Prinzip seines Handelns betrachtet, müssen die Deutschen mit einer Entscheidung dieser Tragweite geradezu verrückt erscheinen. Acht Kernkraftwerke sollen als Konsequenz aus der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima sofort stillgelegt werden. Die übrigen folgen bis 2022.

Für Klaus bedeutet das ein „Jetzt erst recht“ in Sachen Atomenergie. Der Präsident tritt für den Ausbau des Kernkraftwerkes Temelín ein und übergab der Leiterin des Staatlichen Amtes für atomare Sicherheit, Dana Drábová, zu ihrem Geburtstag die Silberne Plakette. Es sei ihr Verdienst, so Klaus in seiner Gratulation, „dass die tschechische Öffentlichkeit eine rationale Haltung gegenüber der Kernenergie einnehme, nicht der heute so modernen Anti-Atom-Hysterie verfalle und Atomenergie als das Fundament unserer Energiesicherheit betrachte.“

Václav Klaus übergab Dana Drábová die Silberne Plakette  (Foto: ČTK)
Die Auswirkungen des deutschen Ausstiegs auf den tschechischen Energiemarkt werden unterschiedlich bewertet. Der Energiekonzern ČEZ erwartet eine Absatzsteigerung beim Stromexport und reibt sich die Hände, wie es in den Medien hieß. Premier Nečas geht in Tschechien von einer Stromverteuerung ab 2022 von bis zu 30 Prozent aus. Für Präsident Klaus wiederum ist das alles nicht vorhersehbar:

„Ich bewundere einige unserer Politiker und Wirtschaftsexperten, dass sie genau wissen, wie stark die AKW-Abschaltung in zehn Jahren die Preise in Tschechien beeinflusst. Das sind Genies. Denn das kann niemand wissen und es macht keinen Sinn, darüber zu sprechen.“