Ein „etwas anderes“ Buch: Überblick über Wahlergebnisse seit 1920

Jan Fischer (Foto: www.czso.cz)

Ein „etwas anderes“ Buch - so nennt das Tschechische Statistikamt eine Veröffentlichung, die dieser Tage herausgegeben wurde. Das Buch informiert ausführlich über die Ergebnisse aller demokratischen Wahlen zu gesetzgebenden Organen, die hierzulande von 1920 bis 1946 und dann seit dem Wendejahr 1989 stattfanden. Politologen und Historiker sprechen von einer bedeutsamen Publikartion. Das Buch erschien aus Anlass des bevorstehenden 90. Gründungsjubiläums der Tschechoslowakei.

Das Buch bietet bei weitem nicht nur ein Kompilat der Ergebnisse von insgesamt 18 Parlamentswahlen seit der Gründung der Tschechoslowakei 1918 - die ersten fanden 1920 statt. Es bietet auch eine Unmenge von Informationen und Fakten aus der Geschichte der Wahlen in der Vorkriegstschechoslowakei. Jan Fišer, Chef des Statistikamtes, hat ein Beispiel parat:

„In der Zeit der Ersten Republik war der Wahltag immer nur ein Sonntag. Laut Gesetz wurde jeweils lediglich der Wahlbeginn, also die Öffnung der Wahllokale vorgegeben. Wann sie schließen sollten, war die Frage der lokalen Gepflogenheiten.“

In kleinen Gemeinden, wo jeder jeden kannte, konnte also die Wahlkommission mit der Auszählung der Stimmzettel schon nach ein paar Stunden beginnen, wenn klar war, dass niemand mehr kommt. Das Wahlrecht galt aber zugleich als Wahlpflicht. Jan Fišer:

„Nur wenige Gründe wurden bei denjenigen akzeptiert, die nicht an die Wahlurne kamen. Zum Beispiel ein hohes Alter ab 70 Jahren, eine ernsthafte Krankheit und wenn man sich über 100 Kilometer weit von dem Wahlort aufhielt. Das musste man aber belegen, andernfalls wurden Geldbußen auferlegt. Auch Nachweise über Geldbußen haben wir im Archiv gefunden und ihre Fotokopien sind in unserem Buch zu finden.“

Aus der heutigen Sicht stand den Wahlkommissionen nur einfache Technik zur Verfügung, um die vor Ort verzeichneten Ergebnisse nach Prag weiterzuleiten. Trotzdem musste die Wähler nicht so lange auf die Wahlergebnisse warten, wie man vielleicht annehmen könnte.

„Über die Wahlergebnisse der einzelnen Parteien haben die Zeitungen bereits am Dienstag in ihren Morgenausgaben präsentiert. Die Verteilung der Mandate wurde ungefähr eine Woche nach der Wahl kundgegeben.“

Mitarbeiter des Tschechischen Statistischen Amtes haben unzählige Stunden in Archiven verbracht, um ihr „etwas anderes“ Buch herausgeben zu können. Das Projekt geht aber weiter. Sein Ziel ist:

„Eine Datenbank mit digitalisierten Daten über alle Wahlen nach 1920 mit Angaben bis ins geringste regionale Detail entstehen zu lassen. Im Jahr 1925 beginnend werden wir also auch die Wahlergebnisse in den einzelnen Gemeinden präsentieren. Das wird eine einmalige Informationsgrundlage darstellen.“