Ein Journalist gegen die Taximafia in der Prager Altstadt
Taxifahren in Prag kann teuer werden. Wie dreist zum Teil in der Innenstadt abkassiert wird, dokumentiert der Journalist Janek Rubeš seit mehr als einem halben Jahr in der Internetserie „Prag vs. Prachy“ (Prag gegen das Geld). Nach langem Zögern will die Stadt nun rigider vorgehen. Ob allerdings wirklich die richtigen Mittel gegen die Betrüger getroffen werden, stellt Rubeš in Frage.
„Prag kann sich nicht von ein paar Taxifahrern terrorisieren lassen, die live in die Kamera sagen, dass sie keine Steuern zahlen und dass sie Straftaten begehen.“
Der Eifer von Krnáčová und der Stadtverwaltung kommt nicht von ungefähr. Der Journalist Janek Rubeš geht in seiner Serie „Praha vs. Prachy“ seit vergangenem Jahr den Touristenfallen in Prag auf den Grund, mit großem Erfolg bei den Zuschauern des Internatportals stream.cz. Die größte Aufmerksamkeit bekam Rubeš im Frühjahr, als er sich undercover vom Altstädter Ring zum Wenzelsplatz chauffieren ließ. Für die Strecke wollte der Taxifahrer das Vierfache des üblichen Preises von 28 Kronen pro Kilometer, erzählt Rubeš im Tschechischen Rundfunk.„Als wir mit Herrn Jelínek am Ziel angekommen sind und er 800 Kronen verlangte, sagten wir ihm, wir würden die Polizei rufen. Und er sagte nein, reden wir doch miteinander. Daraufhin habe ich ihm vorgeschlagen, dass wir vor der Kamera miteinander sprechen. In dieser Reportage ist das alles zu sehen.“Der besagte Taxifahrer Pavel Jelínek ist ausgerechnet der Chef der Prager Taxifahrergewerkschaft. Er erklärte Rubeš vor laufender Kamera, wie man einen Taxameter manipuliert und die Sache mit den Steuern umgehen kann. Die neue Initiative der Stadt gegen „unanständige Taxifahrer“ ist eine Folge dieses kleinen Taxi-Skandals. Laut Rubeš trifft aber bereits der Begriff die Falschen:
„Wenn wir von unanständigen Taxifahrern sprechen, können sich 7000 Taxifahrer in Prag mit Recht darüber aufregen. Die Menschen, mit denen ich drehe, das sind gar keine Taxifahrer. Das sind wirklich nur Betrüger und Diebe, die sich leider selbst unter die tatsächlichen Taxifahrer schmuggeln.“Es sind Schätzungen zufolge einige dutzend Betrüger. Diese wenigen aber schädigen den Ruf von Prag nachhaltig. Das Problem ist seit langem bekannt, spätestens seit Ex-Bürgermeister Pavel Bém selbst einmal von einem Taxifahrer betrogen wurde. Das war vor über zehn Jahren, und seither hat sich die Lage nur minimal verbessert. Rubeš ist sich der Tatsache bewusst, dass Taxis in Großstädten weltweit zu Touristenfallen werden können. Ihn schockiert die Dreistigkeit, mit der das in Prag vor allen Augen geschieht.
„Mir geht es wirklich darum, dass es diese Leute es nicht mehr so leicht haben. Es geht um die exponiertesten Plätze in Prag. Das kann ich nicht lösen, indem ich einen Herrn Jelinek entlarve. Sondern das muss die Stadt lösen. Sie hat ja die Hebel dafür, diese Leute von den Stellplätzen zu vertreiben, ihnen ihr Geschäftsgebaren zum Vorwurf zu machen. Derzeit macht ihnen ja niemand überhaupt Vorwürfe.“Besonders berüchtigt sind die Orte, an denen sich die meisten Touristen bewegen: der Hauptbahnhof, der Altstädter Ring, die Pařížská-Straße, die Gegend rund um die Karlsbrücke. Laut Rubeš liegt die Gefahr, dort übers Ohr gehauen zu werden, bei fast 100 Prozent. Die Betrüger sind auf eigene Faust unterwegs, nicht im Auftrag der großen Taxiunternehmen. Verstärkte Kontrollen, wie sie die Stadt nun angekündigt hat, bringen nach Meinung von Rubeš wenig bis nichts.
„Diese Kontrollen sind, ich will nicht sagen überflüssig. Das würde ich mir nicht erlauben, auch wenn ich das schon einmal gesagt habe. Aber diese Taxifahrer sind darauf perfekt vorbereitet. Was ich mit meinen Touristen nicht alles erlebt habe, die ich in die Taxis gesetzt habe… Auch Expats, die in Prag leben, haben uns geholfen, sie interessieren sich sehr für dieses Thema. Oft hat sich der Taxifahrer sofort umgedreht und hat angefangen, sie auf Tschechisch zu beschimpfen, um herauszufinden, ob sie die Sprache verstehen oder nicht. Die Fahrer sind auf diese Kontrollen vorbereitet und wissen davon. Zugleich sind die Kontrollen sehr zeitaufwändig, anspruchsvoll. Oft gelingen sie aber auch, eine haben wir auch in unserer Serie gezeigt.“ Die Stadt hat laut Rubeš viel zu langsam reagiert. Ein Treffen mit Krnáčová endete im Streit – die Bürgermeisterin sagte zunächst, sie müsse sich um wichtigere Dinge kümmern. Touristen sind eben keine Wähler, so erklärt sich Rubeš diese anfängliche Zurückhaltung. Anfang Juli, als der Magistrat dann mit Verzögerung doch noch eine neue Verordnung für Taxifahrer vorstellte, wurde Rubeš sogar von einer offiziellen Pressekonferenz verwiesen. Die Wogen haben sich inzwischen geglättet. Rubeš ist aber nach wie vor skeptisch, was die Maßnahmen der Stadt betrifft:„Der Magistrat versucht das auf offizielle Weise, aber so kommt man nicht dagegen an. Ich denke immer über Guerilla-Aktionen nach. Ich wollte mir ein Plakat in der Pařížská mieten, die mit einem Text auf Englisch vor diesen Taxis warnen: ‚Achtung, diese Fahrer könnten sie bestehlen.‘ Man wollte mir das Plakat aber nicht geben, mit der Begründung, damit gebe es nur Probleme. Ich denke aber, dass sind mögliche Wege, um diese Probleme zu lösen. Nicht auf komplizierte, sondern auf einfach Weise. Zum Beispiel indem man ein Auto der Stadtpolizei dort postiert. Nur einen Wachmann, der dort von morgens bis abends steht.“
Gerade die Stadtpolizei, das Exekutivorgan der Kommune, würde laut Rubeš über genügend Mitglieder verfügen, um das Problem einzudämmen.„Darum schockiert es mich, dass die Leitung der Stadtpolizei, nachdem diese Serie seit einem halben Jahr läuft, nicht in der Lage ist, eine Lösung zu finden. Damit in einer Prager Straße nicht vier Autos stehen, die dort jeden Tag hunderte Touristen um Zehntausende, möglicherweise Hunderttausende Kronen berauben. Ich verstehe nicht, dass die Polizei das nicht verhindern kann.“
Rubeš hat inzwischen auch Beweise gesammelt für eine demonstrative Untätigkeit der Stadtpolizei im touristischen Zentrum der Stadt. Weil Rubeš besonders häufig in der noblen Einkaufsstraße Pařížská recherchiert, werfen ihm die betroffenen Fahrer vor, er würde für die Konkurrenz arbeiten.„Diese Leute in der Pařížská kommen ständig mit Beleidigungen. Sie haben das Gefühl, mich schon zu kennen. Das ist überhaupt die größte Beleidigung für mich – wenn sie sagen, dass mich die Konkurrenz bezahlt. Das macht mir sehr viel aus: Diese Denkweise dieser Betrüger, die der Meinung sind, dass alle betrügerisch und korrupt sein müssen.“