Ende und Neuanfang für das Deutsch-Tschechische Jugendforum

Von links: Natalie Glück, Kathrin Freier und  Jan Polivka (Foto: Autor)

Am Montagvormittag ging in der deutschen Botschaft in Prag die Amtszeit des dritten Deutsch-Tschechischen Jugendforums offiziell zu Ende. Was sind die Aufgaben des Jugendforums? Und was konnte in der nun abgelaufenen zweijährigen Amtsperiode konkret umgesetzt werden? Gerald Schubert hat drei Vertreter der Gruppe ins Studio geladen: Die stellvertretende deutsche Sprecherin Natalie Glück, die deutsche Sprecherin Kathrin Freier und den tschechischen Koordinator Jan Polivka.

Von links: Natalie Glück,  Kathrin Freier und  Jan Polivka  (Foto: Autor)
Was ist denn eigentlich das Deutsch-Tschechische Jugendforum?

Kathrin Freier: "Im Jahr 1997, als die Deutsch-Tschechische Erklärung unterschrieben wurde, wurde bereits eine stärkere Einbindung der jungen Generation in den offiziellen deutsch-tschechischen Dialog gefordert. Und so wurde dann im Jahr 2001 das Deutsch-Tschechische Jugendforum gegründet. Es besteht aus zwanzig Deutschen und zwanzig Tschechen im Alter von 16 bis 26, die in einer Amtszeit von jeweils zwei Jahren Projekte mit deutsch-tschechischer Thematik konzipieren und realisieren."

Das heißt, es handelt sich nicht einfach um eine Bürgerinitiative, sondern um eine recht offizielle Angelegenheit, bei der insgesamt 40 junge Leute während einer Art Legislaturperiode sehr konkrete Projekte umsetzen.

Kathrin Freier: "Genau. Es geht um die offizielle Einbindung in den bilateralen Dialog."

Im Jugendforum, das jetzt zu Ende gegangen ist, gab es insgesamt fünf Arbeitsgruppen, und zusätzlich gab es noch das so genannte Schulprojekt. Über letzteres haben wir vor ein paar Monaten bereits berichtet: Mitarbeiter des Jugendforums sind damals sowohl in deutsche als auch in tschechische Schulen gegangen und haben dort versucht, die Hemmschwellen derer abzubauen, die Interesse haben, im jeweils anderen Land zu studieren oder etwa in einer Freiwilligenorganisation Dienst zu tun. Es gab aber wie gesagt noch fünf weitere Arbeitsgruppen, und einige davon wollen wir uns jetzt ein bisschen genauer ansehen. Was hat denn zum Beispiel die Arbeitsgruppe Politik in den letzten zwei Jahren gemacht?

Natalie Glück: "In der Arbeitsgruppe Politik ging es darum, von Schülern auf deutscher und tschechischer Seite zu erfahren, was sie über die deutsch-tschechischen Beziehungen denken. In unserer täglichen Zeitungslektüre haben wir nämlich bemerkt, dass zwar etwas über das Nachbarland geschrieben wird, aber hauptsächlich Dinge, die auf die Geschichte bezogen sind. Oder es stehen Streitereien im Mittelpunkt und es werden nur politische und wirtschaftliche Aspekte hervorgehoben. Die Jugend kommt überhaupt nicht zur Sprache. Deshalb haben wir an deutschen und tschechischen Schulen eine Umfrage gemacht, an der sich 1700 Schüler beteiligt haben. Es ging uns darum zu erfahren, was die Schüler eigentlich über die gemeinsame Geschichte wissen. Es ist nicht besonders viel, woraus sich schließen lässt, dass dieses Thema für viele gar nicht wichtig ist. Vielmehr interessieren sie sich für den Austausch, für das andere Land ganz allgemein. Viele kennen dieses Land auch schon und möchten mehr Projekte für Jugendliche. Das fordert auch das Deutsch-Tschechische Jugendforum, und ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg."

Eine weitere Arbeitsgruppe war die AG Bildung. Was gibt es darüber zu berichten?

Kathrin Freier: "Die Arbeitsgruppe Bildung hat die Tschechischaktivitäten an sächsischen und bayrischen Schulen im deutsch-tschechischen Grenzraum untersucht. Wir hatten den Eindruck, dass die Situation in Sachsen diesbezüglich sehr viel besser aussieht als in Bayern, und wir sind der Ansicht, dass das Erlernen der Sprache des Nachbarlandes einen wichtigen Baustein für gute nachbarschaftliche Verständigung darstellt."

Foto: Archiv Radio Prag
In den Unterlagen steht auch, dass es an nur 18 der 152 befragten Schulen in Bayern Tschechisch als Wahlfach oder als Arbeitsgemeinschaft gibt. Woran liegt denn das? Wo liegen hier die Schwierigkeiten?

Kathrin Freier: "Es gibt sehr viele Schulen, die gerne Tschechisch anbieten würden. Aber die Probleme liegen im Stundenbudget und in der Finanzierung. Und man muss auch sagen, dass das Kultusministerium bisher noch nicht sehr viel Unterstützung für den Tschechischunterricht geboten hat."

Noch eine dritte Arbeitsgruppe wollen wir uns näher ansehen, und zwar die AG Jugend. Was hat sich da getan?

Jan Polivka: "Eine sehr interessante Idee der Mitglieder war das Obdachlosenprojekt. In Hamburg und Prag wurden Einwegkameras an jugendliche Obdachlose verteilt. Diese sollten damit einen Monat lang ihr Leben auf der Straße fotografieren. Die Apparate wurden danach wieder eingesammelt, und die Fotos ausgewertet. Im Rahmen unserer heutigen Präsentation wurde nun eine Ausstellung dieser Fotos eröffnet. Sie wird zunächst weiterhin in Prag und dann auch noch in Hamburg gezeigt. Später sollen die Bilder verkauft werden, und das Geld soll Obdachlosenprogrammen zugute kommen."

Von links: Natalie Glück,  Kathrin Freier und  Jan Polivka  (Foto: Autor)
Das Deutsch-Tschechische Jugendforum hat heute zwar seine Tätigkeit offiziell eingestellt, das bedeutet aber nicht, dass es in Zukunft kein Deutsch-Tschechisches Jugendforum mehr geben wird. Wie sieht die Zukunft konkret aus?

Jan Polivka: "Das Jugendforum geht jetzt in die nächste Amtsperiode. Sie wird von Janina Trapp und Lenka Duskova begleitet, die bereits als neue Koordinatorinnen gewählt wurden. Bis zum 31. Mai 2007 kann man sich auch noch um eine Mitgliedschaft im Deutsch-Tschechischen Jugendforum bewerben, für die Amtsperiode 2007 bis 2009. Im Herbst beginnt das neue Forum dann mit der Arbeit."

Waren die letzten zwei Jahre aus Ihrer Sicht ein Erfolg?

Natalie Glück: "Auf jeden Fall! Erstens haben wir tolle Projekte auf die Beine gestellt. Das haben wir auch auf der Präsentation heute gemerkt, dass da schon etwas Tolles zustande gekommen ist. Und ich denke, auch für die Mitglieder selbst haben diese zwei Jahre viel gebracht: Freundschaften, oder Kenntnisse über das Nachbarland."

Jan Polivka: "Wir haben uns vor zwei Jahren die Aufgabe gestellt, das Jugendforum weiter voranzubringen, vor allem in den offiziellen Beziehungen. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen. Die Stimme der Jugend wird immer mehr gehört, und das freut uns."

Kathrin Freier: "Ich habe Freundschaften geschlossen, die sicher über das Jugendforum hinaus andauern werden. Und ich bin begeistert von dem, was in den letzten zwei Jahren durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Mitglieder alles geleistet wurde."

www.jugendforum.ahoj.info