Erneut gekrönt: Martina Sáblíková ist Tschechiens Sportlerin des Jahres
Der tschechische Sport wird jetzt schon das fünfte Jahr in Folge von einer Königin regiert. In der Umfrage der Sportjournalisten nach dem „Sportler des Jahres“ triumphierte nämlich die Titelverteidigerin des Vorjahres, die Eisschnellläuferin Martina Sáblíková. Mit über 400 Punkten Vorsprung verwies die 23-Jährige Skilangläufer Lukáš Bauer und Ruderer Ondřej Synek auf die Ehrenplätze.
„Das ist ganz schwer zu beschreiben. Ich war nicht imstande, die Hymne auch nur mitzuträllern, denn ich habe von Anfang bis Ende der Zeremonie nur vor Freude geheult. Ich dachte wiederholt daran, dass wir es geschafft und für die Tschechische Republik eine Goldmedaille gewonnen haben.“
Der Sieg über die 3000 Meter aber sollte längst nicht der einzige große Auftritt von Martina Sáblíková in Vancouver bleiben. Wie gut sie bei den Spielen in Form war, bewies sie gleich in ihrem zweiten Rennen, dem Wettbewerb über 1500 Meter. Auf dieser Distanz gehört die Langstrecken-Spezialistin eher zu den Außenseiterinnen, in der kanadischen Pazifikstadt aber schürfte sie auch hier Edelmetall. Nach einem beherzten Lauf gewann sie die Bronzemedaille:„Das ist einfach unglaublich, denn auf dieser Strecke wollte ich zunächst gar nicht starten. Ich hatte nämlich die Befürchtung, dass das nicht gut für das Rennen über 5000 Meter ist, zumal sich das Eis hier in Vancouver nur sehr schwer laufen lässt. Die Konkurrenz auf der Mittelstrecke ist zudem sehr ausgeglichen, umso erstaunter bin ich, dass ich jetzt Bronze gewonnen habe.“
Sáblíkovás Befürchtung, dass die Teilnahme am 1500-Meter-Rennen ihr Kraft und Konzentration für den abschließenden Wettbewerb über 5000 Meter kosten könnten, erwies sich letztlich als unbegründet. Auf ihrer Paradestrecke düpierte sie die Kontrahentinnen ein weiteres Mal, so dass sie mit zwei Goldmedaillen und einer Bronzeplakette von den Winterspielen zurückkehrte. Ihre außergewöhnlich erfolgreiche Saison krönte das Fräulein-Wunder auf Kufen mit dem WM-Titel im Mehrkampf und ihrem vierten Triumph in Folge im Gesamt-Weltcup auf den Langstrecken. Bei solch einer Ausbeute konnte der beste tschechische Sportler des Jahres erneut nur eine Frau sein und Martina Sáblíková heißen. Beim Prager Gala-Abend, bei dem die zehn besten Sportlerinnen und Sportler und die drei besten Teams geehrt werden, übte sich die zierliche Kufenflitzerin aber zunächst in Bescheidenheit:
„Natürlich ist es super, wieder unter den besten Zehn zu sein. Ich bin das vierte Jahr in Serie in den Top Ten, und dafür bin ich sehr dankbar.“
Dann aber musste Martina Sáblíková bis zum Schluss der Veranstaltung warten, um schließlich als verdiente Siegerin der Journalisten-Wahl gekrönt zu werden. Aber auch diese Ehrung werde ihr nicht den Kopf verdrehen, ließ sie freundlich wissen:
„Ich will immer so bleiben, wie ich bin. Bei den Olympischen Spielen habe ich zwar einen bestimmten Druck gespürt, doch ich denke, dass dies auf mich keinen negativen Einfluss hatte. Im Gegenteil, ich bin sehr erfreut darüber, dass nicht nur meine Fans, sondern auch die tschechische Gesellschaft meine Leistungen anerkennen. Das stimmt mich wirklich froh.“Zum besten „Sportler des Jahres“ in Tschechien – einer Wahl, in der Männer und Frauen miteinander konkurrieren – ist Martina Sáblíková nach 2007 und 2009 nun bereits zum dritten Male gewählt worden. Damit ist sie endgültig aufgestiegen in die Phalanx der Großen des tschechischen Sports. In der Umfrage vor ihr liegen jetzt nur noch die ehemalige Turnerin Věra Čáslavská und der ehemalige Speerwerfer Jan Železný, die je vier Mal zum tschechischen Sportler des Jahres gekürt wurden. Eine große Persönlichkeit sei sie damit aber nicht, meint, wie immer bescheiden, die erst 23-Jährige:
„Ich weiß nicht, aber ich werde mich wohl nie so richtig als eine Persönlichkeit fühlen. Auf der anderen Seite bin ich äußerst froh darüber, dass sich zu den Namen der ganz großen tschechischen Sportler nun auch mein Name gesellt hat.“
Die diesjährige Sportwahl fiel in ein Olympiajahr, denn – wie bereits erwähnt, fanden im Februar im kanadischen Vancouver die Olympischen Winterspiele statt. Ein Erfolg dort gilt als besondere Leistung, und so ist es auch kein Wunder, dass sich gleich nach Sáblíková ein weiterer Medaillengewinner von Vancouver auf Rang zwei platziert hat. Es ist der Skilangläufer Lukáš Bauer, der bei den Spielen zweimal Bronze holte: zunächst im Rennen über 15 Kilometer im freien Stil und danach mit seinen Teamgefährten Martin Jakš, Jiří Magál und Martin Koukal völlig überraschend im Staffel-Wettbewerb. Bei seinem Erfolg auf der Einzelstrecke musste Bauer bis zuletzt mächtig kämpfen, um den dritten Platz zu sichern. Sein Hauptkonkurrent im Kampf um Bronze war dabei der Schwede Marcus Hellner:„Ich hatte eine große Krise zwischen dem vierten und elften Kilometer, wo ich mich sehr gequält habe. Deshalb habe ich schon fast nicht mehr daran geglaubt, in den Kampf um die Medaillen noch eingreifen zu können. Dann aber zeigte sich, dass Hellner zu schnell angegangen war und daher im Finish große Probleme hatte. Mir wurde auf den letzten drei Kilometern plötzlich klar: Entweder ich breche selbst noch ein oder ich gewinne eine Medaille. Zum Glück war ich am Ende etwas glücklicher als Hellner.“ In seiner ebenfalls großartigen Saison hatte Bauer schon vor den Spielen ein großes Ausrufezeichen gesetzt. In Val di Fiemme gewann er mit einem tollen Endspurt hinauf zur Alpe Cermis zum zweiten Male die Tour de Ski. Eine Rennserie wie geschaffen für Bauer, denn die mit sehr viel Prestige bedachte Tour fand erst zum vierten Mal statt. Bauer aber sieht seine Erfolgsquote bei diesem Rennen noch ein bisschen besser:
„Zwei Siege bei drei Teilnahmen, das ist noch besser. Jetzt vor Weihnachten muss man sich ja auch mal selbst loben“, lachte der gut gelaunte Bauer bei der Sportler-Gala.
Auch Ruderer Ondřej Synek hatte großen Grund zur Freude. Seine Supersaison im Skiff der Männer, in der er bei allen Rennen triumphierte, krönte er mit dem Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft in Neuseeland. Das war im November, zu einem Zeitpunkt also, an dem die meisten Sommersportler bereits im wohlverdienten Urlaub sind.
„Das war sehr schwer, denn auf die WM haben sich bei uns Männern nur noch ich und der Doppelzweier vorbereitet. Alle anderen waren nach der EM in den Urlaub gefahren, von dem sie braungebrannt zurückkamen und uns deshalb beim Training etwas belächelt haben. Das war nicht sehr angenehm, zumal es im Oktober in Tschechien auch schon ziemlich kalt war. Es gab Nebel und die ersten Fröste, von daher war es auf dem Wasser auch nicht angenehm.“ Die Mühen haben sich gelohnt, denn nur ein paar Wochen nach seinem 28. Geburtstag machte sich Synek mit dem WM-Titel selbst das beste Geschenk. Das aber stimmt so nicht ganz, weil Synek inzwischen auch erstmals Vater wurde. Am 17. November brachte seine Lebensgefährtin Pavla Töchterchen Alice zur Welt – und das bezeichnet er jetzt als sein größtes Geschenk.Reich beschenkt wurden die tschechischen Sportfans auch von den Leistungen einiger Mannschaften im zu Ende gehenden Jahr. Zum Team des Jahres wurde nicht von ungefähr die Eishockey-Nationalmannschaft gewählt, die bei der WM in Deutschland Favorit Russland im Finale sensationell mit 2:1 bezwang.