Erste Munition aus tschechischer Initiative soll im Juni in die Ukraine geliefert werden

Die Ukraine braucht im Kampf gegen Russland verstärkt militärische Unterstützung. Tschechien hat deswegen seine Munitionsinitiative gestartet. Inzwischen wurde ein erster Termin für Lieferungen genannt. Einige Nato-Partner erwägen nun eine vergleichbare Initiative zur Bereitstellung von Abwehrsystemen.

Seit Februar haben tschechische Politiker die Pläne vorangetrieben, Munition für die Ukraine zu beschaffen. Denn dem Land, das sich gegen Russland verteidigt, fehlen unter anderem Artilleriegranaten. Die Rolle Tschechiens in dieser Initiative liegt darin, Drittstaaten vom Verkauf der Granaten zu überzeugen und die Finanzierung zu koordinieren. Am Rande eines Treffens mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel gab Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) am Mittwoch ein Update zu dem Projekt:

Petr Fiala | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Für 180.000 Artilleriegranaten haben wir bereits Verträge abgeschlossen. Weitere 300.000 können wir sehr realistisch besorgen. Insgesamt wären eine Million Artilleriegranaten möglich. Wir müssen uns aber weiter um finanzielle Mittel bemühen, dann kann das auch gelingen.“

Fiala kündigte zudem an, dass im Juni die erste Munition aus der tschechischen Initiative an die Ukraine geliefert werden könne. Ursprünglich hieß es, dass sich bis zu 800.000 Artilleriegranaten beschaffen ließen. Über den konkreten Einkaufspreis wurde schon mehrfach spekuliert. Die Schätzungen reichen bis hin zu zwei Milliarden Euro. Diese Zahl stammt vom Präsidenten des Verbandes der tschechischen Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie (Asociace obranného a bezpečnostního průmyslu ČR), Jiří Hynek. Rund 20 Staaten haben mittlerweile versprochen, sich finanziell an der Initiative zu beteiligen.

Jiří Hynek | Foto: Agáta Faltová,  Tschechischer Rundfunk

Doch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat auch dringend um Raketenabwehrsysteme gebeten. Selbst Nato-Chef Stoltenberg appelliert mittlerweile an die Mitglieder des Bündnisses, diese so schnell wie möglich zu liefern. Jakub Landovský ist tschechischer Botschafter bei dem Verteidigungsbündnis und äußerte sich dazu in einem Rundfunk-Interview…

„Stoltenberg hat noch eine wichtige Sache ergänzt: Falls ein Land wegen der Erfüllung von Nato-Standards noch zögert, sollte es wissen, dass die hochentwickelten Luftabwehrsysteme ihren Dienst derzeit besser in der Ukraine erfüllen als in der Tiefe unserer immer noch friedliebenden Allianz beim Schutz der einzelnen Mitglieder“, so der Botschafter.

Jakub Landovský | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Konkret handele es sich um die neueren Typen der Patriot-Flugabwehr und vergleichbare Systeme. Sie allein könnten die russischen Hyperschallraketen und ballistischen Raketen abfangen, erläuterte Landovský.

Stoltenberg hat nun für Freitag ein Sondertreffen Nato–Ukraine einberufen. Tschechien verfügt selbst nicht über die genannten Luftabwehrsysteme, aber Premier Fiala sagt:

„Wir müssen weitermachen und zusammen ähnliche Initiativen auf die Beine stellen, damit die Ukraine ihren Luftraum schützen kann.“

Mittlerweile ist Deutschland vorgeprescht und versucht, eine ähnliche Initiative wie für die Artilleriegranaten zu starten. Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová (Bürgerdemokraten) sagte am Mittwochabend, dass Prag auch in diesem Fall eine Vermittlerrolle übernehmen könne. Man habe die Kontakte und das Wissen, um militärisches Material zu beschaffen, so die Ressortleiterin.

Jana Černochová | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Allerdings besteht innerhalb der Nato ein starkes Ungleichgewicht bei der Ukraine-Hilfe. Dazu merkte Landovský an:

„Einige Länder der Allianz empfinden den Konflikt in der Ukraine nicht als etwas so Dringliches wie andere. Die Grenze bilden da ungefähr die Alpen. Interessant ist sicher, dass einer Erhebung nach das kleine Dänemark mehr Geld für die Ukraine aufbringt als Frankreich, Spanien, Portugal und Italien zusammen.“

Eine der wichtigsten Entscheidungen steht aktuell in den USA an. Dort muss der Kongress die geplanten Ukraine-Hilfen genehmigen. Darüber hatte zuletzt auch der tschechische Premier Fiala bei seinem Besuch in Washington mit dem Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, gesprochen.

Autor: Till Janzer
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