EU-Finanzhilfe: Regierung in Prag will 1,5 Mrd. Euro zahlen – Entscheidung der Zentralbank noch offen

Als auf dem EU-Gipfel im Dezember in Brüssel beschlossen wurde, ein dickes Hilfspaket zur Rettung der Gemeinschaftswährung zu schnüren, reagierte man in Tschechien ziemlich verschnupft. Das Nicht-Euro-Land Tschechien fühlte sich nicht verantwortlich für die Krise in der Eurozone, sollte zur Stabilisierung derselbigen aber rund 3,5 Milliarden Euro beim Internationalen Währungsfonds (IWF) einzahlen. Bis Ende Januar ist Zeit, darüber zu entscheiden. Lange hielt sich die Regierung Nečas bedeckt, seit Mittwoch aber scheint nun ein Kompromiss gefunden.

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Zu Beginn des Jahres 2012 wies Ministerpräsident Petr Nečas die Frage, ob Tschechien helfen werde, noch stets weit von sich. Die Summe von umgerechnet 3,5 Milliarden Euro verschlinge zuviel von den eigenen Kapitalreserven oder aber beeinträchtige den Staatshaushalt. Dies wolle man nicht riskieren. Zudem sei auch der neue EU-Vertrag zur Haushaltsdisziplin noch nicht ausgearbeitet. Und ohne zu wissen, wie ernst es die Eurozone mit ihrer Reformierung meint, könne man auch kein Geld zubuttern, meinte der Regierungschef. Außenminister Karel Schwarzenberg hingegen wurde diese Haltung zu bunt, weshalb er in einem Zeitungsinterview durchblicken ließ: „Entweder wir helfen den Staaten der Eurozone in ihrer Notlage oder seine Partei verlasse die Regierung.“

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Nun haben sich die Wogen wohl wieder etwas geglättet und im stillen Kämmerlein hat man ernsthaft nachgedacht. Dennoch kam es schon etwas überraschend, als Finanzminister Miroslav Kalousek schon vor der Regierungssitzung am Mittwoch seinen Standpunkt deutlich formulierte:

„Wenn wir es genau betrachten, dann müssen wir festhalten: Im Rahmen der europäischen Solidarität haben wir aus dem Topf, der mit den Steuereinnahmen aller EU-Länder gefüllt ist, schon 176 Milliarden Kronen erhalten. Wohlgemerkt erhalten und nicht nur geborgt. Unter diesem Blickwinkel zu sagen, dass wir keine finanzielle Hilfe leisten werden, das halte ich für moralisch unvertretbar.“

Das Nachdenken über das Problem der Eurozone und die eigene Rolle im europäischen Solidaritätsgefüge aber hat offensichtlich Früchte getragen. Am Mittwoch einigte sich die Regierung nämlich auf einen Kompromiss: Anstatt der von Brüssel vorgegebenen 3,5 Milliarden Euro wolle sie veranlassen, dass Tschechien nun zumindest 1,5 Milliarden Euro in den IWF einzahlt. Premier Nečas erläutert den Kompromiss:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Wir haben die ursprünglich für uns vorgeschlagenen 3,5 Milliarden Euro einmal mit den Beträgen anderer Nicht-Euro-Länder verglichen und dabei festgestellt, dass unsere Summe beispielsweise im Pro-Kopf-Verhältnis zur Bevölkerung Polens um mehr als das Zweifache höher ist, als jener Betrag, den Polen zahlen soll. Denselben Vergleich haben wir zu einem Euro-Land gezogen, und zwar zur benachbarten Slowakei. In der Kombination beider Vergleiche sind wir auf den Betrag von 1,5 Milliarden Euro gekommen. Und zwar deshalb, weil das in etwa dem Pro-Kopf-Betrag von Polen entspricht und keine höhere Summe ist, als sie das Euro-Land Slowakei zu zahlen hat.“

Das aber ist nur die Entscheidung, die die Regierung getroffen hat. Als oberster Währungshüter des Landes hat nämlich die Tschechische Nationalbank (ČNB) das abschließende Wort bei der Entscheidung, einen Teil der Kapitalreserven des Landes womöglich zu veräußern. Ohne die Zustimmung der Nationalbank ist das nicht möglich. Seinen Standpunkt dazu wollte der Bankenrat der Zentralbank am Donnerstag bekanntgeben, zum Redaktionsschluss der Sendung lag er Radio Prag noch nicht vor. Dafür hatte sich der kritischste Gegner einer Finanzhilfe aus Tschechien, Staatspräsident Václav Klaus, indirekt erneut zu Wort gemeldet. Über seinen Berater Jiří Tomáš Payne ließ er ausrichten:

Jiří Payne
„Wenn eine Familie Geld gespart hat für schlechte Zeiten, dann kann sie sich theoretisch auch dafür entscheiden, aus dieser Kapitalreserve jemandem Geld zu borgen, wenn sie der Meinung ist, dass die schlechten Zeiten so schnell nicht kommen. Ich hege aber die große Befürchtung, dass wir die schlechten Zeiten gerade durchmachen, was im Grunde genau das Gegenteil erfordert: Wir müssten unsere Kapitalreserven eigentlich erhöhen anstatt jemandem davon etwas abzugeben.“