EU-Kommission: Tschechischer Rüstungskauf verletzt das Wettbewerbsrecht
Vier Flugzeuge und dreieinhalb Milliarden Kronen – das ist der Stein des Anstoßes für die EU-Kommission. Sie will die Tschechische Republik vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen, weil das Prager Verteidigungsministerium beim Kauf dieser Transportflugzeuge auf eine europaweite Ausschreibung verzichtet hat. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, eine überflüssige Belastung des tschechischen Steuerzahlers, heißt es aus Brüssel. Darüber sprach Till Janzer mit Christian Rühmkorf.
„Also ob Prag korrekt gehandelt hat, indem es diesen Auftrag ohne Ausschreibung vergeben hat, ob es vielleicht nur ein Verfahrensfehler war, der Prag da unabsichtlich unterlaufen ist, oder ob es sich hier um einen neuen Fall von Korruption beim tschechischen Verteidigungsministerium handelt, das kann man derzeit noch nicht beurteilen. Dafür gibt es noch zu wenige Informationen. Alles dreht sich hier um zwei Fakten: Um den Flugzeugtyp und um den Preis. Die EU-Kommission sagt, bei einem Kaufpreis von umgerechnet 132 Millionen Euro – so viel haben die vier Flugzeuge gekostet – muss das Ministerium den Auftrag öffentlich und europaweit ausschreiben. Die Regel hat aber auch Ausnahmen. Dann nämlich, wenn es aus militärischer Sicht gute Gründe zur Geheimhaltung gibt. Und darauf berief und beruft sich die tschechische Regierung. Die Flugzeuge, die das tschechische Verteidigungsministerium vom europäischen Rüstungskonzern EADS gekauft hat, sind Transportflugzeuge und zwar des spanischen Typs Casa. Für die Tschechen ein Grund zur Geheimhaltung, für die EU-Kommission gerade nicht.“
Der Auftrag wurde im Übrigen noch von der Regierung Topolánek vergeben. Welche Haltung nimmt der jetzige Verteidigungsminister Alexandr Vondra in der Sache ein?„Richtig, schon vor zwei Jahren ging in Brüssel eine Beschwerde der italienischen Rüstungsfirma Alenia Aeronautica ein, eines Konkurrenten von EADS-Casa. Die Italiener verwiesen gerade darauf, dass sich jeder die Transportflugzeuge im Internet anschauen kann. Geheimhaltung sei also kein Grund, den Auftrag nicht auszuschreiben. Reaktionen aus Prag:
´Die Übergangsregierung Fischer hatte nichts einzuwenden gegen die Art, wie Tschechien die Flugzeuge gekauft hat. Ich denke, dass es jetzt sicher nichts daran zu ändern gibt. Die Sache wird sich länger hinziehen.´ sagte am Donnerstag Verteidigungsminister Vondra. Heißt: Man versteckt sich derzeit noch hinter Entscheidungen der Vorgängerregierungen. Aus dem Ministerium lautete das Argument abermals: Auch Transportflugzeuge sind wichtig für die ´grundlegenden Sicherheitsinteressen des Staates´. Zudem hat sich Premier Nečas hinter den Verteidigungsminister gestellt.“
Wann ist mit dem Prozess und mit einer Entscheidung zu rechnen?„Das kann sich in der Tat hinziehen. Es geht nämlich um zwei Prozesse: Erst wird festgestellt, wer Recht hat: Die EU-Kommission oder Tschechien. Und in einem etwaigen zweiten Prozess wird dann die Höhe der Strafzahlung festgelegt. Tschechien wartet noch auf den ersten Prozess. Im Übrigen könnte noch ein andere Rüstungskauf Folgen haben: Im letzten Jahr hatte Tschechien auch in einem Milliardenauftrag Panzerfahrzeuge von Iveco gekauft und zwar ebenfalls ohne Ausschreibung.“