EU-Türkei-Abkommen: Tschechien vor der Aufnahme von 80 Syrern

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Die Übereinkunft zwischen der EU und der Türkei über Flüchtlinge nimmt jetzt auch für Tschechien reale Formen an. In Prag werden derzeit die Unterlagen von 81 Syrern geprüft, die in türkischen Lagern leben. Laut den tschechischen Regierungsplänen könnten die Flüchtlinge im Oktober hierzulande aufgenommen werden.

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Die Vorauswahl kommt vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge. Demnach haben die 81 Syrer Interesse daran, nach Tschechien zu gehen. Premier Bohuslav Sobotka betont allerdings, dass auch für die tschechische Seite alles stimmen muss:

„Wir werden die Leute selbst auswählen. Und wir unterziehen sie auch selbst einem Sicherheits-Check. Finden wir nicht genügend Informationen über sie, werden wir diese Menschen nicht zu uns lassen. Natürlich müssen die Flüchtlinge auch bereit sein, sich in Tschechien zu integrieren. Sie durchlaufen also einen Integrationsprozess und erhalten internationalen Schutz.“

Adam Kittl  (Foto: Archiv von Adam Kittl)
Doch zuvor erfolgen der Sicherheits-Check und dann weitere Überprüfungen. Denn in Tschechien möchte man sichergehen, dass es nicht so läuft wie bei 89 irakischen Christen von Anfang dieses Jahres. Man dachte, aufgrund des Glaubens würden sie sich schnell integrieren lassen – 25 dieser Iraker machten sich aber auf den Weg nach Deutschland und haben nach langer Irrfahrt dort kirchlichen Schutz erhalten. Deswegen sagt Adam Kittl, Sicherheitsexperte im Bereich Asyl- und Migrationspolitik am tschechischen Außenministerium:

„Falls der Sicherheits-Check positiv ausfällt, fliegt der zuständige Staatssekretär aus dem Ministerium nach Ankara. In der Türkei führen wir dann Einzelgespräche mit den Syrern, um ihre Flüchtlingsschicksale zu überprüfen. “

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Dass dieser Überprüfungsprozess nicht unbedingt zu einem positiven Ergebnis führen muss, zeigen weitere Fälle. Tschechien hatte im Februar angeboten, insgesamt 30 Syrer aus den Lagern in Griechenland und Italien aufzunehmen. Letztlich kamen nur vier. Einige hatten die Lager verlassen, insgesamt 13 wurden aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Deswegen hat Prag sein Angebot erneuert, und zehn weitere Flüchtlinge aus griechischen Lagern haben grünes Licht erhalten. Sie sollen demnächst hier ankommen.

Allen Flüchtlingen wird dann bei der Integration geholfen. Das offizielle Programm läuft über die tschechische Caritas, Martina Tomanová ist dafür verantwortlich:

Martha Issová  (Foto: Petr Novák,  CC BY-SA 2.5)
„Unseren Klienten nehmen freiwillig am Programm teil, und wir bieten ihnen Hilfe an unter anderem bei der Suche einer Wohnung, einer Arbeit, bei dem Antrag auf eine Krankenversicherung und beim Kontakt zu einem Arzt.“

Bisher leben etwas über 1100 Syrer in Tschechien, zum Teil haben sie sich schon zu kommunistischen Zeiten hier angesiedelt. Sie gelten teils als vorbildlich integriert, einige haben tschechische Ehepartner. So stammt beispielsweise die Schauspielerin Martha Issová aus einer tschechisch-syrischen Familie, ebenso der Oberbürgermeister von Mladá Boleslav / Jungbunzlau, Raduan Nwelati (Demokratische Bürgerpartei).

Andrej Babiš  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Gegen die Aufnahme von Flüchtlingen haben sich just am Dienstag aber der Finanzminister und Ano-Vorsitzende Andrej Babiš und ein weiterer Abgeordneter der Partei gestellt. Wohl unter dem Eindruck der Anschläge und Amokläufe in Deutschland bezweifeln sie, dass sich die Migranten in die tschechische Gesellschaft integrieren ließen. Ob dies nur vereinzelte Stimmen sind innerhalb der Regierungskoalition, wird sich zeigen. Dabei soll Tschechien den Vereinbarungen zufolge bis Ende 2017 insgesamt knapp 2700 Flüchtlinge bei sich unterbringen.