Europawahl: Wahltag in Tschechien

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Es ist soweit. Punkt 14 Uhr, die Wahllokale sind geschlossen, die Urnen versiegelt. Die Tschechische Republik hat gewählt. Gemeinsam mit neun Beitrittsländern, die vor sechs Wochen bei der größten EU-Erweiterung im "Club Europa" angekommen sind, haben die Tschechen am Freitag und Samstag das erste Mal die Chance gehabt als Wähler über die Geschicke der Europäischen Union zu entscheiden. 24 Kandidaten entsendet die Tschechische Republik nach diesem Wahlwochenende nach Straßburg ins Europäische Parlament.

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Es ist soweit. Punkt 14 Uhr, die Wahllokale sind geschlossen, die Urnen versiegelt. Die Tschechische Republik hat gewählt. Gemeinsam mit neun Beitrittsländern, die vor sechs Wochen bei der größten EU-Erweiterung im "Club Europa" angekommen sind, haben die Tschechen am Freitag und Samstag das erste Mal die Chance gehabt als Wähler über die Geschicke der Europäischen Union zu entscheiden. 24 Kandidaten entsendet die Tschechische Republik nach diesem Wahlwochenende nach Straßburg ins Europäische Parlament. 24 von insgesamt 732 Abgeordneten sollen am politischen Europa mitarbeiten und - so die Hoffnung vieler - die Interessen der Tschechischen Republik einbringen. 801 Kandidaten standen den Tschechen zur Verfügung, sechs Parteien, allen voran die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS, wurden laut Meinungsumfragen Chancen eingeräumt die 5-Prozent-Hürde nach Straßburg zu überschreiten. Die Wahlbeteiligung war Umfragen zufolge wie überall in Europa gering - rund 40 Prozent der Wahlberechtigten, so die Prognosen zum Wochenbeginn, sind an diesem Wochenende ins Wahllokal gegangen. Radio Prag hat sich vor Ort umgeschaut. Und Jitka Mladková hat im Wahllokal gefragt, was sich tschechische Wähler von Europa versprechen. Eine junge Mutter:

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"Ich hoffe, dass sich unsere Kinder später in Europa besser orientieren können, als unsere Generation. Ich hoffe, dass sie herumfahren werden und in dem neuen Europa einfach mehr unternehmen werden, als wir das tun. Das betrifft zum Beispiel auch das Arbeiten. Und ich hoffe auch, dass sie Europa als so etwas wie ihren eigenen Staat begreifen werden."

Voll ist es hier nicht, im Wahllokal des Prager Stadtteils Podoli. Vor der Tür scheint die Sonne, viele Prager sind aus der Stadt ins Wochenendhäuschen geflüchtet. Doch diese ältere Dame wollte sich die Europawahl nicht entgehen lassen. Warum?

"Weil ich um jeden Preis Europa wähle, die europäische Demokratie. Ich erwarte von Europa gegenseitige Hilfeleistungen. Und ich meine damit nicht das Finanzielle, sondern viele andere Aspekte wie Bildung. Zum Beispiel haben Sprachinteressierte jetzt viel mehr Möglichkeiten. Ich hoffe einfach für die zukünftigen Generationen das Beste."

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Doch nicht nur eine europäische Zukunft und die Möglichkeiten der nachfolgenden Generationen haben Tschechen ins Wahllokal geführt. Dieser junge Mann hat andere - handfeste politische - Motive:

"Ich hab mich entschieden wählen zu gehen, weil ich nicht will, dass die Kommunisten gewinnen. Ich verstehe zwar nicht viel von Politik, aber Hauptsache ist, eine andere Partei als die Kommunistische zu wählen. Die sollten so wenig wie möglich Stimmen erhalten, denn mir käme es komisch vor, wenn sie in der EU vertreten sind."

Wahlberechtigt ist in Europa jeder ab 18. Dieser alte Herr ist 80, das hat ihn nicht gehindert, ins Wahllokal zu kommen. Denn er hat seine Prinzipien:

"Ich bin es gewohnt immer wählen zu gehen. Ich bin 80 Jahre alt, und ich habe keine einzige Wahl ausgelassen. Ich bin Bürger, und ich habe das Wahlrecht, und das muss ich auch ausnutzen, oder?"

Sein Wahlrecht nutzen konnte er schließlich, obwohl es anfangs Hürden gab. Denn weil er schlecht zu Fuß ist, mussten die Wahlhelfer kurzerhand die Wahlurne aus dem ersten Stock die Treppe runter tragen. Wenn der Bürger nicht zur Wahl kommt, muss die Wahl eben manchmal zum Bürger kommen. Und zur Wahl kam auch diese Familie, Vater, Mutter, Kind. Was erwartet der Vater von der Europäischen Union?

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"Ich erwarte, dass wir uns bewusst machen, dass wir jetzt Bindungen haben. Dass wir in größeren Maßstäben denken müssen, und uns nicht nur auf unser eigenes Land konzentrieren können. Wir werden lernen mit anderen Nationen zusammen zu leben."

Und der Sohn, warum geht er zur Europawahl?

"Gerade uns jungen Leuten sollte die Wahl nicht egal sein. Wir sollten uns aktiv zeigen und mitmachen, denn schließlich werden wir ja auch die ganze Zeit in Europa leben."

In Europa leben, das macht unser Kollege Alexis Rosenzweig seit jeher. Im Januar kam der Franzose in die tschechische Hauptstadt zu Radio Prag. Als EU-Bürger hat er in Tschechien gewählt. Und die Besonderheit: Die Kreuze auf dem Wahlzettel erledigte er nicht etwa per Briefwahl, auch wählte er keine französischen Kandidaten. Sondern Rosenzweig ging ins Prager Wahllokal, und wählte tschechische Kandidaten.

"As ich im Wahllokal ankam, waren dort kaum Menschen. Die Mitarbeiter haben extra auf mich gewartet, weil nur zwei Ausländer dort gewählt haben. Unsere Namen standen auf einer Sonderliste. Die Wahlhelfer haben sich gefreut, denn das war für sie schon etwas Besonderes, dass ein Franzose dort zum Wählen kommt."

40 Tage vor der Wahl musste sich Rosenzweig anmelden. Information darüber gab es im Internet. Die Formulare im Rathaus seines Stadtteils:

"Sich anzumelden war ziemlich einfach. Ich kam dort hin, der Mitarbeiter war sehr sympathisch und hat sich gefreut einen Ausländer begrüßen zu können. Das hat nur zehn Minuten gedauert. Und für Menschen, die kein Tschechisch sprechen gab es dort auch Formulare auf Englisch und Deutsch."

Alle Kreuze sind gemacht, die Wahlbeteiligung in Tschechien liegt ersten Prognosen zufolge unter dem europäischen Schnitt. Jetzt zählen nur noch die Stimmen - bei Tschechiens erster Wahl zum Europäischen Parlament.