Ex-Präsident Václav Havel diskutierte mit Studenten
Einen solchen Menschenandrang hat die Philosophische Fakultät der Karlsuniversität Prag wahrscheinlich noch nie erlebt. Für die Debatte mit Ex-Präsident Václav Havel interessierten sich so viele Studenten, dass einige Hundert von Interessenten in den überfüllten Hörsaal gar nicht mehr rein kamen. Hauptthema der Diskussion konnte am Vorabend des Jahrestags der Wende nichts anderes als die Ereignisse von 1989 sein. Martina Schneibergova fasst zusammen.
"Wir kehren nicht zu alten Verhältnissen zurück, nur die Freunde der alten Verhältnisse lassen von sich hören. Die Freunde der alten Verhältnisse, die fünf Jahre lang darauf gewartet hatten, um die Ausreisegenehmigung nach Jugoslawien zu bekommen, währenddessen sie einige Mal an den Parlamentswahlen teilnehmen und die Kandidaten der Nationalen Front wählen mussten, die reisen jetzt in den Urlaub nach Mallorca. Trotzdem spüren sie irgendeine Unzufriedenheit oder sie haben ein schlechtes Gedächtnis."
Der Ex-Präsident stellte des Weiteren fest, dass ihm der Begriff der "samtenen Revolution", der einst von einem ausländischen Journalisten geprägt wurde, nicht gefällt. Denn die ersten Tage seien - so Havel - gefährlich gewesen, da die Armee und die Polizei einsatzbereit gewesen seien. Er wies die Vermutung zurück, dass es sich 1989 um einen im Voraus mit der Macht vereinbarten Umsturz gehandelt habe.Auf die Frage, ob er sich irgendwelcher Fehler bewusst ist, die er im Präsidentenamt beging, antwortete Václav Havel:
"Ich weiß selbstverständlich, dass ich manchmal ungeschickt war und zum Glück hat das niemand bemerkt. Fehler, die mir Jahre lang immer wieder von jemandem vorgeworfen werden, die habe ich eigentlich nicht begangen oder es geht um bestimmte Mythen. Aber einige Fehler habe ich schon gemacht, und vielleicht werde ich darüber noch irgendwann in Ruhe etwas schreiben, wenn mir das der Herrgott oder eine höhere Kraft gönnen wird."