Experte: Ehrung für Singer Ausdruck von guter Währungspolitik in Tschechien

Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Politisch wird Tschechien derzeit von einem Übergangskabinett unter Premier Rusnok regiert und deshalb international kaum wahrgenommen. In einzelnen Bereichen aber sieht es besser aus. Im finanziellen Sektor zum Beispiel haben der Internationale Währungsfonds und die Weltbank längst registriert, dass in Tschechien eine stabile und auch transparente Finanzpolitik gemacht wird. Dafür wurde der Bankenchef der Tschechischen Nationalbank (ČNB), Miroslav Singer, am vergangenen Wochenende in Washington zum „Gouverneur des Jahres der Zentralbanken in Mittel- und Osteuropa“ gekürt.

Miroslav Singer  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Preis für die besten Fachmänner im Finanzsektor – weltweit unterteilt in jeweilige Regionen – wird jährlich von der Fachzeitschrift Emerging Markets vergeben. Diese Zeitschrift sei in der Finanzwelt besonders wegen ihrer objektiven Bewertungen sehr angesehen, sagt der Ökonom der tschechischen Firma Conseq Investment Management, Petr Zahradník. Von daher wisse er, so Miroslav Singer, diese Auszeichnung sehr zu schätzen, teilte der Preisträger in einer Presseerklärung der Nationalbank mit. Mit dem Preis werde jedoch vielmehr die Arbeit aller seiner Kollegen in der Bank gewürdigt, betont der Bankenchef. Für Petr Zahradník aber bringt die Würdigung noch mehr zum Ausdruck:

„Die zweite Sache ist die gestiegene Reputation der tschechischen Währungspolitik. Allein schon die Tatsache, dass auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank der Name der Tschechischen Republik beziehungsweise ihrer Währungspolitik fällt, zeugt von der hohen Aufmerksamkeit, die uns gewidmet wird.“

Petr Zahradník  (Foto: Noemi Holeková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
In ihrer Laudatio lobte die Chefredakteurin von Emerging Markets, Antonia Oprita, den Preisträger Singer unter anderem für die „zweckmäßige Kommunikationspolitik“ seiner Bank. Dazu bemerkt Zahradník:

„Die Tschechische Nationalbank ist meiner Meinung nach eine von nur ganz wenigen Banken in der Welt, die relativ tiefe Einblicke in ihre Arbeit und die damit verknüpften Entscheidungen gewährt. Im Gegensatz zu vielen anderen Zentralbanken werden gewichtige Entscheidungen des Bankenrats auch mit der entsprechenden Stellungnahme der einzelnen Ratsmitglieder veröffentlicht.“

Tobias L.,  Stock.xchng
Seine Auffassung belegt Zahradník zudem mit einem Beispiel:

„Als Beispiel hierfür möchte ich die so genannte verbale Intervention der Mitglieder des Bankenrats zum Währungskurs anführen. Vor noch nicht allzu langer Zeit sind sie zu der Einschätzung gelangt, dass der Wechselkurs der tschechischen Währung überbewertet sei. Da für die aktuelle Wirtschaftslage im Land und die nationale Währungsposition eine Kursabschwächung der Tschechischen Krone aber viel günstiger sei, haben sie diese Meinung auch öffentlich zum Ausdruck gebracht. Aufgrund ihrer verbalen Intervention ist es dann auch zu der Abschwächung gekommen.“

Tschechische Nationalbank  (Foto: Oleg Fetisow)
Auf der anderen Seite hätten Gouverneur Singer und die Nationalbank die Auszeichnung nicht nur für ihre offene Kommunikationspolitik oder ihre öffentlichen Äußerungen zur Kursbewertung erhalten. Hinter einer guten Kommunikation müssten auch gute Inhalte stehen, und die habe die Nationalbank zum Beispiel mit ihrer Leitzinspolitik erbracht, betont Zahradník:

„Es ist bekannt, dass die von der Tschechischen Nationalbank festgelegten Leitzinsen schon seit geraumer Zeit auf einem niedrigen Rekordwert liegen. Das verdeutlicht zum einen die relativ niedrige Inflationsgefahr, war andererseits aber auch eine Reaktion auf die längere Zeit nicht vorhandene Dynamik der tschechischen Wirtschaft. Wir wissen, dass sich unsere Ökonomie noch vor kurzem in der Rezession befand. Die Nationalbank hat deshalb mit ihrer Leitzinspolitik versucht, der Wirtschaft bestmögliche Bedingungen für die eigene Wiederbelebung zu geben.“

Diese Finanzpolitik hat offensichtlich funktioniert. Zu Jahresmitte hat die tschechische Wirtschaft nämlich ihre Talsohle durchschritten und geht seitdem einer erneuten Konjunktur entgegen.