Extremkälte und das Leben auf der Straße

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Frostige Kälte hält seit einigen Tagen große Teile Europas gefangen. In Tschechien wurde der bisherige Rekordtiefstwert in diesem Winter im Böhmerwaldort Kvilda / Außergefild gemessen: Bis auf -38,1 Grad fiel das Thermometer in der Nacht auf Freitag. Aber auch in den Städten liegen die Tiefstwerte derzeit im zweistelligen Minusbereich. Neun Menschen sind den offiziellen Angaben nach hierzulande seit Beginn der Woche an Unterkühlung gestorben – meist waren sie obdachlos.

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Es geht für Obdachlose ums Überleben bei nächtlichen Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Die tschechischen Städte und Gemeinden haben deswegen eine ganze Reihe Notunterkünfte geschaffen. Viele derer, die kein Dach über dem Kopf haben, begrüßen dies:

„Ich nutze das zum ersten Mal in den vergangenen zehn Jahren, in denen ich auf der Straße bin. Das hier ist ein Vorteil“, so einer der Männer, die sich in einem beheizten Militärzelt im nordwestböhmischen Sokolov / Falkenau einquartiert haben.

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Doch manche Obdachlose werden aus den Notunterkünften verwiesen, weil sie zum Beispiel zu viel Promille im Blut haben. Andere lehnen eine Einquartierung wiederum freiwillig ab, trotz der Gefahr zu erfrieren. So zum Beispiel Josef, 43 Jahre alt. Er und ein Freund haben am Ufer des Flusses Radbuza im westböhmischen Plzeň / Pilsen ihr eigenes Zelt aufgeschlagen:

„Wir müssen das irgendwie schaffen: Decken, Schlafsäcke und Gehen, Gehen, Gehen. Wir haben unser Zelt beheizt, es ist alles in Ordnung, wir sind drei: zwei Menschen und ein Hund.“

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In eine Notunterkunft der Stadt will Josef nicht, er hat seine Gründe:

„Zum einen wegen des Hundes, zum anderen habe ich so einiges darüber gehört: verschiedene Krankheiten, Ungeziefer und so weiter.“

Die Nacht auf Freitag haben die beiden Obdachlosen über die Runden gebracht. Andere hatten weniger Glück. Erneut meldeten die Presseagenturen weitere Kälteopfer – auch in Pilsen: Dort starb bei rund -20 Grad Außentemperatur ein Mann, der sich in einem verlassenen Haus eingenistet hatte. Gerade verlassene Häuser und weitere solche Objekte würden von der Polizei in diesen Tagen besonders häufig kontrolliert, sagte ein Angehöriger der motorisierten Polizeistaffel in Pilsen:

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„Wir führen Präventivkontrollen durch. Zum Teil wegen der Ausländer, aber auch wegen junger Menschen, die noch schulpflichtig sind und in den Objekten Schutz suchen. Und jetzt bei den eisigen Temperaturen schauen wir, dass sie nicht erfrieren.“

Für Menschen mit einem Dach über dem Kopf drohen derzeit wegen der Kälte dagegen maximal Unannehmlichkeiten. Bahnreisende beispielsweise mussten in Tschechien in den letzten Tagen immer wieder auf ihre Verbindungen warten: Einige Züge fielen aus, nachdem die Gleise dem Frost nicht standgehalten hatten.

Eine beruhigende Nachricht kam am Donnerstag aber von den Energieversorgern. Zwar hat Russland erneut seine Gaslieferungen über die Ukraine in den Westen gedrosselt, doch die Firma RWE kompensiert dies auch für Tschechien über Lieferungen durch die Gasleitung Nordstream. Zudem habe man genügend Reserven, wie ein RWE-Sprecher sagte.