Fall Kuřim: Geheimnisvolle Anička in Norwegen als Adam festgenommen

Barbora Škrlová als 12-jähriger Adam (Foto: ČTK)

Einer der verworrensten und seltsamsten Fälle der jüngsten tschechischen Justizgeschichte, das ist der Fall von Kindesmisshandlung in der mährischen Stadt Kuřim. Über den Fall haben wir Sie im Frühling und Sommer bereits ausführlich informiert. Darin verwickelt war auch die 13-jährige Anička, die sich kurz darauf als 33-jährige Barbora Škrlová entpuppte. Diese Barbora Škrlová ist vor einigen Tagen wieder aufgetaucht - in Norwegen. Und zwar als 12-jähriger Adam. Pavel Polák bemüht sich im folgenden Beitrag um Aufklärung.

Barbora Škrlová als 12-jähriger Adam  (Foto: ČTK)
Die tschechische Öffentlichkeit war erschüttert. Diesen Fall zu verstehen, fällt selbst der Justiz schwer. Bis jetzt wurden nur wenige Tatsachen ans Licht gebracht. Die 33-jährige Barbora Škrlová hatte sich im vergangenen Jahr als 13-jährige Anička ausgegeben. Der Grund dafür ist jedoch noch unbekannt. Jedenfalls wurde sie als Anička in die Pflege von Klára Mauerová gegeben. Man wusste aber nicht, dass Mauerová ihre zwei Söhne Ondřej und Jakub in ihrem Haus in Kuřim mit weiteren Komplizen brutal quälte. Es besteht der Verdacht, dass auch Barbora Škrlová alias Anicka misshandelt wurde. Die Polizei vermutet, dass hinter dem Fall eine Sekte steht, deren Anführer Škrlovás Vater sein könnte.

Die wahre Identität von Škrlová wurde jedenfalls erst im Laufe der Ermittlungen im Falle der Kindesmisshandlung entdeckt. Allerdings war sie da bereits geflüchtet. Škrlová gilt als Kronzeugin in dem Fall, deswegen fahndete die tschechische Polizei seit Sommer vergangenen Jahres nach ihr. Die Spur wies nach Dänemark und hat sich dort verloren.

Barbora Škrlová als 12-jähriger Adam  (Foto: ČTK)
Festgenommen wurde Barbora Škrlová dann diese Woche in Norwegen, diesmal als 13-jähriger Junge namens Adam. Zu dieser neuen Identität verhalf ihr nach Angaben der Polizei der tschechische Theatermacher und Schriftsteller Martin Fahrner, indem er ihr den Pass seines Sohnes Adam lieh. Warum er das tat, das will er bisher nicht verraten.

Barbora Škrlová besuchte als Adam sogar eine norwegische Schule, niemand hatte Ahnung von ihrer wahren Identität. Der Schwindel flog auf, als sie Martin Fahrner – also ihren Scheinvater – beschuldigte, sie misshandelt zu haben. Fahrner wurde festgenommen und Škrlová alias Adam ins Kinderheim gebracht. Nach der Flucht von dort stellte die norwegische Polizei erst bei der Verhaftung fest, dass Adam eigentlich eine erwachsene Frau ist.

„Die ganze Sache ist sehr rätselhaft, genauso wie die Rolle von Škrlová in der gesamten Geschichte. Es gibt keine klare und fachliche Erklärung. Meiner Meinung nach handelt es sich wohl um eine Persönlichkeitsstörung“,

so der Psychiater Zdeněk Bašný. Škrlová ist jedenfalls am Mittwoch nach Tschechien gebracht und dort in Polizeigewahrsam genommen worden.

„Sie war selbstverständlich nervös, weil sie nicht wusste, was sie erwartet. Sie war sich der Tatsache bewusst, dass ein Strafverfahren gegen sie vorliegt. Der intensive Druck der Medien, vor dem wir sie schützen wollten, hat sich nicht gut ausgewirkt. Ihr Verhalten entsprach eher dem eines Teenagers als dem eines Erwachsenen“,

so Michael Weiss vom Polizeipräsidium, der Škrlová am Prager Flughafen abholte. Ob Barbora Škrlová alias Adam alias Anička das Opfer der Verschwörung einer Sekte oder eine Mittäterin ist, will die Polizei nun herausfinden.