Falsche "nationale" Einigkeit der Parteien?

Wie wir bereits im vorangegangenen Beitrag berichteten, hat das Abgeordnetenhaus am Mittwochvormittag erwartungsgemäß eine fraktionsübergreifende Resolution zur Nachkriegsgesetzgebung verabschiedet. Darin wird festgestellt, dass "diese Gesetze und Dekrete in der Zeit nach deren Erlass durchgeführt und verbraucht wurden und heutzutage auf ihrer Grundlage keine neuen Rechtsbeziehungen mehr entstehen dürfen".

Das einheitliche Vorgehen aller Parteien, einschließlich der Kommunisten, in der Frage der in letzter Zeit so häufig proklamierten so genannten "nationalen Interessen", wird von dem Politologen Bohumil Dolezal in einem Kommentar mit dem Titel "Demonstration der nationalen Einheit" in der Mittwochausgabe der auflagenstärksten Tageszeitung Mlada fronta Dnes erörtert. Womit ist diese ungewöhnliche Einigkeit hinsichtlich der "nationalen Interessen", die an die Zeiten der sogenannten Nationalen Front während der kommunistischen Ära erinnert, zu erklären - Bohumil Dolezal dazu:

"Ich glaube, die politischen Parteien - vor allem die ODS, die mit der Kampagne angefangen hat, hat die latenten Angst ausgenutzt, die unter der Bevölkerung immer noch lebt, die Angst, dass jemand kommt und etwas uns nehmen wird, d.h. wie jede nationalistische Aktion ist sie durch Angst begründet und die Angst ist der Beweggrund der politischen Handlung in diesem Falle.

Bohumil Dolezal gehört gemeinsam mit anderen Politologen und Publizisten zu den Initiatoren einer Petition von Anfang April, in der vor der Entfesselung einer nationalistischen Hysterie und dem Missbrauch der schmerzvollen Probleme der Vergangenheit vor den Wahlen gewarnt wurde. Der Aufruf wurde inzwischen von vielen bekannten Persönlichkeiten des tschechischen öffentlichen Lebens unterzeichnet. Über die Auswirkungen des Appells sagte Bohumil Dolezal:

"Ich habe jetzt den Eindruck, dass unser Aufruf - den nicht nur Intellektuelle, sondern auch ganz normale Bürger, die nicht zur intellektuellen Schicht der Gesellschaft gehören, unterzeichneten - hoffentlich Einfluss hatte. Mir scheint es in der letzten Zeit, dass die Aggressivität der nationalistischen Kampagne der ODS ein wenig nachgelassen hat. Auch diese Erklärung wurde ganz leise, ohne großen Lärm aufgenommen, in diesem Sinne hatte es einen positiven Sinn. Leider ist es uns nicht gelungen, diese falsche nationale Einigkeit auf der politischen Ebene zu brechen."