Faust-Haus nach dem Brand renoviert

Das historische Faust-Haus auf dem Prager Karlsplatz

Vor einem Jahr wurde das historische Faust-Haus auf dem Prager Karlsplatz durch einen Brand beschädigt. Vergangene Woche wurden die renovierten Räumlichkeiten des Gebäudes, in dem die erste medizinische Fakultät der Karlsuniversität ihren Sitz hat, der Öffentlichkeit präsentiert. In das Faust-Haus laden Sie Martina Schneibergova und Gerald Schubert im folgenden Spaziergang durch Prag ein.

Das Faust-Haus auf dem Prager Karlsplatz
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr, am 4. Juli 2003, brach in der Bibliothek im rechten Flügel des Faust-Hauses ein Brand aus. Die Feuerwehr evakuierte die Mitarbeiter der Fakultät, in zwei Stunden gelang es der Feuerwehr, den in der zweiten Etage des Hauses entstandenen Brand zu löschen. Durch den Brand wurden Räumlichkeiten im zweiten und dritten Stock - die Bibliothek und die Arbeitsräume von drei Instituten der Fakultät beschädigt. Vernichtet wurden die Zimmerdecke zwischen der ersten und zweiten Etage, die Ausstattung der Räume und ein Teil der Bibliothek. Beschädigt wurden die Barockverzierungen im Gang, die gründlich restauriert werden mussten.

Nach Ermittlungen der Kriminalpolizei und der Feuerwehr handelte es sich um vorsätzliche Brandstiftung. Die unmittelbar durch den Brand verursachten Schäden erreichten ca. 2,7 Mio. Kronen (umgerechnet etwa 90.000 Euro). Der medizinischen Fakultät gelang es mit Hilfe des Prager Magistrats die notwendigen finanziellen Mittel für die Renovierung zu besorgen. Die Mitarbeiter der Fakultät arbeiteten das ganze Jahr hindurch in dem beschädigten Gebäude unter manchmal sehr provisorischen Bedingungen. Nun wurden die Renovierungsarbeiten beendet und in den neu gestalteten Räumlichkeiten kann wieder unterrichtet werden.

Das Faust-Haus
Das Faust-Haus kann jedoch auf eine lange Geschichte zurückblicken, die mit verschiedenen Legenden verbunden ist. Allein die Lage des heutigen Faust-Hauses war schon vor der Gründung der Prager Neustadt durch Karl IV. sehr günstig. Denn schon früher gab es hier einen Marktplatz, der sich in der Nähe des Hohlwegs befand, der in die heutige Vysehradska-Strasse mündete. Diese viel benutzte Straße führte schon immer zu der zweiten Burg auf dem Gebiet des heutigen Prags - zum Vysehrad. Von der Bedeutung dieser Straße zeugt auch eine Eintragung aus der Kosmas-Chronik, die sich auf das Jahr 1091 bezieht. Fürstin Wilburga erinnert darin den ersten böhmischen König Vratislav während des Streits mit seinem Sohn Bretislav an die folgende Tatsache:

"Nirgendwo kannst du reicher werden, nirgendwo kannst du dich besser niederlassen wie unter der Prager Burg und auf dem zum Vysehrad führenden Weg. Dort leben Juden, die Gold und Silber besitzen, sowie Kaufleute aus verschiedenen Ländern, dort gibt es einen Marktplatz, auf dem es viel Reichtum gibt."

Das Faust-Haus
Soweit Fürstin Wilburga. Es ist kein Wunder, dass die Mündung des Platzes Richtung Vysehrad nach der Errichtung der Neustadt ein sehr begehrtes Grundstück darstellte. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand dort ein mittelalterlicher Palast, der den Fürsten von Opava/Troppau gehörte. 1378 besaß Jan, Fürst von Troppau, den Palast einschließlich der Weinberge, die sich auf seiner Südseite erstreckten.

Während der hussitischen Revolution wurde das Gebäude beschlagnahmt und nach 1420 überging es vorübergehend in die Hände des Neustädter Richters Petr Kamenik. 1434 verlor das Haus seinen Besitzer und wurde - wie es in den historischen Quellen hieß - "fast abgerissen und ausgeplündert". Das beschädigte Gebäude trat Wenzel, Herr von Troppau, 1441 an den Neustädter Schreiber Prokop ab. Dieser ließ das Haus renovieren. Der Notiz über die Übertragung des Hauses an den neuen Besitzer im Stadtbuch legte Prokop auch einen Privatbrief bei, den er von Vaclav von Troppau erhielt. Darin hieß es:

"Wir bitten dich, einen erwachsenen Gesellen zu finden, der sich in der Alchimie auskennt und den du uns hierher schicken könntest..."

Diesen Brief kann man für die erste Spur der geheimnisvollen Alchimisten halten, die mit dem Faust-Haus verbunden sind. Sowohl der Schreiber Prokop als auch Wenzel von Troppau waren nämlich passionierte Bewunderer der Alchimie. Es wird vermutet, dass Wenzel schon in seiner Jugend alchimische Versuche in seinem Palais durchgeführt haben soll.

Das Faust-Haus hatte dann seine Besitzer gewechselt. Seit 1543 gehörte es Doktor Jan Kop aus Raumenthal, der Leibarzt des Kaisers Rudolf II. wurde. Kop ließ das Haus im Renaissancestil umbauen. Der nächste Besitzer des Gebäudes war der Astrologe Jakub Krucinek, der auch am Hof Rudolf II. lebte. Jakub hatte zwei Söhne - einer der beiden Brüder ermordete den anderen - angeblich wegen eines Schatzes, der in dem Gebäude versteckt war. Der Mörder wurde auf dem Rossmarkt hingerichtet.

Nach dieser Familientragödie kaufte der englische Abenteuerer Edvard Kelley das Haus, der als Alchimist bei Rudolf II. wirkte. In seinem Haus auf dem Viehmarkt soll Kelley chemische und pyrotechnische Versuche durchgeführt haben, und deswegen sei er bei seinen Nachbarn nicht gerade beliebt gewesen. Als Kelley einen seiner Nachbarn im Streit umbrachte, wurde er verhaftet. Er saß im Gefängnis auf der Burg Krivoklat. Bei einem Fluchtversuch hat Kelley sein Bein gebrochen. So starb einer der Urheber der Faust-Legende im Alter von 40 Jahren.

Nach der Familie Netvorsky aus Briza wurde 1725 die Adeligenfamilie Mladota aus Solopysky Besitzer des sog. Faust-Hauses. Josef Mladota ließ seinen Sitz im Barockstil umbauen. Mladota gehörte wieder zu den Bewohnern des Gebäudes, die sich mit Versuchen befassten. Da er schon im 18. Jahrhundert lebte, beschäftigte er sich mit der Mechanik, Chemie und offensichtlich auch schon mit der Elektrizität. Er sammelte verschiedene Geräte, die er gern seinen Gästen vorführte.

Mladota wurde von seiner Umgebung für einen Zauberer gehalten. Eine später verbreitete Legende verwechselte diesen Adeligen mit einem armen Studenten, der in dem verlassenen Palast nicht nur Reichtum, das dort Doktor Faust angeblich hinterließ, sondern auch den Tod gefunden haben soll, als er versuchte, nach den schwarzen Zauberbüchern von Doktor Faust zu zaubern.

Die Verbindung des einstigen Mladota-Palastes mit Doktor Faust ist jedoch eines späteren Datums. Zum erstenmal tauchte die Bezeichnung Faust-Haus in der tschechischen Illustrierten "Vlastimil" 1840 auf. Eine viel bekanntere Bearbeitung der Legende über das Faust-Haus stammt von dem tschechischen Schriftsteller Alois Jirasek, dessen Buch "Alte böhmische Sagen" jahrelang die Pflichtlektüre war. In einigen Legenden ist auch über einen unterirdischen Gang die Rede, der das Neustädter Rathaus mit dem Faust-Haus verbunden haben soll.

Die letzten Privatbesitzer des Faust-Hauses waren die Angehörigen der Neustädter Familie Cop. 1838 kaufte eine karitative Organisation das legendenumwobene Haus und errichtete dort ein Heim für Taubstumme. Danach kaufte das allgemeine Krankenhaus das Gebäude und errichtete dort eine Apotheke. In den angeblich verzauberten Räumlichkeiten hatte seitdem die moderne Wissenschaft ihren Sitz.

Das Faust-Haus nach dem Brand  (Foto: CTK)
Wie entstand das oft in den verschiedenen Legenden zitierte Loch in der Decke, wodurch der Teufel seine Opfer geholt haben soll? Vielleicht wurde es während der preußischen Belagerung Prags im 18. Jahrhundert verursacht. Nachweisen kann man es aber heute kaum mehr. Wie anfangs gesagt, hat heute die erste medizinische Fakultät der Karlsuniversität im Faust-Haus teilweise ihren Sitz. Vor sieben Jahren wurde in den historischen Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Akademikerklub der Fakultät eröffnet. Und so dient auch heute das altehrwürdige Haus eigentlich der Wissenschaft. Es ist kaum wahrscheinlich, dass sich die alte lateinische Überschrift erfüllen könnte, die in dem Haus aus den Zeiten der Mladotas stammt. Danach wird jeder, der das Haus unter Sklavenjoch bringen möchte, verflucht.

Aus der Vergangenheit kehren wir wieder in die Gegenwart des renovierten Faust-Hauses zurück. Wie bereits erwähnt, wurden durch den Brand u. a. die historischen Zimmerdecken des Hauses stark beschädigt. Die Mitarbeiterin des Denkmalschutzes, Jana Ruzickova meint:

"Es handelte sich nicht nur um historische Decken, sondern auch um Wandverputz. Es gibt hier noch den ursprünglichen Wandverputz aus der Barockzeit. Bislang wurden noch nicht alle Wände untersucht, so dass sich unter diesem Putz noch ältere Wandmalereien befinden können. Hier gibt es noch viele versteckte Schätze, über die man nichts weiß, die jedoch durch einen wenig schonenden Umgang beschädigt werden könnten. Die Decken, die durch den Brand auch beschädigt wurden, waren nicht bemalt, so dass die Schäden nicht so hoch waren."

Sind die Denkmalschutzexperten mit der Renovierung des Faust-Hauses zufrieden?

"Wir sind sehr zufrieden. Die medizinische Fakultät war sehr entgegenkommend. Sie hat die notwendigen finanziellen Mittel für die Renovierung besorgt und es bestand der Wunsch, das historische Gebäude entsprechend zu renovieren. Die Renovierung ist wirklich gelungen."

Jana Ruzickova hofft, dass die Denkmalschutzexperten nächstes Jahr die Möglichkeit haben werden, die versteckten historischen Schätze des Faust-Hauses zu erforschen:

"Der Prager Magistrat versprach, die Untersuchungen finanziell zu fördern. Im ursprünglich gotischen Erker, der später mehrmals umgebaut wurde, wurden Barockmalereien entdeckt. Die ersten Funde wurden im Erdgeschoss des Erkers entdeckt, diese werden restauriert."

Das Faust-Haus, das eine einzigartige Sehenswürdigkeit darstellt, ist unter Prag-Besuchern wenig bekannt. Der im Erdgeschoss errichtete Klub ist für die Öffentlichkeit geöffnet:

"Ich versuche sowohl die Fakultät, als auch alle Restauratoren und andere Experten, die hier gearbeitet haben, dazu anzuregen, das Haus zu bekannt zu machen. Denn diese Sehenswürdigkeit ist noch wenig im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert. Es ist deswegen notwendig, Artikel über das Haus in der Presse zu veröffentlichen."