Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens

Wie gegen Ende jeder Woche, haben Gerald Schubert und Robert Schuster für Sie nun eine neue Ausgabe von Im Spiegel der Medien, der Mediensendung von Radio Prag vorbereitet.

Liebe Hörerinnen und Hörer, im Mittelpunkt unserer heutigen Sendung soll wieder einmal das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen - CT stehen. Dieses Medienunternehmen, dessen jährliches Budget rund fünf Milliarden Kronen umfasst, das sind knapp 160 Millionen Euro, befindet sich nämlich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Scheideweg: Die Kassen von CT sind leer, und die Fernsehleitung möchte deshalb bei den Abgeordneten eine Erhöhung der Fernsehgebühr erreichen, nicht zuletzt auch verbunden mit dem Hinweis, die Höhe der Gebühren sei seit vielen Jahren - ungeachtet der Entwicklung von Inflation und Nettoeinkommen - gleich geblieben. Die Politiker ihrerseits sträuben sich gegen diese Wünsche und lehnten bereits mehrmals eine Anhebung der Gebühren ab. Einige versuchten dabei sozusagen eine umgekehrte Argumentation anzuwenden und machten ihre mögliche Zustimmung davon abhängig, dass das Tschechische Fernsehen künftig gänzlich auf Werbung verzichten solle.

Diese aktuelle Debatte über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sei keinesfalls neu und wiederhole sich in regelmäßigen Abständen. Ebenso sei Tschechien nicht das einzige Land in Europa, in dem in einer Zeit der verstärkten Präsenz von privaten Anbietern auf dem Medienmarkt, die alteingesessenen öffentlich-rechtlichen Sender ins Gerede gekommen seien, wie der Prager Medienwissenschaftler Milan Smid im Folgenden erläutert:

"Debatten über die öffentlich-rechtlichen Medien werden nicht nur in Tschechien geführt und treten auch anderswo von Zeit zu Zeit immer wieder in den Vordergrund. Es gibt aber dennoch einen wichtigen Unterschied und zwar, dass in Westeuropa niemand an der Nützlichkeit von öffentlich-rechtlichen Medien zweifelt, während hierzulande die Frage in den Raum gestellt wird, ob Medien überhaupt aus öffentlichen Mitteln finanziert werden sollten. Zehn Jahre nachdem die ersten privaten Anbieter auf Sendung gingen, ist zwar auf Grund der Erfahrung mit deren Wirken die Akzeptanz eines nicht-kommerziellen Fernsehens gestiegen, aber dennoch wurden die Zweifel nicht vollständig aus der Welt geschafft. Heute geht es um die Frage, ob das Fernsehen eine kleine, vom Staat finanzierte, Kulturinstitution sein sollte, oder aber ein ebenbürtiger Konkurrent der Privaten, was aber eine Frage der fehlenden Mittel ist, und das ist, denke ich, der Kern der gegenwärtigen Debatte."

Milan Smid lehrt heute Kommunikationswissenschaft an der Prager Karlsuniversität. In seinen Arbeiten und zahlreichen Aufsätzen, die er veröffentlicht hat, konzentriert er sich insbesondere auf die elektronischen Medien und in diesem Bereich vornehmlich auf die heimische Fernsehlandschaft. Die meisten von Smids täglich verfassten Beiträgen, versehen mit einer Vielzahl von weiterführenden Verweisen, erscheinen auf den Seiten seines Internet-Tagebuchs, das in Anlehnung an die legendäre "Fackel" des österreichischen Journalisten und Feuilletonisten Karl Kraus die Bezeichnung "Louc" trägt, was auf Deutsch Kiensparen bedeutet. Milan Smid erklärt im Folgenden auch gleich, warum er sein Medientagebuch mit diesem Namen versehen hat:

"Mein Tagebuch über die Medienwelt wird es im Juni diesen Jahren seit vier Jahren geben. Seitdem ich das erste Mal Texte ins Netz stellte, sind meine ursprünglichen Ziele die gleichen geblieben. Ich setze mir also nach wie vor das gleiche Ziel, welches seinerzeit auch Karl Kraus mit seiner Fackel verfolgte. Ich will mich natürlich bei weitem nicht mit dem großen Kraus messen, aber mein Anliegen ist das gleiche, wie jenes von Karl Kraus, der ein großer Kritiker der Medien in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war und auch unverblümt deren Fehler aufzeigt hat."

Aber zurück zum öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, das in den vergangenen Jahren mehrmals in die Schlagzeilen geraten ist. Nicht zuletzt auch der so genannte Fernsehstreik vom Dezember 2000, als die Fernsehbelegschaft in einen offenen Konflikt mit der neuen Führung geriet und ihr vorwarf für parteipolitische Interventionen empfänglich zu sein, hat die Öffentlichkeit gegenüber den Entwicklungen bei CT ganz besonders sensibilisiert. In vielen tschechischen Städten fanden damals große Protestkundgebungen statt.

Hat also im Nachhinein dieser Konflikt dem öffentlichen Erscheinungsbild des Tschechischen Fernsehen geholfen oder nicht? Das war unsere nächste Frage an den Kommunikationswissenschaftler und Publizisten Milan Smid:

"Die Krise beim Tschechischen Fernsehen der Jahreswende 2000 und 2001 hatte positive und negative Folgen. Zu den ersteren gehört wohl die Einsicht der Politiker, dass im Falle, sie würden versuchen sich in das öffentlich-rechtliche Fernsehen einzumischen, sie mit massivem Widerstand und Massendemonstrationen zu rechnen hätten. Die negative Konsequenz war aber, dass sich gezeigt hat, dass die Angestellten des Fernsehens bei weitem nicht nur ideale und utilitaristische Ziele verfolgten, sondern auch auf ihre eigenen Interessen aus waren. Damit lieferten sie auch indirekt den Gegnern des Fernsehens Munition und darunter hat im Endeffekt auch das Ansehen des Senders gelitten."

Aber auch das heutige Tauziehen der Politiker und der Fernsehführung über die künftige Finanzierung von CT könne, so Smid, eher zu den negativen Folgen des mehrwöchigen Streiks gezählt werden. So würde heute den Politikern der Mut fehlen sich in der Frage der Finanzierungsquellen für das Fernsehen eindeutig zu positionieren und diese auch zu sichern.

Stattdessen würde oft auf die nahe Zukunft verwiesen, die im Zeichen der Digitalisierung des Fernsehens stehen soll. Das Problem sei aber, so Smid weiter, dass heute niemand sagen könne, wie lange die Digitalisierung dauern und was sie kosten würde. Selbst die Länder, die bei dieser neuen Technologie die Vorreiter in Europa sind, wie etwa Großbritannien, oder die skandinavischen Länder, hätten die ursprünglichen Kosten und das Tempo bei der Einführung des digitalen Fernsehens unterschätzt. Es würde somit die Gefahr bestehen, dass sich die Finanzierung von CT als dauerhaftes Provisorium herausstellen könnte.

Zu den möglichen Konsequenzen der Einführung von digitalem Fernsehen auf die tschechische Medienlandschaft hören Sie abschließend noch einmal eine Einschätzung des Medienwissenschaftlers Milan Smid:

"Die Digitalisierung wird die ganze bisherige Fernsehlandschaft nachhaltig verändern, weil sie von einer grundlegenden Änderung begleitet werden wird - nämlich vom Übergang von einem Fernsehen mit wenigen Sendekanälen hin zum Mehrkanalfernsehen. Aber es ist zu diesem Zeitpunkt sehr schwer vorauszusagen, wie sich dabei die Rolle der heutigen Anbieter verändern wird, nicht zuletzt auch deshalb, weil es in Tschechien höchstwahrscheinlich erst in einem Horizont von zehn Jahren zu einer Digitalisierung kommen wird. Vielleicht wird aber dann durch das Mehrangebot an Sendern das öffentlich-rechtliche Fernsehen endgültig seine Rolle als Anbieter von Programmen für eine interessierte Minderheit wahrnehmen können und wird dann also nicht mehr eine so starke Rolle wie heute spielen, da bisher im ganzen Land lediglich vier Fernsehkanäle empfangen werden können."