„Fliegender Holländer“-Darsteller Joachim Goltz: „Prag ist ein Traum“
Am Donnerstag findet in der Prager Staatsoper die Premiere einer Neuproduktion von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ statt. Die Titelrolle singt Joachim Goltz. Martina Schneibergová hat mit dem deutschen Bariton gesprochen.
Herr Goltz, Sie sind nach zwei Jahren nach Prag zurückgehrt, um diesmal die Titelrolle in Wagners „Fliegendem Holländer“ zu übernehmen. Haben Sie hier bisher eigentlich nur in „Fidelio“ gesungen?
„Ich habe den Don Pizarro in der Wiederauflage an der Prager Staatsoper gesungen. Und vor zwei Jahren war ich dort zudem beim Eröffnungskonzert dabei, mit einigen Ausschnitten aus dem ‚Rosenkavalier‘ sowie ‚Fidelio‘. Dann war geplant, dass ich den Beckmesser in den ‚Meistersingern von Nürnberg‘ übernehme. Darauf hatte ich mich sehr gefreut. Stattdessen wurde aber ‚Tristan und Isolda‘ angesetzt, und wegen Corona wurde die Oper dann gar nicht aufgeführt. Jetzt bin ich froh, wieder hier zu sein, um den Holländer zu singen.“
Welchen Platz nimmt der „Fliegende Holländer“ in ihrem Repertoire ein?
„In Prag ist dies nun meine dritte Produktion. Oder eigentlich die vierte, weil ich einmal in Heidelberg eingesprungen bin. Ich singe alle Heldenbaritone von Wagner sehr gern, wobei der Holländer einer der schwierigsten ist. Es ist ein frühes Werk des Komponisten. Ich fühle mich aber eher wohl in den Rollen der etwas späteren Werke. Der ‚Fliegende Holländer‘ ist also für mich eine schwierige Partie. Aber ich freue mich sehr darauf, die Rolle zu spielen.“
Schade um die „Meistersinger“, aber die Corona-Pandemie brachte eben das ganze geplante Repertoire durcheinander. Dies betrifft bestimmt nicht nur die Prager Opernhäuser. Wie haben Sie die Corona-Zeit erlebt? Gab es für Sie die Möglichkeit aufzutreten?
„Ich habe den großen Vorteil, dass ich festes Ensemblemitglied im Nationaltheater Mannheim bin. Da war es für mich finanziell nicht so dramatisch. Natürlich sind viele schöne Gastspiele wie eben die ‚Meistersinger‘ in Prag weggefallen. Darauf hatte ich mich unglaublich gefreut, weil ich mich nach dem Pizarro wirklich in Prag verliebt habe. Diese Stadt ist ein absoluter Traum, jede kleine Gasse ist wie eine Filmkulisse. Hinzu kommen die drei schönen Opernhäuser. Jeden Abend, wenn ich keine Probe habe, gehe ich in eine Vorstellung. Ich habe eine wunderbare Ballettinszenierung des ‚Nussknackers‘ gesehen. Und letzte Woche habe ich eine traumhaft schöne ‚Rusalka‘ erlebt. Aber zurück zu der Corona-Zeit: Es war für alle schwierig, auch wenn man fest angestellt ist. Man wusste nicht, wann es endlich weiter geht. Ich bin ein Mensch, der aus allem das Beste zieht. Während der Corona-Pandemie hatte ich mehr Zeit für meine kleinen Kinder und für meine Familie. Jetzt hoffen wir alle, dass sich die Lage geändert hat – obwohl wir noch nicht ganz durch sind.“
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Regisseur Ole Anders Tandberg, der in Prag zum ersten Mal arbeitet?
„Tandberg ist ein sehr versierter Theaterhase. Er weiß ganz genau, was er tut und was auf der Bühne gut aussieht. Ich fühle mich bei ihm in sehr guten Händen. In meinem Leben habe ich schon mit vielen Regisseuren zu tun gehabt. Herr Tandberg ist sehr professionell und hat wirklich schöne Ideen. Auch das Bühnenbild stammt von ihm, es ist opulent und mechanisch höchst aufwendig. Wir nutzen die gesamte neue Technik der Staatsoper. Wenn alles so funktioniert, wie es der Regisseur möchte, wird es ein sehr eindrucksvoller Abend.“
Haben Sie noch eine weitere Lieblingsrolle in Wagners Opern, neben dem erwähnten Beckmesser?
„2018 hatten die ‚Meistersinger‘ in Mannheim Premiere, das war mein Beckmesser-Debüt. Die Vorstellung sah sich auch Per Boye Hansen (Chef der Prager Oper, Anm. d. Red.) an. Er hat mich gehört und als Beckmesser für die Prager Produktion engagiert. Diese fiel dann leider aus. Beckmesser gehört zu meinen Lieblingsrollen ebenso wie Telramund und die Alberiche im ‚Ring der Nibelungen‘, vor allem im ‚Rheingold‘.“
Sie haben das Prager Theater gelobt. Haben Sie eine engere Beziehung zur tschechischen Musik? Oder haben Sie bereits eine tschechische Oper gesungen?
„Als Student habe ich bei den Schlossfestspielen in Heidelberg in ‚Rusalka‘ mitgesungen, allerdings auf Deutsch. In meiner Muttersprache hatte ich auch in Wiesbaden einen Auftritt als ‚Krušina‘ in der ‚Verkauften Braut‘. Ich habe bisher schon auf Französisch, Russisch und Englisch gesunden. Aber Tschechisch ist leider irgendwie an mir vorbeigeschlittert.“
Sie treten auch bei Konzerten auf. Was mögen Sie lieber – Oper oder Konzerte?
„Ich singe mittlerweile viele Konzerte, und ich singe sie gern. Doch ich liebe das Schauspielen genauso wie das Singen, die Opernbühne ist mein liebstes Zuhause. Ich kann also keine Einstufung treffen, was ich lieber und was ich weniger mag.“
Bleiben Sie noch eine Weile in Prag?
„Ja, bis zur Premiere am 20. Januar beziehungsweise bis zu den nächsten Vorstellungen. Ich will meinen Aufenthalt in dieser wunderschönen Stadt genießen. Die nächsten Abende und Tage sind schon durchgeplant mit Vorstellungen, die ich mir anschauen darf – zum Beispiel die Oper ‚La Bohéme‘ und einige Ballettstücke. Mein Gott, wie liebe ich das Ballett! Wie traumhaft schön sind in Prag die Ballettvorführungen!“
Es gibt auch bald eine Premiere von „Romeo und Julia“…
„Stimmt. Ich würde mich freuen, wenn es zeitlich passt und ich mir die Ballettvorstellung auch anschauen könnte. Klassisches Ballett sieht man in Deutschland ganz wenig bis gar nicht mehr. Dabei muss es nicht ‚Der Nussknacker‘ oder ‚Schwanensee‘ sein. Es gibt auch modernere Stücke, wie ,Forsythe / Clug / McGregor‘. Dies sieht sehr spannend aus. Meine Gastwohnung in Prag ist im ehemaligen Klostergebäude am Anenské náměstí, dem Anna-Platz. Dort probt jetzt das Ballett. So ein Glück! Jeden Tag, wenn ich aus dem Haus gehe, sehe ich die Ballettsäle durch das Milchglas.“
Haben Sie eine Traumrolle, die Sie noch nicht gesungen haben?
„Meine Traumrolle war der Beckmesser. Dier Traum wurde mir aber schon erfüllt. Daneben ist es vielleicht Hans Sachs. Dafür ist aber noch Zeit, ich habe keine Eile.“
Vielleicht bekommen Sie auch ein weiteres Angebot aus Prag…
„Im Moment habe ich nur den lang verschobenen ‚Fliegenden Holländer‘. Aber ich hoffe, dass dies nicht die letzte Rolle in Prag sein wird. Mal schauen, wie es weiter geht.“
Die Neuproduktion von Wagners „Fliegendem Holländer“ hat am Donnerstag (18. 1.) in der Prager Staatsoper die Premiere. Die Vorstellung beginnt um 19 Uhr. Es gibt noch Restkarten.