Foma – Schwarz-Weiß-Fotomaterialien für den Weltmarkt

Die Firma Foma Bohemia aus dem ostböhmischen Hradec Králové / Königgrätz kann auf mehr als 100 Jahre ihres Bestehens zurückblicken. Und sie ist weltweit der zweitgrößte Hersteller von Schwarz-Weiß-Fotomaterialien. Damit knüpft sie an goldene Zeiten in den 1930er Jahren und auch während der kommunistischen Ära an.

Begleiter,  sitzend von links,  Ing. Evžen Schier,  Vilém Porkert sen.,  Dr. Adolf Dvořák  (Schwiegersohn von Vilém Porkert sen.) von links stehend Vilém Porkert jun. und Josef Porkert jr. | Foto: FOMA Bohemia

1921 wurde das Unternehmen unter dem Namen Fotochema gegründet. Die beiden Chemieingenieure Evžen Schier und Gustav Bárta hatten aber bereits zwei Jahre zuvor den Grundstein für die Firma gelegt. Da eröffneten sie im damaligen Prager Vorort Nusle einen kleinen Betrieb für die Fertigung von Foto- und Diapositivplatten. Letztlich fiel aber die Entscheidung, nach Hradec Králové umzuziehen, in die damals vielleicht fortschrittlichste Stadt der Tschechoslowakei.

Mit Hilfe weiterer Investoren ließen Evžen Schier und Gustav Bárta ein äußerst modernes Fabrikgebäude am Rand von Hradec Králové bauen. Bis heute wird am selben Ort gefertigt. Das Unternehmen heißt mittlerweile Foma Bohemia. Und die Produktpalette ist viel breiter als früher. Vítězslav Krejčí vertritt die Firma nach außen. In den Inlandssetzungen des Tschechischen Rundfunks zählte er auf:

„Wir stellen schwarz-weiße, lichtempfindliche Fotomaterialen her. Das weiß heute hierzulande nicht unbedingt jeder. Diese Materialien dienen für die Fertigung von Fotoaufnahmen auf klassischen Schwarz-Weiß-Filmen. Aber wir fertigen auch Röntgen-Filme für die Werkstoffprüfung. Damit können beispielsweise Schweißnähte an Maschinenteilen überprüft werden – oder an Röhren etwa bei Öl- oder Gaspipelines. Außerdem haben wir noch eine interessante Erweiterung im Sortiment, die sich an Spezialeinheiten der Polizei richtet. Das sind Folien für die Bestimmung von Fingerabdrücken oder des Schusswaffengebrauchs. Last but not least produzieren wir Tachoscheiben, mit denen in Lokomotiven die Geschwindigkeit kontrolliert wird.“

Gravur des FOMA-Geländes aus den 1930er Jahren | Foto: FOMA Bohemia

Wachsender Umsatz

Mitarbeiterfoto von 1922 | Foto: FOMA Bohemia

Foma Bohemia ist seit einigen Jahren wieder im Aufschwung. Gerade Deutschland ist eines der beiden größten Zielländer für Schwarz-Weiß-Fotomaterial aus Hradec Králové. Seit 2015 wächst der Umsatz aus dem Verkauf dieses Teils der Herstellung. Denn die Branchenführenden wie Kodak und Agfa haben ihre Schwarz-Weiß-Produktion mittlerweile aufgegeben. Deswegen ist Foma Bohemia hinter der britischen Firma Ilford der zweitgrößte Anbieter solcher Materialien. Vítězslav Krejčí erläutert, was es braucht, um einen Schwarz-Weiß-Film zu fertigen:

„Vor allem ist dies Silbernitrat. Dazu kommen Halogenid-Ionen, also Ammoniumchlorid, Kaliumbromid, Ammoniumbromid, Kaliumiodid und weitere. Durch eine gerinnende Reaktion entsteht Silberhalogenid, das in einer Gelatine aufgelöst wird. Dabei muss es zur Bildung von Silberhalogenid-Kristallen kommen. Darauf folgt die Phase sogenannter physikalischer Reifung, bei der die Kristalle bestimmte Formen annehmen. Das nennt man Mikrokristallisierung. Dann wird die Emulsion gekühlt und auf unterschiedliche Schichtträger aufgetragen. Im Falle von Filmen ist dies eine Kunststofffolie. Anschließend kommt der Film zum Beispiel in Kassetten für Filmkameras sowie auf Rollen für mittelgroße Formate, oder es werden unterschiedliche Größen gefertigt – von 9x12 Zentimeter bis 24x30 Zentimeter. Diese nutzt man in Großformatkameras, wie sie schon vor mehr als einhundert Jahren im Umlauf waren – sogenannte Balgenkameras mit Ziehharmonika-Gehäuse.“

FOMA Fotopapiere | Foto: FOMA Bohemia

Mit der Produktion von Schwarz-Weiß-Filmmaterial ist man zugleich an die Anfänge zurückgekehrt. Nach der Unternehmensgründung vor 101 Jahren mussten Evžen Schier und seine Mitstreiter aber erst einmal eine schwere Zeit durchstehen. Die Firma, die damals Fotochema hieß, stand bis 1927 mehrmals kurz vor dem Bankrott. Doch dann kamen die Erfolge, und man gewann zum Beispiel bei den Weltausstellungen in Brüssel, Paris und Ljubljana Goldmedaillen für die Produkte. Während der deutschen Besatzung stand das Unternehmen dann unter militärischer Verwaltung.

„Die Kriegszeit unterbrach die relativ erfolgreiche Ära. Man musste nun vorrangig für den deutschen Bedarf fertigen. In der Firma hat man das konkret so gelöst, dass ab 1940 die Tagesschicht für das deutsche Unternehmen Langebartels produzierte und die Nachtschicht für den tschechischen Markt.“, so Krejčí vor kurzem in einem Video-Interview für den tschechischen Verband professioneller Fotografen (Asociace profesionálních fotografů ČR).

Foto von geschäftlichen Werbereisen in der Slowakei im Jahr 1936 | Foto: FOMA Bohemia

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Fotochema neuen Wind. Allerdings wurde die Firma 1948 verstaatlicht und Gründer Evžen Schier von den Kommunisten rausgeworfen. Ein Jahr später profitierte der nun volkseigene Betrieb aber davon, dass er mit dem Fotopapier-Hersteller Neobrom aus Brno / Brünn sowie dem Unternehmen AKO aus Český Brod / Böhmisch Brod vereinigt wurde. So entstand der größte Produzent von Fotomaterial im gesamten Ostblock. Und weiter Vítězslav Krejčí:

„Mit dem Jahr 1958 begann rückblickend eine unserer bedeutendsten Etappen, die die Firma zu einem Begriff machte und genügend Geld für die weitere Entwicklung in die Kassen spülte. Das war die Ära des Farbfilms beziehungsweise der Herstellung von Fotopapier für farbige Bilder, das in den 1970er Jahren mehrfach ausgezeichnet wurde. Ab 1971 kam eine weitere Legende unserer Produktpalette auf den Markt, das war der Fomachrom – ein Negativ-Farbfilm.“

Monopolstellung im früheren Ostblock

Foto: FOMA Bohemia

Dem Unternehmen aus Hradec Králové half bei der weiteren Entwicklung auch, dass es innerhalb des Ostblocks einige Exklusivrechte erhielt.

„Diese waren im Rahmen des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe festgelegt. Fotochema erhielt das Monopol für die Herstellung von Fotopapier für farbige Bilder. Zu Anfang bestand ein solches Monopol auch für Negativ-Farbfilme. Die Produktion dieser Filme wurde aber nach einigen Jahren eingestellt und die Rechte in die DDR vergeben, konkret an die Firma Orwo“, weiß Krejčí zu berichten.

Mit der politischen Wende geriet Fotochema in schwere See – wie viele weitere Unternehmen des Ostblocks, die nun in der freien Marktwirtschaft konkurrieren mussten. 1990 wurde der Markennamen Foma zum Namen für das gesamte Unternehmen. Um bestehen zu können, stellte man die Herstellung von Farbfilmmaterial ein. Zu stark war auf diesem Feld die Konkurrenz von Kodak, Fuji und Agfa.

Foto: FOMA Bohemia

Die Privatisierung von Foma erfolgte 1995. Seitdem ist die Produktpalette des Unternehmens deutlich erweitert worden. Aber wie schon gehört, hat gerade die Herstellung von Schwarz-Weiß-Fotomaterialien in den zurückliegenden Jahren die Umsätze steigen lassen. Vítězslav Krejčí erklärt diesen Trend:

„Da kommt die heutige Generation junger Menschen ins Spiel. Sie sind nicht mit der analogen Fotografie aufgewachsen, wollen aber gerne zu Hause zum Beispiel ausprobieren, selbst einen Film zu entwickeln. Das bedeutet auch, mit einem klassischen analogen Fotoapparat Bilder zu schießen. Und von diesen Apparaten gibt es noch unzählige, denn sie sind relativ einfach zu reparieren, weil sie auf mechanischer Grundlage funktionieren. Mittlerweile werden sogar neue Apparate hergestellt. Es ist ein Retro-Trend, der sich über die ganze Welt ausbreitet. Und wir als Firma liefern dafür Material auf alle Kontinente.“

Foma beschäftigt heute rund 160 Menschen. Mit dem Export in über 90 Länder der Welt generiert das Unternehmen fast 90 Prozent seines Umsatzes.

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