Fotos schlagen hohe Wellen im tschechischen Politteich
Unsere Stimmen, die Stimmen der Wähler, sind in wenigen Wochen wieder gefragt. Ende September in Deutschland, am zweiten Wochenende im Oktober in Tschechien. Darauf, was in diesem Zusammenhang hierzulande über die sommerliche Politbühne geht, hat Jitka Mládková einen Blick im heutigen Radiofeuilleton geworfen.
Mindestens zwei Ereignisse haben die Tschechen aus der üblichen Sommerlethargie gerissen. Anfang Juli waren es die Hochwasserkatastrophen in mehreren Regionen des Landes und etwa einen Monat später war es das politische Yachting. Das will ich gleich erläutern. Zu diesem trafen sich Ex-Premier Mirek Topolánek, seine Lebensgefährtin und Ex-Vizevorsitzende des Abgeordnetenhauses Lucie Talmanová, beide von der konservativen ODS, ihr Parteikollege und Freund, Ex-Verkehrsminister Aleš Řebíček und der Lobbyist Marek Dalík, ebenfalls Topoláneks guter Freund. Das war die Crew auf einer Jacht in Monte Argentario an der toskanichen Küste, die dort, wie es später offiziell hieß, in Urlaub war.
Zur selben Zeit im selben Ort, angeblich „per Zufall“, verbrachte seinen Urlaub auch der Vizeparteichef der Sozialdemokraten und Ex-Minister für Industrie und Handel, Milan Urban (ČSSD). Die toskanische Küste konnte er wiederum an Bord einer Jacht gemeinsam mit Vladimír Johanes, dem einflussreichen Lobbyisten des größten tschechischen Stromkonzerns, der Firma ČEZ, bewundern. Die einen sollen nichts von den anderen gewusst haben und umgekehrt. Über den Trip hätte die Nation allerdings nichts erfahren, hätte es nicht einen „Zufall“ gegeben: Zur selben Zeit am selben Ort befanden sich auch Fotografen einer tschechischen Boulevardzeitung. Doch nicht nur sie allein haben die Fotos aller genannten Protagonisten der so genannten Toskana-Affäre promt nach Tschechien kolportiert. Der einheimischen Presse hat sie auch ein ehemaliger Geheimdienstchef zur Veröffentlichung angeboten.
Im einheimischen Politteich haben die Fotos sofort hohe Wellen geschlagen. Die zwei größten politischen Rivalen, die ODS und die ČSSD, haben sich der Fotomunition Tage lang zur gegenseitigen Beschuldigung bedient. Die einen appellierten an das Recht auf Urlaub, ohne bespitzelt zu werden, die anderen sind über die korrupten Konservativen empört. Mittlerweile ist der Schlagabtausch der beiden Parteichefs, Mirek Topolánek und Jiří Paroubek, auch auf die Lager ihrer Sympathisanten übergeschwappt.Im Internet schicken sie dem Chef der jeweils anderen Partei Bilder von virtuellen Geschenken. Der frischgebackene Yachtingexperte Topolánek hat einige Schiffchenmodelle bereits persönlich übernommen, vor laufenden Kameras wohl gemerkt. Der Sozialdemokrat und deklarierte Pantoffelheld Paroubek hat Ähnliches angekündigt. Auf ihn warten schicke Hausschuhe in süßen Farben und Ausführungen, in die sicherlich manche Frau gerne schlüpfen würde. Otto Normalbürger kann sich dabei die Augen reiben. Politische Kommentatoren mahnen allerdings: Macht Euch darauf gefasst, das war nur ein kleines Vorspiel zum Hauptwahlkampf im September. Sage und schreibe, da kann man sich richtig freuen! Na bitte, dabei hat Tschechien keinen Hape Kekerling alias Horst Schlämmer!