Französischer Minister für europäische Angelegenheiten Pierre Moscovici in Prag
Der EU-Gipfel in Göteborg ist zwar vorbei, seine Ergebnisse bleiben aber auch weiterhin Thema vieler Gespräche und politischer Verhandlungen. Die EU-Osterweiterung war auch Hauptthema der Gespräche, die der französische Minister für europäische Angelegenheiten Pierre Moscovici in Prag führte. Mehr dazu von Marketa Maurova.
Die Beschlüsse des EU-Gipfels von Göteborg und den Erweiterungsprozess bezeichnete er als unumkehrbar. Die neuen Mitglieder der Europäischen Union werden sofort nach ihrem Beitritt gleichberechtigt in den Entscheidungsprozess über die Angelegenheiten der Union eingeschlossen, erklärte er während einer Debatte an der Prager Karlsuniversität, an der er gemeinsam mit dem tschechischen Außenminister Jan Kavan teilnahm. Moscovici wiederholte, dass die EU die Beitrittsgespräche mit den am besten vorbereiteten Kandidaten bis Ende des kommenden Jahres abschließen will. Wie Kavan dazu sagte, möchte die tschechische Regierung die Verhandlungen bis Mitte 2002, d.h. noch vor dem Ende ihrer Amtszeit zum Abschluss bringen.
Über den Standpunkt Frankreichs zur EU-Erweiterung sagte der französische Minister gegenüber Radio Prag:
"Frankreich bevorzugt, dass eine möglichst breite Zahl der Kandidatenländer am 1. Januar 2003 der EU beitreten kann. Eine Bedingung dafür stellen natürlich abgeschlossene Beitrittsgespräche dar. Natürlich wird es dann auf Wunsch einzelner Länder bestimmte Übergangsphasen geben, aber das Ziel ist ein vollkommener Beitritt, eine vollwertige Mitgliedschaft."
Auf die Frage von Radio Prag, warum Frankreich kein Referendum über die EU-Erweiterung ausschreibt, antwortete Pierre Moscovici:
"Ein Referendum sollte meiner Meinung nach nur schwerwiegenden politischen Themen gewidmet sein. Wenn es um das Abkommen von Nizza geht, ohne das die Erweiterung nicht stattfinden kann, reicht die Ratifizierung durch unsere Organe, eine Volksabstimmung ist dann nicht nötig. Andererseits verstehe ich, dass die Tschechische Republik in dem Augenblick, wenn sie die Beitrittsgespräche beendet, ein Referendum ausschreibt. Was die Erweiterung betrifft, bin ich kein Befürworter der Übergangsphasen - und wenn es diese geben wird, dann müssen diese beschränkt werden. Wir sind nicht für ein Europa zweier Geschwindigkeiten, wir können den Kandidatenländern keine neue Teilung bieten, damit sie in der zweiten Gruppe bleiben, während die jetzigen Mitglieder in einer ersten, sozusagen in der Gruppe der Aristokratie sind. Es muss ein Europa geben. Die Erweiterung, das ist ein vollwertiger Beitritt, mit allen Rechten und Verpflichtungen."