Freud und Leid mit den Wetterkapriolen
Sie haben es bei uns vielleicht schon gehört. Die Temperaturen erreichen auch in Tschechien Rekordwerte. Um sage und schreibe fast 13 Grad höher als normalerweise lag hierzulande die Durchschnittstemperatur in der ersten Hälfte des Januars. Und die Meteorologen sehen kein Ende der milden Witterung: Sie glauben, dass in den Niederungen bis zum Ende des Monats nicht mit Schnee zu rechnen ist. Über die Kormorane, die anstatt in den Süden zu fliegen nun in Mähren rasten, haben wir bereits berichtet. Diesmal geht es um das Freud und Leid der Menschen mit den Wetterkapriolen.
Diese Scherzbolde aus Ostböhmen sind aber längst nicht die einzigen, die sich über das Wetter freuen, das so mild ist. Die Tschechen sind ein Volk der Pilzesammler - und diese kehren derzeit mit vollen Körben aus den Wäldern zurück. Dazu der Mykologe Svatopluk Holec von der Westböhmischen Universität in Plzen / Pilsen:
"In der vergangenen Woche habe ich beispielsweise Violette Rötelritterlinge gefunden. Das ist ein Herbstpilz, der zu dieser Zeit eigentlich nirgendwo mehr etwas zu suchen hat. Mir wurde auch gesagt, dass der Fichtenreizker entdeckt wurde. Ich habe jetzt begonnen, mich auch zu dieser Zeit in den Wäldern nach Pilzen umzusehen."Die Hände reiben sich zudem die Bauunternehmen. Bisher sind zwar erst die Zahlen vom Oktober bekannt, aber schon für diesen Monat verzeichnete die Branche wegen der günstigen Witterung ein Viertel mehr Aufträge als zum selben Zeitpunkt im Vorjahr.
Was des einen Freud, ist allerdings des anderen Leid. Vor allem die Betreiber von Skiliften und Seilbahnen klagen. Am Mittwoch lautete ihre erste Bilanz: Umsatzeinbußen von 20 Prozent. Und es dürfte für sie in diesem Winter noch schlimmer kommen. Denn ausgiebiger Schneefall ist erst für die zweite Februarwoche angekündigt. Nur begrenzte Freude haben die Karpfenzüchter. Zwar müssen sie derzeit nicht fürchten, dass ihre Bestände unter Sauerstoffmangel leiden, wie es bei zugefrorenen Gewässern sein kann. Dafür gibt es andere Probleme, wie der Leiter des Fischereizuchtverbandes im südböhmischen Trebon / Wittingau, Jan Huda, sagt:"Eine Gefahr besteht bei den Karpfenjungen, weil sie nur an der Grenze zur Winterruhe sind. Die Fische bewegen sich derzeit häufig und verlieren so ihre Fettvorräte."
Und dies könne laut Huda im Frühjahr zur Erkrankung der Fische führen. Doch auch für den menschlichen Organismus können die ungewöhnlichen Temperaturen eine Belastung sein. Die Ärzte in Tschechien melden volle Wartezimmer wie meist gegen Ende des Winters und zu Beginn des Frühjahrs. Viele Menschen sind erkältet, weil sie den Wechsel milder Tage mit den kalten Nächten unterschätzt haben. Psychiater beobachten hingegen, dass sich ein Teil ihrer Patienten subjektiv besser fühlt. Sonnenschein und die milden Temperaturen würden bei diesen die Stimmung derzeit aufhellen.