Für eine rote Karte ins Gefängnis? Tschechien diskutiert über Verunglimpfungs-Paragraphen
Sollte sich der Vorschlag durchsetzen, könnten Proteste in Tschechien in Zukunft deutlich an Würze verlieren. Insgesamt 60 Abgeordnete von Sozialdemokraten, Kommunisten, Partei Ano und Úsvit wollen einen Paragraphen wieder im Strafgesetzbuch sehen: den gegen die Verunglimpfung des Präsidenten. Erwartungsgemäß regt sich dagegen aber Widerstand.
„Das wäre eine Rückkehr in die Zeiten der Parteibonzen während der kommunistischen Normalisierung in den 1970er und 1980er Jahren“
Doch auch Teile der der Sozialdemokraten sind nicht erbaut vom Vorstoß einiger Kollegen. So zwitscherte der Fraktionsvorsitzende Roman Sklenák bei Twitter: „Ich würde gerne weiterhin in einem Land leben, in dem die Menschen offen ihre Meinung über den Präsidenten sagen können. Und zwar genau so, wie er über sie.“ Auf die gleiche Weise fragte auch der scheidende sozialdemokratische Menschenrechtsminister Jiri Dienstbier: „Sind die denn alle verrückt geworden?“
In der Regierung, die sich nun mit dem Vorschlag der Abgeordneten befassen soll, ist man ebenso wenig begeistert. Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) warnte zum Beispiel davor, das Strafrecht nun für politische Zwecke zu missbrauchen. Wo solle das nur enden, so der Premier gegenüber dem Tschechischen Fernsehen. Verteidigungsminister Martin Stropnický hält den Vorschlag auch für überflüssig, ruft aber beide Seiten zur Räson:„Ich halte es für übertrieben, dass jemand in den Kerker wandert, nur weil er mal ein böses Wort schreit. Was wir aber brauchen, ist, dass alle Seiten langsam wieder zu einem zivilisierten Gesprächsniveau zurückkehren.“