Fußball-Rivalen Slavia Prag und Sparta Prag rüsten mächtig auf

Halil Altintop (Mitte). Foto: ČTK

In den großen Fußballnationen Europas beginnt die neue Saison der jeweils ersten Liga im August. In Tschechien aber rollt der Ball schon wieder ab Freitag. Dann startet die höchste Spielklasse mit der Partie Zbrojovka Brno gegen Baník Ostrava in ihre 25. Saison. Das Hauptaugenmerk richtet sich jedoch auf zwei Clubs aus der Hauptstadt: Slavia Prag und Sparta Prag. Die beiden Traditionsvereine beschreiten neue Wege, um an ihr Ziel zu kommen.

AC Sparta - SK Slavia 1913
Die beiden Prager Fußballclubs AC Sparta und SK Slavia haben zwei Drittel der bisher vergebenen 24 Titel in der tschechischen Liga gewonnen. Sparta wurde zwölf Mal Meister, Slavia vier Mal. Nimmt man noch alle Titelkämpfe aus den Zeiten der Habsburger Monarchie und der Tschechoslowakei hinzu, fällt die Dominanz der beiden Traditionsvereine noch größer aus. Das aber war in den zurückliegenden sieben Jahren nicht mehr der Fall, denn da haben ihnen Viktoria Pilsen (vier Titel) und Slovan Liberec (ein Titel) gleich fünf Mal die Meisterschaftstrophäe vor der Nase weggeschnappt. Dies soll sich nun grundlegend ändern. Besonders bei Slavia herrscht Optimismus, dass man nach dem etwas überraschenden Titelgewinn im Frühjahr jetzt auch wieder für längere Zeit die Regentschaft im nationalen Fußball übernimmt. Für den Vorstandsvorsitzenden der Rot-Weißen, Jaroslav Tvrdík, jedenfalls steht fest:

Jaroslav Tvrdík  (Foto: Štěpán Kotrba,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Das einzig wichtige Ziel für uns in der neuen Saison ist die Titelverteidigung. Es gibt keinen Weg zurück, denn es ist unmöglich, dass wir uns ein kleineres Ziel setzen als die erneute Meisterschaft.“

Trotz dieser klaren Ansage aber ist Tvrdík und den anderen Verantwortlichen des Clubs aus dem Stadtteil Vršovice nicht entgangen, dass auch der große Erzrivale Sparta den nächsten Titel für sich beansprucht. Der tschechische Rekordmeister hat nämlich gleich neun neue Spieler verpflichtet, allein sechs davon sind Ausländer. Was aber noch mehr ins Auge fällt: Sparta will die hochgesteckten Ziele nun auch noch mit einem ausländischen Trainer erreichen. Vor der Saison wurde der Italiener Andrea Stramaccioni für zwei Jahre als Chefcoach verpflichtet. Slavia ließ sich davon indes nicht beeindrucken und handelte. Auch der Titelverteidiger hat sieben Neue in seinen Reihen, und – was noch wichtiger ist – drei davon sind echte Kracher: der Portugiese Danny, der Ukrainer Ruslan Rotan und der türkische Bundesligaspieler Halil Altintop. Von diesem Trio sei man einfach überzeugt, begründet Tvrdík den teuren Kauf:

Jaroslav Tvrdík (Slavia Prag): „Das einzig wichtige Ziel für uns in der neuen Saison ist die Titelverteidigung. Es gibt keinen Weg zurück, denn es ist unmöglich, dass wir uns ein kleineres Ziel setzen als die erneute Meisterschaft.“

„Das sind gestandene Profis mit sehr viel Erfahrung. Und diese Erfahrungen wollen wir uns gerade auf internationaler Bühne zu Nutze machen.“

Was der Slavia-Vorstandschef damit meinte, erläutert Trainer Jaroslav Šilhavý:

„Ich denke, dass sie uns helfen werden, die Nervosität abzustreifen, die unsere Mannschaft besonders bei internationalen Spielen immer noch an den Tag legt. In solchen Begegnungen war häufig zu sehen, dass einige Spieler immer dann, wenn es eng wurde, nervös geworden sind und nicht ihre optimale Leistung gebracht haben. Von daher glaube, dass uns gerade dieses Trio in solchen Situationen künftig helfen wird.“

Halil Altintop  (Mitte). Foto: ČTK
Besonders angetan aber ist man beim Hauptstadtclub von der Verpflichtung des langjährigen türkischen Nationalspielers Halil Altintop (38 Länderspiele). In den Vertragsgesprächen sei es dem 34-Jährigen weniger ums Geld gegangen als vielmehr um die sportlichen Perspektiven mit Slavia, lobte Tvrdík. Zudem habe Altintops über seine eigentlichen Aufgaben hinausgehende Torgefährlichkeit eine große Rolle für den Transfer gespielt, betont der Vorstandschef:

„Ein Kriterium für unsere Einschätzung zum Spieler war, dass er in der vorigen Saison als Mittelfeldspieler des FC Augsburg sechs Tore geschossen und zu drei weiteren Toren die Vorlage gegeben hat. In Augsburg wurde ihm daraufhin ein Angebot für eine Vertragsverlängerung unterbreitet, das er aber abgelehnt hat – genauso wie andere Angebote aus der Bundesliga. Von daher sind wir stolz darüber, dass er sich für Slavia entschieden hat.“

Jiří Pavlenka  (Foto: Archiv Slavia Prag)
Bezüglich der Zusammensetzung des Kaders aber freut Tvrdík ein anderer Fakt noch mehr als der Kauf der drei Ausländer:

„Die Achse unseres Teams bleibt auch in der neuen Saison bestehen. Und das betrachte ich als großen Erfolg.“

Dies stimmt jedoch nicht ganz, denn auf einer wichtigen Position musste Slavia dennoch Federn lassen – auf der Torwartposition. Torhüter Jiří Pavlenka wurde an den norddeutschen Traditionsverein Werder Bremen abgegeben. Dieser Verkauf habe sich finanziell jedoch gelohnt, streicht Tvrdík heraus:

Tvrdík: „Die Achse unseres Teams bleibt auch in der neuen Saison bestehen. Und das betrachte ich als großen Erfolg.“

„Wir haben von Werder Bremen ein Angebot bekommen, das deutlich über drei Millionen Euro lag. Das bedeutet, dass wir an Jiří Pavlenka sehr gut verdient haben: Er ist für zirka zehn Millionen Kronen zu uns gekommen, und abgegeben haben wir ihn für rund 100 Millionen Kronen. In seiner Zeit bei uns hat er Slavia maßgeblich zum Titelgewinn mitverholfen. Die Kreise, die er bei uns gezogen hat, werden also bleiben.“

Ansonsten weiß aber auch Tvrdík, dass im Sport der Sieg von heute kurze Zeit darauf schon wieder Schnee von gestern ist. Oder anders gesagt: Man darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, will man auch in Zukunft erfolgreich sein. Erst recht, wenn die Konkurrenz aus der eigenen Stadt kräftig am Rad dreht:

„Gegenwärtig ist es besonders unser Rivale Sparta Prag, der sehr räuberisch auf dem Spielermarkt unterwegs ist. Das hat dazu geführt, dass sich die Preise für Spieler in Tschechien gegenüber der Vergangenheit verdoppelt haben. Die Konkurrenz am Markt ist natürlich nun auch sehr hoch.“

Nichtdestotrotz ist man beim amtierenden Meister überzeugt, alles dafür getan zu haben, dass man auch in der neuen Saison den Herausforderungen gewachsen ist. Im Unterschied zu denen in der heimischen Liga formuliert der Vorstandsvorsitzende die internationalen Ziele des Vereins eher vorsichtig:

Andrea Stramaccioni  (Foto: ČTK)
„Die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League ist unser realistisches Ziel. Der Vorstoß in die Gruppenphase der Champions League aber ist der Traum, den wir uns erfüllen wollen.“

Sowohl Slavia als auch Sparta Prag haben solvente Besitzer, die viel dafür investieren, dass ihre Vereine sportlich gut dastehen. Bei den Rot-Weißen ist dies seit knapp zwei Jahren die chinesische Firma China Energy Company Limited (CEFC), bei Sparta bereits seit längerer Zeit der tschechische Unternehmer und Dollar-Millionär Daniel Křetínský, der über mehrere Firmen verfügt. Trotz der großzügigen finanziellen Unterstützung durch Křetínský aber haben die Blau-Gelb-Roten in jüngster Vergangenheit sportlich wenig Erbauliches geboten. Der letzte Titelgewinn liegt drei Jahre zurück, in der abgelaufenen Saison landeten die Spartaner hinter Slavia und Plzeň / Pilsen mit großem Punktabstand gar erst auf dem dritten Platz. Dies hat Křetínský dazu bewogen, noch einmal ganz tief in die Schatulle zu greifen. Und dabei hat Sparta sogar ein Novum erneuert, das der Renommierclub hierzulande in der Nach-Wende-Zeit exklusiv für sich in Anspruch genommen hatte: Er hat einen Trainer aus einer großen Fußballnation geholt. Der erste und einzige war bisher der Deutsche Jürgen Sundermann gewesen, der die Prager in der Saison 1994/95 trainierte. Nun folgt ihm Andrea Stramaccioni nach, der indes nur auf eine kurzeitige Erfahrung als Chefcoach von Inter Mailand verweisen kann. Trotzdem soll der Italiener Sparta wieder auf Kurs bringen. Dazu hat er gleich sechs Spieler aus dem Ausland zur Unterstützung bekommen: den Türken Semih Kaya und den Bosnier Eldar Ćivić in der Verteidigung, den Israeli Tal Ben Chaim, den Franzosen Rio Mavuba und den Serben Srdjan Plavšić im Mittelfeld, sowie den österreichischen Stürmer Marc Janko, der vom FC Basel kam.

Adam Kotalík  (Foto: ČTK)
Mit diesen Verstärkungen soll Sparta nun verlorenes Terrain wieder zurückerobern. Generaldirektor Adam Kotalík lässt dann auch keine Zweifel daran, was man mit diesem teuren Kader erreichen will:

„Die Ziele für die neue Saison sind dieselben wie in jedem Jahr. Das erste Ziel ist ganz klar der Einzug unserer Mannschaft in die Gruppenphase der Europa League. Dazu müssen wir die Qualifikation überstehen. Und das andere Ziel ist natürlich, dass wir endlich wieder den Meistertitel gewinnen. Danach sollten wir auch den Sprung in die Champions League schaffen.“

Neben den vielen Neuen hat Sparta zudem noch einen kleinen Trumpf in der Hinterhand: den langjährigen Kapitän der tschechischen Nationalmannschaft Tomáš Rosický. Seit der Rückkehr zu seinem Stammverein hatte der 36-Jährige nur ganze 20 Minuten für die Hauptstädter gespielt. Das war im vergangenen Herbst im Heimspiel gegen Mladá Boleslav / Jungbunzlau. Danach setzte ihn eine Verletzung der Achillessehne erneut für längere Zeit außer Gefecht. Mitte Juli aber feierte der Mittelfeldspieler im Test gegen den FC Blackburn ein vielversprechendes Comeback – auch wenn er vorerst wieder nur 20 Minuten zum Einsatz kam. Trainer Stramaccioni hofft darauf, dass Rosický schon bald wieder die Rolle des offensiven Spielmachers hinter den Spitzen einnehmen kann. Doch im Moment wolle er nichts überstürzen, so der Italiener:

Adam Kotalík (Sparta Prag): „Das erste Ziel ist ganz klar der Einzug unserer Mannschaft in die Gruppenphase der Europa League. Dazu müssen wir die Qualifikation überstehen. Und das andere Ziel ist natürlich, dass wir endlich wieder den Meistertitel gewinnen.“

„Den klassischen Zehner haben wir momentan nicht im Team. Natürlich würde ich mir wünschen, dass Tomáš Rosický diese Position spielen wird. Doch bei ihm müssen wir noch warten, bis er wieder zu 100 Prozent fit ist. Sein Mitwirken wäre allerdings das sogenannte Sahnehäubchen.“

Doch egal ob nun mit oder ohne Rosický: Die tschechische HET-Liga im Fußball verspricht in diesem Jahr besonders interessant zu werden. Die beiden Prager Vereine stehen dabei klar im Fokus. Und der schlechtere von beiden wird am Ende auch der erste Verlierer sein.

Autor: Lothar Martin
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