Lehrmeister und Schüler: Slavia Prag gewinnt Fußball-Derby gegen Sparta Prag

Sparta Prag - Slavia Prag (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)

Das Erlebnis Fußball gibt es in der Corona-Zeit nur aus der Röhre. In die Stadien sind keine Zuschauer zugelassen, also müssen sich die Fans mit dem TV-Angebot begnügen. Jedes Jahr aber ist es zweimal zumindest eine Begegnung, die in ganz Tschechien aufmerksam verfolgt wird: das Derby der Prager Traditionsvereine Slavia und Sparta. Am Sonntag fand die 297. Auflage dieses Prestige-Duells statt.

Lukáš Juliš  (rechts). Foto: ČTK / Michal Kamaryt

Am Donnerstag waren Slavia und Sparta Prag noch in der Europa League im Einsatz. Danach war klar, dass beide Teams mit einer unterschiedlichen Gemütslage in das Derby gehen werden. Denn während sich Liga-Spitzenreiter Slavia mit einem ungefährdeten 3:0-Sieg über Beer Sheva aus Israel den Einzug in die nächste Runde sicherte, ist Sparta nach dem 1:2 in Lille ausgeschieden. Trotz des Heimvorteils sprachen noch andere Zahlen gegen den Tabellen-Zweiten: Sparta hat seit fast fünf Jahren keine Partie mehr gegen den ungeliebten Rivalen gewonnen. Angreifer Lukáš Juliš aber gab sich kämpferisch:

„So lange schon? Vor fünf Jahren habe ich meine Profi-Karriere begonnen. Wir alle, die Spieler, Trainer und Fans von Sparta, wollen endlich einen Sieg im Derby. Und wir werden gewinnen.“

Ondřej Kolář  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)

Juliš selbst hätte zu diesem „Versprechen“ seinen Beitrag leisten können, denn beim Stand von 0:0 bekamen die Gastgeber einen Elfmeter zugesprochen. Der Stürmer schoss ihn jedoch zu unplatziert, so dass Ondřej Kolář im Tor von Slavia parieren konnte. Über diese Parade war der Keeper letztlich doppelt froh:

„Sparta wäre bei einem Treffer in Führung gegangen, und für uns wäre es dann schwerer geworden. Es war ein Foul von mir, denn ich habe Gegenspieler Krejčí beim Herauslaufen getroffen. Zum Glück aber habe ich den Teamkollegen geholfen, indem ich den Elfer gehalten habe.“

Abdallah Sima  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)

Ab diesem Zeitpunkt bestimmten die Gäste das Spielgeschehen und gaben ihrer spielerischen Überlegenheit auch in Toren Ausdruck. Noch vor der Pause schnürte der 19-jährige Senegalese Abdallah Sima einen Doppelpack. Damit avanciert er wie schon gegen Beer Sheva zum Matchwinner. Anders als in der Europa League entdeckte Trainer Jindřich Trpišovský diesmal aber ein paar Reserven bei seinem Supertalent:

„Seine spielerische Leistung war heute nicht die beste, auch wenn er offensiv sehr gefährlich war und ebenso gut nach hinten gearbeitet hat. Dennoch meine ich, dass er schon bessere Vorstellungen geboten hat. Entscheidend aber war seine Abschlussstärke.“

Jindřich Trpišovský und Ondřej Lingr  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)

Und die brachte den Tabellenführer schließlich auf die Siegesstraße. Sparta fand in der zweiten Halbzeit keine Mittel, um das Blatt noch zu wenden. Im Gegenteil, nur acht Minuten nach dem Seitenwechsel machte Mittelfeldspieler Ondřej Lingr mit einem platzierten Schuss ins linke Eck den Deckel drauf. Slavia gewann das Derby mit 3:0, und für Spartas Coach Václav Kotal blieb nur die bittere Erkenntnis:

„Für mich war Slavia viel beweglicher. Unser Kombinationsspiel ist viel zu behäbig. Ständig versuche ich meinen Spielern zu erklären, dass der moderne Fußball ein schnelles Pass- und Umschaltspiel erfordert, um zu guten Torchancen zu gelangen. Unser Spiel mit dem Ball ist aber immer noch zu langsam.“

Durch den Sieg konnte Slavia Prag seine Tabellenführung auf Sparta auf nunmehr fünf Punkte ausbauen. Und der Meister ist als einziges Team der Liga weiter ungeschlagen. Anhand dieser Eindrücke muss man wohl kein Prophet sein, um zu wissen, wer auch in dieser Saison die Rollen des Lehrmeisters und die des Schülers innehat.

Autoren: Lothar Martin , Mirko Vasić , David Nyč
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