Fußballer von Sparta Prag feiern ausgiebig ihren 36. Meistertitel
In Brasilien beginnt an diesem Donnerstag das absolute Sport-Highlight dieses Jahres – die 20. Weltmeisterschaft im Fußball. Die tschechische Nationalelf, die in der Qualifikation vieles schuldig blieb, hat sich nicht für die WM-Endrunde qualifiziert. Umso bemerkenswerter ist, was zuletzt in den nationalen Gefilden passiert ist: Der AC Sparta Prag hat die diesjährige Meisterschaft souverän gewonnen und mit dem Pluskonto von 79 Punkten zudem einen neuen Liga-Rekord aufgestellt.
Das war am 30. Mai, als die Prager die Mannschaft von Vysočina Jihlava zu Gast hatten. Ein ganz besonderer Augenblick nach dieser Partie aber bleibt auch Holek für immer in guter Erinnerung:
„Es war schön, den Meisterpokal vor den vollbesetzten Tribünen in die Höhe zu strecken. Wir alle haben diesen Moment sehr genossen, es war toll.“
Einer, der seit jenem Tag auch zu den überglücklichen Titelträgern gehört, ist der talentierte Torwart des Teams, Tomáš Vaclík. Der 25-Jährige ist bei Sparta inzwischen zu einem Nationalspieler gereift. Und für ihn ist völlig klar, was die Elf des neuen Meisters in der abgelaufenen Saison vor allem auszeichnete – das Teamwork:
„Der Titel war nicht nur das Werk einzelner Spieler, dazu haben alle im Kader beigetragen. Natürlich haben wir einige Akteure im Team, die noch herausragen, wie zum Beispiel Josef Hušbauer oder Pavel Kadeřábek. Doch auch sie haben ihr Können voll und ganz in den Dienst der Mannschaft gestellt.“Eine Mannschaft, die erst in den letzten zwei, drei Jahren zusammengestellt und von Trainer Vítězslav Lavička zu einer homogenen Einheit geformt wurde. Dabei achteten der Trainer, Sportdirektor Jaroslav Hřebík und Manager Jakub Otava sehr darauf, dass vor allem junge und entwicklungsfähige Spieler ins Boot geholt wurden. Das führte schließlich dazu, dass die junge Mannschaft auch ganz besonders motiviert war, verrät Keeper Vaclík:
„Ganz bestimmt war es ein entscheidender Faktor, dass wir den Titel unbedingt gewinnen wollten. In unserem Kader standen vielleicht drei Spieler, die zuvor schon einmal Meister geworden sind, alle anderen aber kannten dieses Gefühl zunächst nicht. Ein weiterer Grund für unseren Siegeswillen war das frühe Aus in der Qualifikation zur Europa League gegen BK Häcken. Diese Schlappe wollten wir auf jeden Fall wettmachen, das hat uns angetrieben. Und natürlich war unser Kader außergewöhnlich gut besetzt.“Diesem Kader aber wird ausgerechnet Tomáš Vaclík in der neuen Saison nicht mehr angehören. Seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Torhüter sind nämlich auch der europäischen Konkurrenz nicht verborgen geblieben. Und daher unterschrieb der mögliche Nachfolger von Nationaltorhüter Petr Čech auch ein Angebot des FC Basel. Bei den Deutsch-Schweizern soll Vaclík den nach Mönchengladbach abgewanderten Yann Sommer als Stammtorwart ersetzen. Deshalb stand Vaclík am vergangenen Mittwoch auch zum vorerst letzten Mal im Tor der Prager, und zwar mit gemischten Gefühlen:
„Ich verspüre eine gewisse Nostalgie, denn urplötzlich erinnere ich mich an viele Momente jener zweieinhalb Jahre, die ich für Sparta gespielt habe. Das schwirrt mir jetzt im Kopf herum“,sagte der Goalie am Rande eines Prominenten-Spiels von Sparta-Idolen der Vergangenheit und Gegenwart sowie den größten Nachwuchshoffnungen der Prager. Bei dieser Gelegenheit ließ Vaclík dann auch durchblicken, dass sein ganzes Augenmerk ab jetzt bereits seinem Einstand bei den Eidgenossen gelte:
„Mein erstes Training beim FC Basel absolviere ich am 18. Juni. Der dortige Trainingssauftakt stimmt also in etwa mit dem bei Sparta überein. Und was die deutsche Sprache betrifft, da muss ich vorerst noch passen, denn zunächst erhole ich mich in Mähren. Andererseits plane ich, noch einen Schnellkurs in Deutsch zu belegen, um wenigstens einige Sprachgrundkenntnisse mit nach Basel zu bringen. Anfangs aber werde ich mich dort wohl auf Englisch verständigen.“
Bei dem bereits erwähnten Prominenten-Spiel, mit dem Sparta Prag den 36. Meistertitel noch einmal in aller Öffentlichkeit feierte, wirkten gleich mehrere Stars des Clubs aus vergangenen Tagen mit. Zwei der populärsten von ihnen waren Vratislav Lokvenc und Ivan Hašek. Der 40-jährige Lokvenc, der sechs Jahre in der ersten und zweiten Bundesliga für Kaiserslautern, Bochum und Ingolstadt spielte, hat seine Deutschkenntnisse noch nicht verlernt. Auf die Frage, was der Titelgewinn von Sparta für ihn bedeute, antwortete der Hüne:
„Dieser Titel bedeutet für mich alles, denn in den sechs Jahren, in denen ich für Sparta spielte, habe ich selbst fünfmal die Meisterschaft gewonnen. Das war für mich eine schöne Zeit. Heute habe ich nach längerer Pause erstmals wieder auf dem Platz von Sparta gestanden. Das ist schon ein ganz anderes Gefühl, als die Mannschaft nur als Zuschauer von der Tribüne aus zu sehen. Ich bin wirklich zufrieden, heute hier gekickt zu haben.“
Nach Meinung von Lokvenc bestimmen derzeit nur zwei Mannschaften in Tschechien das Geschehen in der heimischen Liga: Sparta Prag und Viktoria Pilsen. Alle anderen Clubs hätten finanzielle Probleme, was sich leider auch auf das Niveau der Liga auswirke. Dem könne man nur entgegentreten, wenn man weiter gezielt und konsequent mit jungen Spielern arbeite wie beim neuen Meister. Dabei spielten und spielen auch die deutschen Ligen weiter eine wichtige Rolle, so Lokvenc:„Es stimmt schon, dass noch vor einigen Jahren sehr viele gute Spieler aus Tschechien in deutschen Clubs gespielt haben. Stellvertretend für alle will ich nur Miroslav Kadlec, Jiří Němec, Pavel Kuka oder David Jarolím nennen. Das waren echte Spielerpersönlichkeiten, und gerade an solchen Persönlichkeiten mangelt es der tschechischen Liga zurzeit. Darin sehe ich allerdings nur ein Generationsproblem. Das heißt, wir müssen wieder mehr und intensiver mit den jungen Spielern arbeiten. Erst dann wird es auch wieder möglich sein, dass einige von ihnen erneut in Deutschland spielen werden.“ So amüsant und positiv für Lokvenc die Vorstellung ist, dass eines Tages wieder mehr tschechische Talente auch in den deutschen Ligen Fuß fassen könnten, so erfreut ist auch Ivan Hašek über die jüngste Entwicklung bei Sparta Prag:„Ich möchte Sparta zunächst einmal zum Titelgewinn gratulieren. Ich denke, dass die Meisterschaft vom besten Sparta-Team der letzten 20 Jahre erkämpft wurde. Schließlich hat man den Titel mit einem riesigen Vorsprung geholt, und vor allem spielerisch war Sparta eine Klasse für sich. Die Mannschaft hinterließ einen konsolidierten, starken Eindruck, und so dürfte Sparta auch in Zukunft auftreten.“
Ivan Hašek ist für viele Sparta-Fans eine echte Ikone, denn mit dem Verein hat er nicht weniger als acht Meistertitel gewonnen. 1987 und 1988 war er tschechoslowakischer Fußballer des Jahres. Kurz darauf nahm er an der Weltmeisterschaft 1990 in Italien als Kapitän der Tschechoslowakei teil, die er bis ins Viertelfinale führte. Bei der WM-Endrunde in Brasilien allerdings ist das tschechische Team nicht am Start, was Hašek bedauert. Dagegen glaubt der 50-Jährige, der gegenwärtig als Trainer in Katar arbeitet, dass Sparta Prag mit dem aktuellen Team auch international bestehen kann. Nicht zuletzt dank der umsichtigen Arbeit seines ehemaligen Mitspielers Vítězslav Lavička:
„Im Kader von Sparta gab es vor der Saison keine großen Veränderungen, und die Spieler, die neu hinzugestoßen sind, haben sich gut integriert. Darüber hinaus ist die Handschrift von Trainer Lavička zu sehen, der Sparta in der abgelaufenen Saison wieder richtig zum Leben erweckt hat. Und zwar auf eine Weise, die optimistisch stimmt, dass Sparta auch in der Champions League eine würdige Rolle spielen kann.“