Gebrauchskunst: Die Künstlervereinigung Artěl
Vor gut einem Jahrhundert schlossen sich mehrere bildende Künstler in Prag zu der Vereinigung „Artěl“ zusammen, das war im Jahre 1908. Die Mitglieder von Artěl schufen Gebrauchskunst, dekorative Kunst für das tägliche Leben. Artěl prägte das tschechische Design über ein Vierteljahrhundert lang, bis zur Mitte der 30er Jahre. Nun erinnert eine Werkschau im Museum für Angewandte Kunst in Prag an die Künstlervereinigung. Ein Gespräch mit Museumsdirektorin Helena Königsmarková über die Ausstellung.
Frau Königsmarková, was können die Besucher auf der Werkschau der Künstlervereinigung Artěl alles sehen?
„Die Künstler haben damals mit kleinen Sachen begonnen, mit Holzsachen, wie gedrechselten Dosen, Schachteln oder Spielzeug. Dann sind sie langsam zu größeren Projekten übergegangen, solchen für den Haushalt. Sie wollten nämlich den Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs eine neue Form geben. Das war die Grundlage, das Prinzip. Wir zeigen in der Ausstellung Objekte aus Keramik, aber auch Textilien, Wandteppiche oder Möbelbezugsstoffe sowie Kleider. Dazu kommt natürlich Schmuck, das war sehr beliebt bei den Künstlern, und Glas, Möbel, also wirklich alles.“
Die Künstlervereinigung Artěl ist in gewisser Weise das tschechische Pendant zur Wiener Werkstätte, zum Bauhaus oder auch zum Kölner Werkbund. Welche Gemeinsamkeiten gibt es da aus kunsthistorischer Sicht?
„Alle diese Bewegungen haben eine gemeinsame Basis: Man wollte eine neue Form suchen. Das war der Ausdruck des neuen Jahrhunderts und der Vorkriegszeit. Die Künstler haben auf die lange Periode des Historismus und eigentlich auch auf den Jugendstil reagiert, was die dekorative Kunst betrifft. Sie wollten neue, einfache Formen. Das ist das Gemeinsame. Die Wiener Werkstätte wurde 1903 gegründet, schon vorher waren die Dresdner und die Münchner Werkstätte gegründet worden. Auch über das Bauhaus und den Kölner Werkbund wussten die Prager Künstler natürlich Bescheid. Wir müssen uns vor Augen halten, dass damals Europa in diesem Bereich ohne Grenzen war und es zahlreiche Verbindungen gab. Aber trotzdem ist Artěl dann eigene Wege gegangen, hat einen eigenen Stil entwickelt, der sich von jenem der anderen genannten Bewegungen unterschied.“
Im Herbst wandert die Ausstellung über Artěl ins belgische Gent, ab Juli 2010 wird sie dann in Leipzig zu sehen sein. In Prag ist die Werkschau der Künstlervereinigung Artěl noch bis zum 15. März im Museum für Angewandte Kunst in der Prager Altstadt zu besichtigen.