Geheimdienstchef empfängt Präsident Pavel: „Schwierigste Sicherheitslage seit Zweitem Weltkrieg“

Michal Koudelka und Petr Pavel

Der Anschlag in der Stadt Krasnogorsk bei Moskau, der Krieg in der Ukraine und der Konflikt in Nahost – all das beeinflusst auch die Sicherheitslage in Tschechien. So zumindest sieht es der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS. Nun hat Präsident Petr Pavel den Dienst besucht – und zwar erst als zweites Staatsoberhaupt seit 1993.

Der Zeitpunkt für den Besuch von Staatspräsident Petr Pavel beim Inlandsnachrichtendienst BIS war sicher klug gewählt. Er erfolgte nur wenige Tage, nachdem sich der „Islamische Staat“ mit seinem Terroranschlag bei Moskau zurückgemeldet hat. Michal Koudelka leitet den Nachrichtendienst. Als er bei der Pressekonferenz nach Pavels Besuch auf die aktuelle Sicherheitslage zu sprechen kam, schaute selbst der Präsident auf. Dabei ist dieser als früherer General sicher nicht schnell zu beeindrucken. Koudelka sagte:

„Die derzeitige Lage ist so ernst wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Und wir sollten uns alle eindeutig vergegenwärtigen, dass das, was die russischen Soldaten in der Ukraine und die palästinensischen Terroristen in Israel machen, sie auch erbarmungslos und ohne Mitgefühl bei uns vollbringen würden.“

Darauf müsse man in Tschechien vorbereitet sein, betonte Koudelka. Man dürfe nicht glauben, dass die Konflikte in der Ukraine und Nahost uns in Mitteleuropa nur am Rand betreffen würden, so der Geheimdienstler.

Der Chef des BIS verwies dabei auch auf die Terrororganisation „Islamischer Staat“. Einer ihrer Ableger hat sich zu dem Anschlag auf eine Konzerthalle nahe Moskau mit fast 140 Toten am vergangenen Freitag bekannt.

„Der BIS tauscht sich mittels internationaler Plattformen über die Risiken terroristischer Anschläge aus. Aus den Analysen geht eindeutig hervor, dass der islamistische Terrorismus ein Risiko darstellt. Das müssen wir auch bei uns akzeptieren, obwohl wir keinerlei Informationen darüber haben, dass derzeit die Sicherheit der Tschechischen Republik unmittelbar bedroht wäre“, so Koudelka.

Petr Pavel betonte, dass in der derzeitigen Lage den Nachrichtendiensten eine Schlüsselrolle zufalle. Und er unterstrich, dass er den BIS für eine vertrauenswürdige Institution halte:

„Unsere Nachrichtendienste in Tschechien liefern Informationen und Analysen, die nicht etwa auf politische Bestellung hin entstehen oder sogar Lügen enthalten. Sie bilden die Lage viel mehr mit höchstmöglicher Objektivität ab – sodass Entscheidungen auf Grundlage von Informationen getroffen werden können.“

Gerade Pavels Vorgänger Miloš Zeman hatte dies noch anders gesehen und eine Art Privatkrieg mit dem BIS geführt – dahinter standen wohl auch seine eigenen damaligen guten Verbindungen zu Wladimir Putin. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat Zeman diese Position revidiert.

In jedem Fall hat vor dem aktuellen Staatspräsidenten tatsächlich nur Václav Havel einmal dem Inlandsnachrichtendienst einen Besuch abgestattet. Das war im September 1998. Petr Pavel aber hält nach eigenen Aussagen einen regelmäßigen Austausch für wünschenswert. Er kündigte an, in den kommenden Monaten auch beim Militärnachrichtendienst (Vojenské zpravodajství) und dem „Amt für Auslandskontakte und Informationen“ (Úřad pro zahraniční styky a informace) vorbeizuschauen.

Autor: Till Janzer | Quellen: ČTK , Český rozhlas
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