Geheimdienstchef: Hackerangriffe waren medienwirksamer Testballon

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Im tschechischen Internetnet herrscht Unruhe. Diese Unruhe wurde ausgelöst durch Computer-Hacker, die mit gezielten Angriffen in der vergangenen Woche mehrfach Webseiten lahmgelegt oder massiv blockiert haben. An einem Tag waren es die Seiten führender Nachrichtenserver, am nächsten Tag die Seiten wichtiger Banken oder schließlich die Webseiten der großen Mobilfunkanbieter. Am Montag dieser Woche war dann die Webseite der UniCredit Bank zeitweise gestört.

UniCredit-Bank | Foto: Archiv UniCredit-Bank
„Mit Bedauern müssen wir bekanntgeben, dass Ihr gesamtes Geld verschwunden ist“. Diese aufschreckende Nachricht konnten Internetuser am Montag auf der Webseite der UniCredit-Bank lesen. Sie entsprach zum Glück nicht der Wahrheit, und am Dienstag gab auch der Direktor des Inlandsgeheimdienstes (NBÚ), Dušan Navrátil, Entwarnung:

„Das war ein klassischer Hackerangriff: Jemand knackt den Code und hängt diesen Skalp dann in seinem Wigwam auf. Wenn es wirklich so war, dass das Passwort der Webseite ´Banka123´ lautete, dann erübrigt es sich, noch etwas dazu zu sagen.“

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In diesem Fall werde sich seine Behörde auch nicht damit befassen, so Navrátil. Zudem hat sich zu diesem Angriff bereits die Gruppe Czechurity bekannt, die mit ihrer Tätigkeit schon früher so manche Schwachstelle im tschechischen Internet aufgedeckt hat. Mehr Kopfzerbrechen bereiten Navrátil und seinen Mitarbeitern dagegen die Hackerangriffe der letzten Woche:

„Wir wissen vor allem eines nicht: Warum hat es diese Angriffe gegeben? Wenn wir es wüssten, dann könnten wir auch deuten, ob wir mit weiteren Angriffen zu rechnen haben oder nicht. Wir wissen es aber nicht, und es hat sich auch niemand dazu bekannt. Das heißt, diese Netzattacken waren kein Protest gegen irgendetwas.“

Vladimír Rohel  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Für den Direktor des Nationalen Zentrums für Internetsicherheit, Vladimír Rohel, steht indes fest, dass die Angriffe nicht von Laien verübt wurden:

„Die Stärke der Angriffe und die Art, wie sie durchgeführt wurden, waren nicht das Werk von Amateuren. Da steckt bestimmt jemand dahinter, der sich auskennt und weiß, wie man solche Angriffe organisiert.“

Der Mobilfunkanbieter Telefónica O2, dessen Webseite ebenso attackiert wurde, glaubt wiederum zu wissen, dass die Angriffe aus dem Ausland kamen. O2-Sprecher Hany Farghali:

Hany Farghali  (Foto: ČT24)
„Die große Mehrheit der Internetaufrufe für unsere Webseite, die zur Überlastung der Seite geführt haben, kam aus Russland.“

Geheimdienstchef Navrátil ist da anderer Meinung. Ihm zufolge hätten die Hacker für ihre organisierte Netzüberlastung viel Geld in die Hand genommen. Man könne aber nicht automatisch daraus schließen, dass die Angreifer aus dem Ausland kommen müssen, so Navrátil. Auf der Suche nach Antworten über Sinn und Zweck der Hackerangriffe im tschechischen Netz aber hat er vorerst nur eine Antwort parat:

„Die Vorgehensweise der Hacker war so angelegt, dass ihre Angriffe auf eine möglichst große Berichterstattung in den Medien stoßen. Das ist den Hackern fraglos gelungen. Auf der andere Seite ist nicht auszuschließen, dass die Tschechische Republik getestet werden sollte.“

Dušan Navrátil  (Foto: Archiv des Inlandsgeheimdienstes)
War es also „nur“ ein Test um zu belegen, wie sicherheitsanfällig tschechische Webseiten im Netz sind, wie ein anonymer Hacker in einem Zeitungsinterview kritisierte? Dušan Navrátil lässt diese Kritik nicht gelten:

„Unsere Abwehr gegen Hackerangriffe im Netz ist vergleichbar mit anderen europäischen Ländern. In einigen Bereichen sind wir weiter als andere, in weiteren Bereichen sind vielleicht einige Nachbarländer weiter. Insgesamt aber halten wir dem Vergleich stand.“