Gejagt trotz Gefährdung: Die Tafelente ist Tschechiens Vogel des Jahres
Eigentlich ist die Tafelente kein seltener Vogel in Tschechien. Doch die Bestände sind zurückgegangen. Die Tschechische Ornithologische Gesellschaft hat das Tier daher zum Vogel des Jahres 2023 ausgerufen.
Sonderlich auffällig klingt die Tafelente nicht. Der Ruf des Weibchens ist einfach nur ein Quaken. Es handelt sich um einen mittelgroßen Entenvogel, der überall auf den Teichen in Tschechien zu finden ist. In den vergangenen 30 Jahren sind die Bestände aber um ein Drittel geschwunden, ähnlich wie auch in anderen Teilen der Welt.
Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, ist die Tafelente nun der Vogel des Jahres 2023 in Tschechien. Die Wahl treffen die Experten der Ornithologischen Gesellschaft. Einer von ihnen ist Petr Voříšek. Im Interview für Radio Prag International erläutert er:
„Die Tafelente ist eine Vorzeigeart für die heutigen Probleme mit Feuchtgebieten. Sie hilft uns herauszufinden und zu zeigen, wo die Schwierigkeiten liegen. Der andere Grund für die Wahl ist die Tatsache, dass die Art selbst gefährdet ist. Seit 2015 steht sie auf der globalen roten Liste der Weltnaturschutzunion. Die Tafelente verdient also die Aufmerksamkeit der Naturschützer.“
Anders als die Stockente ist die Tafelente ein Tauchvogel und sucht also unter Wasser nach Nahrung. Und auch im Federkleid unterscheidet sie sich…
„Bei dieser Art ist bemerkenswert, dass die Männchen einen kastanienbraunen Kopf haben. Die Weibchen sind nicht so farbenfroh, sie sind einfach grau-braun und schwieriger zu bestimmen. Die Tafelenten sind teilweise Zugvögel. Die tschechischen Brutpaare ziehen in den Mittelmeerraum, aber einige Exemplare bleiben auch hier oder kommen im Winter hierher. Insgesamt brüten hierzulande zwischen 7000 und 14.000 Paare, und 3000 Exemplare überwintern in Tschechien“, so Petr Voříšek.
Seit den 1980er Jahren geht die tschechische Population der Tafelente zurück. Ein Grund ist, dass die Bewirtschaftung von Karpfenteichen damals intensiviert wurde. Der andere liegt in der immer stärkeren Nutzung von Dünger in der Landwirtschaft. Der Ornithologe:
„Fischteiche sind heutzutage intensiv bewirtschaftete Feuchtgebiete. Das Ziel ist, so viele Karpfen wie möglich zu produzieren. Die Fische fressen dann aber all die Nahrung, die die Tafelenten und vor allem ihre Jungen brauchen. Das heißt, dass die Karpfen die Enten verdrängen. Zudem haben heutige Teiche kein seichtes Wasser mehr. Um möglichst viel Platz für die Karpfen zu schaffen, wurden die Uferpartien vertieft. Es fehlt also das traditionelle Übergangs-Habitat zwischen Wasser und Land. Dabei ist dieses wichtig für die Tafelente und für weitere Wasservögel.“
Gerade in Tschechien ist der aktuelle Vogel des Jahres aber noch auf eine andere Weise gefährdet. Nämlich durch die Bejagung sowie die Vergiftung durch bleihaltige Munition…
„Es ist lächerlich, dass ein Tier, das auf der globalen roten Liste der gefährdeten Arten steht, in Tschechien noch bejagt werden darf und dass dies auch geschieht. Deswegen wollen wir die Regierung mit unserer Wahl zum Vogel des Jahres dazu drängen, die Tafelente von der Jagdliste zu nehmen“, betont Voříšek.
Eine gute Nachricht gab es aber gerade vergangene Woche: Da trat nämlich hierzulande eine EU-Richtlinie in Kraft, die die Verwendung bleihaltiger Munition bei der Jagd in Feuchtgebieten verbietet.